Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 17
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a. Das ansehnliche Dorf ist auf einer wellenförmigen, beinahe rings mit Wald umgebenen Hochfläche frei an der Stuttgart–Freudenstadter Landstraße gelegen; dessen meist freundlichen, durchaus mit Ziegeln gedeckten Gebäude lagern sich theils an der Landstraße, größtentheils aber an einer auf dieselbe beinahe rechtwinkelig eingehenden breiten Seitenstraße. Der lang gedehnte Ort, welcher im Jahre 1723 in dem damals theilweise abgebrannten Weiler Wald angelegt wurde und früher Kammerort (Reyscher Samml. 17a, CV) war, ist ganz mit Obstbäumen umgeben, indem jeder Bürger einen Obstgarten am Hause besitzt und sich eifrig der Obstzucht annimmt. Wegen der hohen und etwas rauhen Lage gedeihen übrigens nur Mostsorten und etwas Zwetschgen; das Obst wird theils gemostet, theils gedörrt und erlaubt in günstigen Jahrgängen einen mäßigen Verkauf nach Außen. Einige kleinere Baumschulen sind vorhanden.
Das Trinkwasser wird aus Ziehbrunnen bezogen, die aber in trockenen Jahrgängen so sehr nachlassen, daß das Wasser in dem 1/4 Stunde entfernten Cresbach geholt werden muß; auf den Fall von Feuersgefahr sind 2 Wetten vorhanden und etwa 1/8 Stunde südwestlich vom Ort ist an der Landstraße ein Weiher angelegt, der für das Tränken des Viehs benützt wird.
Die im Allgemeinen körperlich kräftigen Einwohner sind gerade nicht in glänzenden Vermögensumständen, aber sehr fleißige, rührige Leute, welche sich durch Feldbau, Viehzucht und Arbeiten in den Waldungen ihr einfaches Auskommen sichern.
Die Landwirthschaft, welche willkürlich und mit vollständigem Anbau der beinahe ebenen Feldmarkung betrieben wird, hat sich seit etwa 40 Jahren sehr gehoben und verbessert sich durch das gute Beispiel einzelner Ökonomen täglich mehr. Neben den deutschen Pflügen hat der Flanderpflug Eingang gefunden, und zur Besserung des durchgängig rothsandigen Bodens bringt man, außer dem gewöhnlichen Stalldünger, hauptsächlich Jauche, Gyps, Mergel, Hallerde, Compost, Asche u. s. w. in Anwendung. Zum Anbau kommen außer den gewöhnlichen Cerealien Futterkräuter (dreiblätteriger Klee, Luzerne und Esper), Erbsen, etwas Reps, Kraut, Flachs und Hanf; beide letzteren nur für das eigene Bedürfniß. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt 5–6 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Hafer, 1–2 Scheffel Roggen (wird wenig gebaut, da er nicht selten in der Blüthe erfriert), und 4–5 Scheffel Gerste. Die erzeugten Feldprodukte werden im Ort selbst verbraucht.
Der Wiesenbau ist auf der Markung selbst ganz unbeträchtlich, dagegen besitzen einige Ortsbürger Wiesen auf angrenzenden Markungen.
Die Rindviehzucht ist in gutem Stande und bildet eine besondere Erwerbsquelle, indem auch ein kleiner Handel mit Vieh getrieben wird; man züchtet vorzugsweise eine tüchtige Landrace, neben welcher auch Abkömmlinge von der Schweizerrace gehalten werden. Die Stallfütterung ist eingeführt und erst seit einigen Jahren wird nebenbei auch die Weide in den Staatswaldungen benützt. Die Haltung der Farren wird alle 3 Jahre unter bestimmten Bedingungen verpachtet. Die Zucht der Schweine wird stark betrieben und erlaubt | einen namhaften Verkauf an Ferkeln nach Außen. Die Schweine werden ausgetrieben.Den Verkehr und die Verbindung mit den Nachbarorten sichert außer der Landstraße noch eine Vicinalstraße nach Cresbach. Die Entfernung von der Oberamtsstadt beträgt 3 – und die von dem Mutterort 3/4 Stunden.
Die Gemeinde hat wenig Vermögen, und die Stiftungspflege besitzt etwa 700 fl., deren Zinse übrigens zur Unterstützung der Ortsarmen nicht hinreichen (s. Tab. III über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt).
b. Kälberbronn; der zur Gemeinde gehörige ziemlich große, weitläufig gebaute, aus meist kleinen Gebäuden bestehende Weiler, liegt 1 Stunde nordwestlich von Herzogsweiler und 5/4 Stunden westlich von Pfalzgrafenweiler, an der von letzterem Ort nach Göttelfingen führenden Vicinalstraße. Der abgeschiedene Ort ist mit seiner ganz unbedeutenden Feldmarkung rings mit Wald umgeben und hat in einer weit ausgerundeten Mulde, welche den Anfang des Zinsbach-Thälchens bildet, eine hohe, aber ziemlich geschützte Lage.
Seit dem Jahr 1840 hat der Ort eine eigene Schule und ein in diesem Jahr erbautes Schulhaus mit Thürmchen und Glocke; die Wohnung des Lehrers befindet sich im Schulhause.
Der Ort hat zuweilen Wassermangel.
Die Einwohner sind fleißige, sparsame Leute, welche sich hauptsächlich durch Holzmachen ihren Unterhalt sichern. Der Feldbau spielt eine ganz untergeordnete Rolle und auch die Viehzucht ist von keinem Belang, indem jeder Bürger nur 1–2 Kühe hält. Die unbedeutende Obstzucht (meist Kirschen) liefert nur selten einigen Ertrag.
Kälberbronn ist ursprünglich eine Kolonie von Holzmachern, welche im Jahr 1737 im sog. Weilerwald gegründet wurde und war vor Zeiten ein Kammerort.
c. Neunuifra, gleichfalls ehemals ein Kammerort, liegt 5/4 Stunden östlich von Herzogsweiler und 1/2 Stunde südöstlich von Pfalzgrafenweiler über den rechten Gehängen des Waldach-Thales. Der kleine, aus minder ansehnlichen Häusern bestehende Weiler wurde erst im Jahr 1721 gegründet und heißt im Munde des Volks zuweilen noch Äschenteich, weil früher nur eine Potaschesiederei hier bestand. Wegen der ziemlich hohen Lage ist das Klima rauh und überdieß fehlen laufende Brunnen, so daß nicht selten Wassermangel eintritt. Eine Wette besteht im Ort.
Die Schule wurde im Jahr 1838 aufgehoben und mit der zu Alt Nuifra vereinigt, welches eine kleine halbe Stunde östlich liegt | und zu der Pfarrei Haiterbach, O.A. Nagold, gehört. Die im Allgemeinen ziemlich unbemittelten Einwohner suchen sich ihren Unterhalt, neben dem nicht ausgedehnten landwirthschaftlichen Betrieb, durch Taglohnen und Arbeiten in den Waldungen zu sichern.Auf der kleinen, mittelfruchtbaren Feldmarkung baut man Dinkel, Roggen, Hafer, der gut gedeiht, Kartoffeln, wenig Futterkräuter, Flachs und Hanf; der Wiesenbau, wie auch die Obstzucht liefern nur mittelmäßigen Ertrag.
Nahe an der östlichen Markungsgrenze, übrigens schon auf der Markung Alt-Nuifra, befinden sich auf einem Bergrücken mehrere altgermanische Grabhügel, von denen früher einer geöffnet wurde, der Ringe von Bronce, Glasperlen, Skelettereste u. s. w. enthielt.
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