« Kapitel B 14 Beschreibung des Oberamts Ehingen Kapitel B 16 »
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15. Erbach mit Wernau.
a. Erbach,
ein kathol. Pfarrdorf und Marktflecken am Donauthale und an der Ulmerstraße, 31/2 St. unter Ehingen mit 976 Einw., F. A. Blaubeuren; Grund- und Patronatsherr: Freyherr v. Ulm-Erbach-Mittelbiberach. Die Zehnten zu Erbach und Wernau, welche zusammen Eine Markung haben, gehören dem Grundherrn, und dem Gr. Schenk von Castell, Grundherrn von Wernau (jene zu 1549 fl. 9 kr., diese zu 796 fl. 14 kr. im Cataster), sodann haben Theil die Pfarrey,| die Caplaney, die Heiligenfabrik, die Frühmeß Oberdischingen, und die Univ. Tübingen; von 21 Jauchert hat sie der Staat.

Gefälle beziehen an beyden Orten: der Staat 338 fl. 22 kr., der Frhr. von Ulm 4368 fl. 38 kr., darunter 2940 fl. für Landachten; die Stiftungspflege Erbach 145 fl. 9 kr., die Pfarrey 82 fl. 44 kr., die Gemeindepflege 47 fl. 50 kr., die Caplaney 51 fl. 51 kr. und der Gr. Schenk von Castell 145 fl. 9 kr., zusammen 5148 fl. 52 kr. und zwar mit Ausnahme von ungefähr 95 Sch. Früchten ganz in Geld.

Erbach oder Ellerbach ist ein adeliches Freygut, mit Schloß und vielen eigenen Gütern, ferner Antheil an Donaurieden und Gütern zu Dellmensingen, Einsingen und Eggingen. Es ist K. (vormals Östr.) Mannlehen, hat die hohe und niedere Jagd, die Hälfte an der Schafweide zu Erbach, und ist zu einem reinen Ertrag von 10.000 fl. angeschlagen. Vormals hatte der Gutsherr auch die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, stand aber unter östr. Landeshoheit. Die Kirche wird bey Unzulänglichkeit der Kirchenpflege von dem Großzehntherr, das Pfarrhaus von dem Pfarrer, und bey einem neuen Bau von Pfarrer und Gutsherrn gebaut.

Der Ort liegt sehr schön, theils in dem Donauthale, theils in einem Seitenthale und an einer Bergecke bis auf die Höhe aufsteigend. Auf der Höhe selbst liegen, weit und breit sichtbar, das Schloß, worin der Grundherr seinen Sitz hat, die Kirche und das Pfarrhaus mit einigen andern Häusern. Durch den Flecken fließt der Erlbach (vermuthlich Erlenbach), von dem auch der Name Erbach herkommt, der in ältern Urkunden bald Ellerbach, bald Elrbach und endlich Erbach geschrieben wurde. Das Schloß ist ein sehr großes, massives Gebäude, womit ein schöner Garten mit mancherley Anlagen verbunden ist. Es wurde 1524/30 neu gebaut, ist aber auf Grundmauern gestellt, welche sichtbar Röm. Alterthum verrathen, wie man denn auch auf der Höhe jenseits des Erlbachs neuerlich noch bedeutende Römische Überreste gefunden hat. S. 9.

Die Kirche ist groß und sehr schön, wie man selten| eine in Städten findet. Sie hat 5 Altäre und wurde, hauptsächlich durch Freygebigkeit zweyer (Stifts-) Fräulein von Ulm-Erbach, welche dazu 28.000 fl. gaben, i. J. 1763 neu gebaut, und 1769 eingeweiht. Es fehlt ihr nichts als ein Blitzableiter; denn in der letzten Zeit wurde sie zweymal, 1811 und 1818, vom Blitz getroffen. Sowohl von dem Schlosse, als von dem Pfarrhaus hat man eine unübertreffliche Aussicht, die einer Seits über Ulm und Elchingen und tief nach Baiern hinab, anderer Seits bis an die Schneegebirge der Alpen geht, und die Flußgebiete der Donau und der unter den Augen darein sich ergießenden Riß, Roth und Westernach mit einem großen Theil von Oberschwaben und einer Menge von Ortschaften, die wie in einer unermeßlichen Ebene ausgesäet da liegen, beherrscht. Das Donaubecken selbst hat hier eine seiner größten Ausdehnungen. Bey dem Ort führt eine hölzerne Brücke über die Donau, S. 46. 56. 58.
Das in die Markung eingreifende Donauried ist theils angebaut, theils noch als Weide, zum Theil auch zur Torfgräberey benutzt, S. 45. Der Ort hat eine Ziegelhütte und 2 Mahlmühlen, die Riedmühle, welche jenseits der Donau an der Westernach steht, und die Bachmühle, in dem Orte, an dem Erlbach. Beyde gehören dem Gutsherrn. Die Gemeinde zeichnet sich durch einen geordneten Haushalt, die Bürgerschaft, trotz der starken Belastung, immer noch durch Wohlstand aus, um beyde hat sich der verstorbene Schultheiß Walser sehr verdient gemacht. Neben der Pfarrey bestanden sonst 2 Caplaneyen, die Veits- oder Werdnauische Caplaney und die Martins- oder Villenbachische Caplaney; 1820 wurde die letztere aufgehoben, und ihr Einkommen theils mit dem der Pfarrey und Veits-Caplaney, theils mit der Pfarrey Donaurieden verbunden. Die Veits-Caplaney wurde 1484 von den Brüdern Wilhelm und Ludwig von Werdnau für ihren Vater mit 3/7tel [ws 1] des Großzehntes zu Diettingen und Marchbronn, die St. Martins-Caplaney von den Herrn von Villenbach, welche von 1380 bis 1460 die Gutsherrn waren, gestiftet. Das Patronat dieser Caplaney stand, wie das der Pfarrey,| immer der Gutsherrschaft zu. Die Pfarrey selber ist eine alte Urpfarrey, und war ehemals eine der bedeutendsten in Schwaben. In ihren Sprengel gehörten, außer Erbach und Wernau, noch 6 Orte: Altheim, Dischingen, Donaurieden, Stetten, Donaustetten und Dellmensingen, welche jetzt alle eigene Pfarrer haben. Mehrere Adeliche waren Pfarrer und Kirchherrn zu Erbach, darunter i. J. 1523 auch ein Eberhard von Landau. Der Ort hat auch einige Armenstiftungen; die bedeutendste darunter ist die Hackersche, 1741 von einem Caplan Hacker für Erbach und Donaurieden gemeinschaftlich gestiftet; ihr Capital beläuft sich gegenwärtig auf 12.389 fl.
Ehemals gab es eine adeliche Familie, die sich von Ellerbach, Elrbach schrieb, man hat aber keine Nachricht, ob sie auch Erbach besessen habe. Dagegen findet man eine Reihe anderer Familien, die von Gröninger, Lothon, Stein, Villenbach, Westernach etc. im Besitze. Dorothea von Westernach, Ludwigs von Habsperg eheliche Hausfrau, verkaufte 1488 die Herrschaft, „das Schloß Ellerpach sammt Dorf, die Güter zu Tallmesingen, (Delmensingen) und Tonawrieden,“ für 23.200 fl. und einige Leibgedinge an den Herzog Georg von Baiern. Bey dem Streit, welcher über die Vertheilung seiner Erbschaft entstand, wurde Erbach im Namen des Kaisers von dem schwäb. Bund in Besitz genommen; und bey dem Frieden 1505 auch von Kaiser Maximilian I. behalten. 1526 versetzte K. Ferdinand die Herrschaft an Ulrich von Habsperg, und 1534 an Johann von Baumgarten, einen reichen Augsburger Patricier, dem die Pfandschaft 1535 in ein Mannlehen verwandelt wurde. Nach dem Aussterben des Baumgartischen Stammes, 1610, zog Östreich das Lehen wieder ein, verpfändete es aber 1620 an Hans Ludwig von Ulm, dem es 1.1. 1622 als ein östr. Mannslehen überlassen wurde. Die Allodien wurden einige Jahre später einem Herrn von Seida verpfändet, bald aber wieder eingelöset, und 1664 ebenfalls den von Ulm zu Lehen gegeben. 1806 kam Erbach an die Krone Baiern, und 1810 an Würtemberg. Im 30jährigen Krieg, 1633, hatten der Herzog Bernhard| von Weimar und der General Gustav Horn lange Zeit ihr Hauptquartier in Erbach, während der K. General Altringer in Laupheim stand. S. den Nachtrag.
b. Wernau,

richtiger Werdnau, ein katholischer Weiler 3/4 St. nordöstlich von Erbach auf der Höhe, am Hange des Hochsträßes, mit 40 Einw., bis 1824 Fil. von Erbach, seitdem von Einsingen. Grundherr: Graf Schenk von Castell, die Zehnten und grundherrlichen Gefälle sind schon bey Erbach aufgeführt, mit dem Wernau eine gemeinschaftliche Markung hat. Wernau ist freyes Rittergut, wozu auch die Vogtey zu Altheim gehört[1]. Es war ehemals dem Ritter-Canton Donau einverleibt. Sein Reinertrag ist zu 1900 fl. berechnet. Der Ort hat eine baufällige Capelle, in der kein Gottesdienst mehr gehalten wird.

So weit die Geschichte geht, war der Ort Eigenthum der Familie von Werdnau, die auch Altheim und andere Güter besaß. Sie war, wie es scheint, ein Zweig des sehr bekannten Werdnauischen Geschlechts, das seinen Sitz diesseits der Alp unweit Teck hatte, unter Anderm auch das Städtchen Wendlingen besaß, und erst im 17ten Jahrhundert ausstarb. Den Weiler Wernau verkauften sie i. J. 1721 an das Kloster Urspring, von dem ihn 1785 Gr. Schenk von Castell zu Dischingen kaufte. Er kam mit Erbach unter W. Hoheit.



  1. Die Vogtey erstreckt sich jedoch nicht auf den Ort, sondern nur auf die Pfarrstelle zu Altheim, und besteht dermalen noch darin, daß der Gutsherr von Wernau den von der Grundherrschaft zu Altheim nominirten Pfarrer dem Bischof präsentirt und jährlich von der Pfarrey unter dem Titel Vogtrecht eine Fruchtgülte bezieht, deren Betrag bey Altheim bemerkt ist.
Anmerkungen [WS]
  1. Korrektur nach Beschreibung des Oberamts Riedlingen S. 267: 3/7 statt 2/5