Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 25
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Das kleine, unansehnliche Dorf liegt 23/4 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt und ist mit seinen Armuth verrathenden Wohnungen theils in die Thalebene der Glatt, größtentheils aber an die rechten, ziemlich hohen Thalgehänge an der steilen Steige nach Wittendorf hingebaut. Der Ort liegt daher sehr uneben und hat überdieß minder gute, schwer zu befahrende Ortsstraßen, ist aber in dem engen, tief eingeschnittenen Glatt-Thale gegen rauhe Winde geschützt und den warmen Südwinden mehr zugänglich, daher auch Gartengewächse hier besser und früher gedeihen als in den Nachbarorten; Hagelschlag kommt höchst selten vor. Übrigens wird das Klima wegen der vielen, im Frühjahr und Herbst auftretenden dichten Nebel, welche sich in dem engen Thale lange halten, für ungesund gehalten; wie denn auch Kretinismus und Kropfübel unter den Einwohnern nicht selten sind. Zu den Ursachen dieser Erscheinung mag auch das Trinkwasser gehören, welches hier sehr viele Kalktheile und, da es theilweise aus der Anhydrithgruppe kommt, auch Gyps enthält. Im Allgemeinen sind die Einwohner geordnete, gutmüthige Leute, die ihr meist unebenes Feld mit vielem Fleiß und angestrengter Mühe bebauen und überdieß noch durch Gewerbe und Taglohnen ihr spärliches Auskommen zu sichern suchen. Der größte Güterbesitz beträgt 40 Morgen, der gewöhnliche 10–15 Morgen; Viele aber müssen sich mit 1–2 Morgen begnügen.
Der ummauerte, im Jahr 1617 errichtete und 1826 vergrößerte Begräbnißplatz liegt außerhalb (südlich) des Orts; früher wurden die Verstorbenen in Ober-Ifflingen beerdigt.
Das zunächst der Kirche gelegene Pfarrhaus wurde im Jahr 1841 auf Kosten des Staats in einem modernen Styl massiv erbaut.
Das im Jahr 1779 erbaute Schulhaus, in welchem sich auch die Wohnung des Lehrers befindet, ist in gutem baulichen Zustande. Auf einem vorgeschobenen, steilen Hügel der rechten Glattthalgehänge stand zunächst am Dorf die Stammburg der Edlen von Neuneck, von der noch ein namhafter Rest einer 10′ dicken, an einzelnen Stellen 35′ hohen Mauer und der tiefe Graben vorhanden ist, der die Burg an der von Natur zugänglichen Westseite befestigte. Im Jahr 1624 u. ff. diente das Schloß dem Forstmeister des Freudenstadter Forsts als Wohnsitz, im Jahr 1715 war es von einem Forstverwalter bewohnt und zuletzt wurde es zur Wohnung des Försters benützt, bis die Försterstelle aufgehoben und die Gebäulichkeiten nebst Gütern den 27. Februar 1812 von dem Staat an Privaten verkauft wurden (s. Regierungsblatt Jahrg. 1812. S. 70).
Unterhalb der Burg stand das nun in eine Bauernwohnung umgewandelte „untere Schloß“, von dem nur noch das untere aus Buckelsteinen erbaute, mit Strebepfeilern versehene Stockwerk vorhanden ist, dem ein neueres aus Holz aufgesetzt wurde.
Der Ort wird durch 8 laufende Brunnen mit Trinkwasser hinreichend versehen, auch fließt die schon ziemlich erstarkte Glatt mitten durch das Dorf und treibt daselbst und unterhalb des Orts 3 Mahlmühlen (eine mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang und 2 mit je 2 Mahlgängen und einem Gerbgang), 2 Ölmühlen, 2 Sägmühlen und 2 Hanfreiben. Eine hölzerne Brücke führt im Ort über die Glatt.
Die nicht große, sehr unebene Markung hat einen theils aus Kalk, theils aus Thon (Letten) und rothem Sand bestehenden, mittelfruchtbaren Boden, der eine kräftige Düngung fordert. Mehrere im bunten Sandsteine angelegten Brüche liefern gute Bau- und Mühlsteine[1]; am Fuß der rechten Thalgehänge haben sich unterhalb | des Dorfs jüngere Süßwasserkalke (Kalktuffe) abgelagert, die ebenfalls für Bausteine gewonnen werden. In den auf der Markung gelegenen Staatswaldungen kommt Töpfererde vor.Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem fleißig und wegen der meist an Bergen gelegenen Felder mit vieler Mühe betrieben; außer den gewöhnlichen Brach- und Handelsgewächsen baut man hauptsächlich Dinkel, Hafer und Gerste. Die Wiesen, welche nur wenig bewässert werden können und deßhalb tüchtig gedüngt werden müssen, liegen sämmtlich in dem Glatt-Thale und ertragen pr. Morgen 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd, während bei den Äckern der durchschnittliche Ertrag zu 4–5 Scheffel Dinkel, 3–4 Scheffel Hafer und 4–5 Scheffel Gerste pr. Morgen angegeben wird. Die Preise der Äcker bewegen sich von 10–100 fl. und die der Wiesen von 100–250 fl. pr. Morgen.
Die nicht bedeutende Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Zwetschgen, welche öfters einen guten Ertrag gewähren.
Der Rindviehstand ist mittelmäßig und zur Züchtung bedient man sich der Farren zu Unter-Iflingen und Böffingen; Schaf- und Schweinezucht wird nicht betrieben, dagegen ist die Bienenzucht ziemlich bedeutend.
Vicinalstraßen gehen nach Unter-Iflingen, nach Glatten und nach Wittendorf.
Die Gemeinde besitzt 40 Morgen schlecht bestockte Waldungen und hat nicht nur kein Kapitalvermögen, sondern noch Schulden; das Vermögen der Stiftungspflege beträgt gegen 3000 fl., s. Tabelle III.
Zur Gemeindemarkung gehören:
b. Der Weiler Rinkwasen zunächst bei Neuneck hinter (westlich) der Burg gelegen. Als Hof wurde er im J. 1678 von der fürstlichen Rentkammer an Privaten als steuerfrei verkauft. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde er vertheilt und mehrere Colonisten siedelten sich daselbst an.
c. Der Weiler Schellenberg, liegt 1/2 Stunde südwestlich von Neuneck an den Gehängen des Schellenbergs gegen das Gaisbach-Thal, an der Vicinalstraße von Wittendorf nach Leinstetten, und ward im 18. Jahrh. an der Stelle des abgegangenen Orts Gaiswang oder Gaisewangen erbaut.
Die Finanzverwaltung erkaufte im Jahr 1837 die hiesigen Hofgüter (s. o.), legte einen Theil derselben zu Wald an und verkaufte die dazu gehörigen Gebäulichkeiten in den Jahren 1840 und 1843 | auf den Abbruch, so daß der Weiler gegenwärtig nur aus einem Wohngebäude besteht.Im Jahr 1327 hatte ein gewisser Snewalt ein Gut in Gaiswang, das 1 Scheffel Kernen gültete. Diese Gülte war unter den Lehnen, mit denen Graf Gerold von Veldenz und Geroldseck und Walther von Geroldseck sein Bruderssohn am Mittwoch nach Gallus d. J. einen Heinrich den Hülwer belehnten, und welche Johann von Neckarburg zuvor gehabt (Geschichte des Hauses Geroldseck 1766. Urk. 55). Bei einem Markstein ob dem tiefen Graben grenzte im Jahr 1547 die Markung von Gaiswangen mit der von Leinstetten und Geroldsweiler zusammen (nach einer Urkunde v. d. J.). Im Jahr 1632 kaufte ein Herr von Ow zu Sterneck den Gaisweiler Hof, demnach wäre Gaiswangen schon damals zu einem Hof herabgekommen gewesen.
Ein einzelnes Haus, das die Benennung Ziegelacker trägt, steht auf der Anhöhe 1/4 Stunde südlich von Neuneck.
Neuneck kommt im Anfang des 13. Jahrh. erstmals vor, damals machte Ritter Peter von Tettingen einem verstorbenen Ritter C. (Konrad) von „Niunegge“ zum Seelgeräthe eine Stiftung an Kloster Reichenbach (Cod. Reichenb. 34 b.).
Die hiesige Burg ist das namengebende Stammschloß eines angesehenen reich begüterten Geschlechts, welches seine Besitzungen im Verlauf der Zeit veräußerte und den Verkauf Neunecks selbst noch ein Paar Jahrzehnte überlebte.
Als Wappen führten diese Herren in einem rothen Schild einen goldenen Querbalken, begleitet oben von einem goldenen Sterne. Über der Helmkrone ein rother Flügel mit dem Balken und dem Sterne des Schildes. Helmdecke roth und Gold.
Vorkommende Namen in dieser Familie sind, wie solche für unsere Kenntniß zuerst auftauchen, folgende: im 13. Jahrh. Konrad, Volmar, Trageboth, Heinrich, Hugo, Ulrich, im 14. Jahrh. Albrecht, Johann, Volz genannt Kraushaar, Hugo, Georg, Burkhard, Pfost, im 15. Jahrh. Wildhans und Zamhans, Reinhard, Jakob, Caspar, Oswald, Ludwig, Diepold, Melchior, Martin, Lienhart, im 16. Jahrh. Hans Oswald, im 17. Jahrh. Hans Caspar, Alexander (vrgl. auch Bucelini Germania topo-chrono-stemmatographica unter Neuneck).
Im J. 1245 lebt Volmar von Neuneck (s. bei Ober-Ifflingen). C. de Nuewneck miles et H. frater suus advocatus in Sultze siegelten den 30. Jan. 1236 eine Urk. des Klosters Stein a. Rh., in welcher Konrad von Neuneck der jüngere als Zeuge vorkommt (St.A.). Cunradus miles junior de Nuwenegge erscheint den 1. März 1258 | als Zeuge Pfalzgraf Hugo’s von Tübingen (Schmid, Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 21). Tragebotho Ritter von „Niuwenegge“ war um 1270 Schultheiß in Balingen (Mon. Zoller. Nr. 210, vrgl. auch Schmid a. a. O. Urk. 51). Die Ritter Konrad und Heinrich Gebrüder Söhne Volmars sind unter dem 1. Jan. 1282 beurkundet (Gerbert Hist. nigr. silv. 3, 199).Ulrich von Neuneck, in Glatt gesessen, bekam mit dem Kloster Stein Streit über den Hof in Ober-Iflingen, womit dieses seinen Großvater Volmar belehnt hatte, verglich sich jedoch mit diesem Kloster den 11. Jun. 1299 dahin, daß er gegen Leistung des Lehenseides den Hof behalten durfte. Volz von Glatt und Johann Gebrüder von Neuneck kauften im J. 1319 Rodt von Albrecht von Ehningen für 52 Pf. Hell. In der Mitte des 14. Jahrh. besaß Volz von Neuneck die Altstadt Rottweil als Lehen von Österreich, verkaufte sie aber im J. 1375 mit seinen Söhnen Burkhard und Ulrich großer Schulden wegen an die Stadt Rottweil selbst (Lichnowsky, Gesch. des H. Habsburg. 4. S. DCCCV); derselbe hatte auch Neckarburg (O.A. Rottweil) inne, in welcher Veste sein Sohn Burkhard im Dec. 1375 dem Grafen Eberhard von Württemberg die Öffnung zugestund (St.A.; von Burkhards Wittwe veräußert 1411). Albrecht von Neuneck in Diensten der Stadt Ulm wurde den 23. Aug. 1388 in der Schlacht bei Döffingen von den Württembergern gefangen und erst im J. 1391 wieder freigegeben. Georg von Neuneck war als oberster Hauptmann der Schlegler im J. 1396 deren Vertreter beim Vergleich dieser Genossenschaft mit Württemberg. Hans von Neuneck, Jörgen sel. Sohn, wurde 1460 von Diepold Herr von Hohengeroldseck mit Dettlingen belehnt (Gesch. v. Geroldseck 2, 137). Albrecht († 1415) erkaufte 1392 und 1395 Dietersweiler und Wittlensweiler von Heinrich und Dietrich von Lichtenfels. Im 15. Jahrh. stunden einzelne Glieder dieses Hauses für Württemberg unter den Waffen oder waren württembergische Räthe, wieder andere Ritterräthe und Hauptleute im St. Georgen-Bunde und dem nachherigen Schwäbischen Bund. Hans von Neuneck begleitete im J. 1468 den Grafen Eberhard im Bart von Württemberg nach Palästina. Ein jüngerer Hans wurde im J. 1499 bei Schwaderloch, in der Schlacht gegen die Schweizer, erschlagen. Melchior von Neuneck war in der Mitte des 15. Jahrh. Landcomthur des deutschen Ordens in Franken, Heinrich von Neuneck († 1541) Deutschordenscomthur zu Winnenden.
Die Hauptbestandtheile der Herrschaft Neuneck sind im allgemeinen Theil angeführt. Weiter besaßen die Herren von Neuneck, | von denen ein Zweig in Glatt (Preußisch) angesessen war und dort seine Grablage fand (Johler, Gesch. von Hohenzollern 119), außerdem Wörnersberg als Hohenbergisches, die Herrschaft Vörbach mit Thumlingen als württembergisches Lehen, ferner, wie bereits bemerkt, Antheile an Hallwangen, Bittelbronn, durch Kauf Rodt (1319), Dietersweiler und Wittlensweiler (1392) u. m. a.Im 16. und 17. Jahrh. entäußerten sich die Herren von Neuneck, zum Theil durch Verschwendung hiezu genöthigt, ihrer meisten Besitzungen, der im 30jährigen Krieg als churbairischer Oberst ausgezeichnete Alexander (Martens 422. 423), der letzte männliche Sprosse des Hauses, hatte noch Glatt (Johler a. a. O. 121) inne, wo er nach seinem den 1. Mai 1645 erfolgten Ableben beigesetzt wurde. Seine älteste Tochter Agnes Elisabeth Apollonia Klara überlebte sowohl ihren Oheim Wildhans († um 1664), den letzten des Neuneckischen Mannsstamms, als auch ihre Geschwister und brachte so, weil sie mit einem von Landsee vermählt war, die noch vorhandenen Neuneggischen Allodien, Antheile an Glatt und Dürrenmettstetten, an letztere Familie (Johler a. a. O. 122).
Die Herrschaft Neuneck mit dem Ort Neuneck selbst kam von Rudolf von Ehingen, württ. Rath († 1538), welcher im J. 1488 sich mit Sophie, Tochter Johanns von Neuneck verheirathet hatte, an Rudolfs Sohn Georg († 1561), welcher anfänglich selbst seinen Wohnsitz allhier hatte, vererbte sie noch auf die Tochter seines im J. 1596 gestorbenen Enkels Burkhard von Ehingen, Magdalene, welche sie ihrem Gatten Hans Urban von Closen zubrachte. Letzteres Ehepaar erkaufte noch den Rest der Herrschaft Neuneck von Wildhans von Neuneck.
Württemberg machte die Erwerbung der neuneckischen Güter hauptsächlich in den Jahren 1601 (Rodt), 1625 (Vörbach, Cresbach). Neuneck selbst und den dortigen Pfarrsatz, nebst Böffingen, Unter-Iflingen und 1/2 Wörnersberg erkaufte Herzog Johann Friedrich für 104.000 fl. den 18. April 1614 von obigem Hans Urban von Closen (Sattler, Herz. 6, 87). Diese Orte wurden den folgenden 29. Mai von Württemberg in Besitz genommen und kamen darauf zum Amt Freudenstadt; durch den Landtagsabschied vom 22. Juli 1620 wurden sie der Landschaft incorporirt. (Einen weiteren Theil der Herrschaft Neuneck verkaufte erst 1625 Wildhans von Neuneck an Herzog Johann Friedrich von Württemberg s. b. Vörbach.)
Durch Vertrag mit der Ritterschaft vom 30. Oct. 1769 erhielt Württemberg allhier für ewige Zeiten die Collectation eingeräumt.
Im J. 1523 stiftete Rudolf von Ehingen allda eine Pfarrei an der Stelle der hier befindlichen, zu Ober-Iflingen gehörigen Caplanei; | doch sollten die Gestorbenen, die Adelichen ausgenommen, nach Ober-Ifflingen begraben werden.Die Reformation wurde noch vor der Ankunft an Württemberg durch die lutherische Gutsherrschaft eingeführt (Klaiber, Studien 1 a, 272).
Die Collatur zur Pfarrstelle hängt von den Regenten Württembergs ab.
In Folge der Drangsale des 30jährigen Kriegs, wodurch die Seelenzahl der Pfarrei von 451 auf 92 herabkam, wurde Neuneck 1640 ein Filial von Hopfau und noch 1640 von dem nähern Glatten, bis im J. 1658 wieder ein eigener Seelsorger hieher kam. Im Jahr 1635 starben die meisten Einwohner an der Pest.
In der Nacht vom 17–18. Juli 1796 schlug eine Abtheilung Franzosen zwei Lager, jedes 1/2 Stunde vom Dorf.
- ↑ Schon im Jahr 1615 bestand auf der Markung von Neuneck eine Mühlsteingrube.
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