« Kapitel B 12 Beschreibung des Oberamts Crailsheim Kapitel B 14 »
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13. Matzenbach,
Gem. II. Kl. mit 803 Einw. 1. Matzenbach, Dorf, 534 Einw., wor. 179 Ev.; 2. Fichtenhof, Weiler, 49 Einw., wor. 34 Ev.; 3. Gunzach, Weiler, 70 Einw., wor. 43 Ev.; 4. Hahnenberg, Hof, 15 Einw., wor. 12 Ev.; 5. Krettenbach, 117 Einw., wor. 104 Ev.; 6. Melbersmühl, Haus, 3 Ev.; 7. Neuhaus, Haus, 7 Ev.; 8. Spitzenmühle, Haus, 8 Ev. Parz. 1, 3–8 kath. Fil. von Unter-Deufstetten, Parz. 2 von Stimpfach; Parz. 1, 3, 4, 6, 7, 8 ev. Fil. von Wildenstein, Parz. 2, 5 von Rechenberg.
Matzenbach liegt in einem grünen Thälchen auf der Wasserscheide zwischen Jagst und Wörnitz, rings umgeben von Tannenwäldern. Die saubern Häuser mit kleinen Gärten vor der Thüre und Blumenbrettern vor den Fenstern, freundlich getüncht und mit gemalten Läden, sind zum größeren Theil einstockig, doch finden sich auch größere Bauernhäuser. Der ganze Eindruck, den der Ort auf den Besucher macht, ist ein völlig anderer als die Vorstellung, welche der Name „Matzenbach“ von dem Ort zu erzeugen pflegt. Mitten im Ort stand früher das ziemlich weitläufig gebaute Schloß der Senfte v. Sulburg, „eine ziemlich adelige Behausung“ (Ludw. Staatsarch.). Das Wirthshaus zum Phönix und das Haus des Gust. Fuchs gehörten dazu, dazwischen stand ein Thurm mit Wendeltreppe. Ein südlicher viereckiger Eckthurm ist noch erhalten. In demselben befinden sich die Uhr und 2 Glocken, die größere mit der Inschrift: „Gegossen 1879 auf Kosten der Einwohner in Matzenbach beider Konfessionen von C. Kirchdörfer in Hall“, die kleinere: „C. König in Langenburg hat mich gegossen im Jahr 1858“. Diese Glocke wurde 1856 aus einer Kollekte gestiftet. | Das Schloß brannte am 6. Okt. 1873 ab. Neben diesem Thurm an der Hauptstraße auf der Stelle der alten Kapelle steht das solid gebaute katholische Schulhaus. Über der Hausthüre ist das Senftische Wappen mit dem Monogramm W. E. V. S. 1774 angebracht. An der Schule arbeiten im Winter zwei, im Sommer ein Lehrer. Auch besteht eine Industrieschule. Das Schulhaus enthält die Lehrerwohnung und zwei Lehrzimmer. Das Rathhaus, der Schule gegenüber, wurde 1863 von der Gemeinde angekauft und aus einem Privathaus hübsch und zweckmäßig für die Gemeindebehörden eingerichtet. Auch ein Armenhaus und ein Brechhaus besitzt die Gemeinde.

Gutes Trinkwasser liefern 40 Pump- und 15 Schöpfbrunnen. Die Vermögensverhältnisse sind mittelgut, doch findet jeder sein Auskommen. Die Vermöglichsten besitzen 12,6 ha, der Mittelmann 2,5 ha, der Ärmere 10,4 Ar. Aber es gibt auch Einwohner ohne Grundbesitz. Auf der Markung Breitenbach besitzen die Einwohner 7,8 ha. Neben Feldbau und Viehzucht, welche der evangelische Theil der Bevölkerung vorzieht, findet sich reger Gewerbebetrieb und ausgedehnter Hausirhandel. Es werden besonders Holzwaaren, Schachteln, Siebe, Sargen gefertigt. Auf dem Weg des Hausirhandels werden Porzellan, Steingut, Farb-, Galanterie-, Blech- und Holzwaaren abgesetzt. Zur Gemeinde gehören die Spitzen- und Melbersmühle mit je 1 Gerb- und 2 Mahlgängen und Sägmühle. Die Spitzenmühle hat auch eine Malzschrotmühle. Eine Bierbrauerei, fünf Schildwirthschaften und 4 Kauf- und Kramläden dienen dem Verkehr. Durch den Ort führen die Vicinalstraßen von Deufstetten nach Rechenberg und Ellwangen, von Wildenstein nach Breitenbach OA. Ellwangen.

Die mittelgroße, von Nord nach Süd in die Länge gezogene Markung hat meist leichten, seichten Sandboden und ist mittelfruchtbar. Das Klima ist etwas milder als auf den benachbarten Höhen, gegen starke Winde schützen die nahen Wälder, ebenso gegen Hagelschlag.

Je eine Sand- und Lehmgrube ist vorhanden. Von den früher vorhandenen 15 Seen, die jetzt Wiesengrund bilden, bestehen nur noch der Ratzenweiher, 2,2 ha groß und der Hahnenweiher mit 94 Ar Flächengehalt. Durch die Markung fließen der Buchbach, Melbersbach und Gunzenbach. Der Feldbau wird mit Eifer betrieben. Von Getreidearten herrschen Gerste, Haber und Roggen vor. Der Wiesenbau ist ausgedehnt, der | Obstbau im Zunehmen. Die Gemeinde besitzt eine Baumschule mit einem Baumwart, Wald dagegen nicht. Die beschränkte Schafweide wird mit einheimischen Schafen befahren. Die Pferchnutzung erträgt 70 bis 80 Mark. Die Allmanden sind zu 50 M. verpachtet, ebenso die sonstigen Güterstücke der Gemeinde, welche 80 M. Pacht abwerfen. Die Rindviehzucht ist ziemlich ansehnlich. Schafe der Bastardrasse werden im Sommer 100, im Winter 40 von Privaten gehalten. Das Fischrecht in den Weihern gehört Privaten.

Die Stiftung besitzt ein unbedeutendes Vermögen, dessen ursprünglicher Grundstock mit 25 fl. von 2 adeligen Fräulein herrührt.

Von Alterthümern ist wenig bekannt. Ein Wald zwischen M., Melbersmühle und Wildenstein führt den Namen Diebssteig. Auf dem Schwedenfeld sollen die Schweden ein Lager gehabt haben, auch ein Franzosenacker findet sich. Auf dem Hohenrodle soll das Hochgericht gestanden sein. Von sonstigen Flurnamen sind zu nennen: „Kleines Almosenholz (Dinkelsb.), die Önrich, Taubenkropf.

Matzenbach (Bach eines Mazo) erscheint erstmals in der Urkunde K. Heinrich II. v. 1024 über den Ellwanger Bannforst W. U. I, 256 mit Aptsbach und Ruotherisbrucke und bildete den Grenzort jenes Forstes. Die Straße schied später die Ellwanger und Brandenburger Fraisch. Der nördliche Theil von M. mit dem Schloß gehörte zur Cent Crailsheim. Wahrscheinlich ist die Fraischgrenze die spätere Grenze des Mulach- und Riesgaus, welche ursprünglich der Diebssteig bezeichnete.

Die weitere Geschichte Matzenbachs ist für 500 Jahre völlig unbekannt. Die Angabe, daß M. dem Deutschorden gehört habe (Kgr. Württb. 1863 S. 886), beruht wohl auf einer Verwechslung mit dem bei Fischer stat. topogr. Beschreib. v. Brandenb.-Ansb. S. 218 genannten Matzenbach, heute Massenbach bayr. Landger. Ellingen.

Um 1500 war M. freies Eigenthum Michael Völkers, eines Bruders des Onolzbachischen Kanzlers Hans Völker aus Crailsheim, (Schütz Beschr. v. Ansbach S. 53) dessen beide Töchter Dorothee und Lucie M. mit einander erbten. 1524 kaufte Dorotheens Gatte Wolfgang Jakob Senft v. Sulburg von seinem Schwager Eban Altmann von Schmidtmühlen dessen mit Lucie Völker erheiratete Hälfte. M. blieb fortan im Besitz dieses alten, aus Hall stammenden Geschlechtes s. OA.B. Hall S. 151. Mit dem Tode Joh. Fr. Wilh. Senft, württb. Geh. | Raths und Oberschenken, erlosch der Mannsstamm und M. gieng an die Schwestern desselben, die Witwe eines Majors v. Ellrichshausen und die Gräfin v. Jett, † 1811, sowie an den Enkel des letzten Senft, Fr. Wilh. v. Pöllnitz auf Frankenberg über. 1817 wurde Matzenbach an den württb. Hauptmann v. Arlt (späteren Oberst) verkauft. Derselbe veräußerte es aber nach 3 Jahren wieder. In die Hände einer Gesellschaft von Privaten (Kam.-Verwalter Geßler in Ellwangen, Koppenwirth Groß in Dinkelsbühl u. A.) gekommen, wurde das Schloß 1837/38 seiner Urkundenschätze beraubt, welche verschleudert und eingestampft wurden. Über 100 Ölgemälde kamen unter den Hammer, die Schloßgüter wurden einzeln verkauft. Das Schloß mit wenigen Gütern gieng an Karl Edm. v. Bühler als Rittergut über († 1873), welcher es an den Oberforstrath v. Kauffmann veräußerte, dessen Töchter das Rittergut heute noch besitzen.

Der große Zehnte gehörte dem Stift Ellwangen, der kleine der Pfarrei Ellenberg. Über die Obrigkeit, Kirchweihschutz und Jagdrecht vertrugen sich Wolf Ulrich und Gottfried Senft 1612 mit Stift Ellwangen. St.A. Im 30jährigen Krieg hatte M. viel zu leiden. Z. B. 1624 starke Truppendurchmärsche. 1628 klagt Barb. Marg. Senft, geb. Kapler gen. Bautz, die Wittwe Gottfr. Senfts, über 24wöchige Einquartierung. 1634 erhoben im Januar die Regimenter Praunkh und Rittwein starke Kontributionen zu M., Lustenau, Weidelbach, Waldthann, im Mai das Regiment Ranzau 50 Rthlr. nach Ellwangen, das Laurwaldsche zu Dinkelsbühl 100 fl. Häuser, Mühlen und Weiher waren ruinirt, die Leute 6 Wochen geflüchtet, die senftischen Lehensbriefe aber, welche nach Waldenburg geflüchtet waren, verbrannten dort.

1741 klagten die Einwohner über ungerechte Behandlung durch Phil. Hein. Friedr. Senft. (St.A. in Ludwigsb.). 1805 kam der nördliche Theil von M. unter bayrische, der südliche unter württembergische Staatshoheit. Doch trat Württemberg seinen Theil an Bayern ab, bis 1810 der ganze Ort an Württemberg kam.

Kirchliches. M. gehörte vor der Reformation zur Pfarrei Ellenberg OA. Ellwangen, hatte aber sicher schon 1488 eine Kapelle. Der Heilige von Matzenbach hatte 1488 eine Wiese bei Halden. Dk. A. Nach der Reformation riß sich M. vom | Pfarrverband mit Ellenberg los und hielt sich nun zur evgl. Pfarrei Segringen. Im Streit mit Ellwangen behaupteten 1671 die Matzenbacher, eine freie Pfarrei zu haben, sie mögen sich in kirchlicher Hinsicht hinwenden, wohin sie wollen. St.A. Sie gebrauchten die Dienste bald des Pfarrers von Segringen, bald des von Rechenberg, später findet sich Matzenbach mit Wildenstein unirt, zu welchem die Evangelischen heutzutage lebendig und todt gehören. Die mit der Zeit wiederaufgenommenen Katholiken hielten sich zur alten Mutterpfarrei Ellenberg, sind aber seit Errichtung der katholischen Pfarrei Unter-Deufstetten dorthin gepfarrt und haben dort ihr Begräbnis.

Zur Gemeinde Matzenbach gehören:

1. der Fichtenhof, ein Weiler mit 6 Wohnhäusern 3 km nordwestlich von Matzenbach am Rand des Gunzenbachthälchens. Auf dem Hof zu der Fuchten halte Burkh. v. Wolmershausen auf Rechenberg 1461 Gülten, St.A. 1554 verkaufte Hans Hoffmann zu der Fuechten seinen Hof zwischen Kleinkonnenweiler und Krettenbach an seinen Sohn Georg, von dem ihn 1577 Dinkelsbühl erwarb. Der Hof war seit alter Zeit nach Stimpfach gepfarrt, die Evangelischen gehören zur Pfarrei Rechenberg.

2. Gunzach, nahe beim Fichtenhof, 2 km nordwestlich von Matzenbach hoch über einem kleinen Thälchen gelegener Weiler mit 12 Wohnhäusern. Die Einwohner sind zu 3/4 evangel., zu 1/4 katholisch, jene nach Wildenstein, diese nach Unter-Deufstetten gepfarrt.

Gunzach (Wasser eines Gunzo) gehörte in alter Zeit zur Pfarrei Weidelbach. 1319 verkaufte Götz Herrieder seinen Hof zu Gunzen und 2 Güter zu Welderichshub an den Spital zu Dinkelsbühl, Dk. A. Später gehörte G. ganz zum Rittergut Wildenstein.

3. Hahnenberg, auch Hahnenhof, im Thal des Buchbaches 1,65 km westlich von Matzenbach, besteht aus 2 Wohnhäusern. Der Hof gehörte dem Stift Ellwangen und hieß ursprünglich Heimenweiler (W. eines Heimo). 1327 vertauschten Konrad, der Dechant, und Konvent zu Ellwangen, eine Wiese zu Heimenweiler gegen einen Acker zu Krettenbach. Wer auf dem Hof zu H. saß, mußte die Gasse zu Krettenbach, welche gegen H. gieng, halb verzäunen. Zeugen: Reimar Hover und | der Schmid zu Krettenbach, sowie Kircholz zu Gunzen, Dk. A. Früher nach Ellenberg, ist der Hof jetzt nach Unter-Deufstetten pfärrig.

4. Krettenbach, ein Weiler mit 17 Häusern, von Gunzach nur durch den Bach getrennt, hat wie dieses bäuerliche Bevölkerung.

Krettenbach, nicht zu verwechseln mit dem im Autmutthal, OA. Nürtingen, abgegangenen Cretenbach (Cod. hirs. S. 58. Mon. Germ. 12, 105, 30 Otmar von Cretunbach), ist dunkeln Stammes. Ursprünglich waren die Herren von Crailsheim hier begütert. 1315 verkaufte Felicitas, Witwe Heinrichs des Tauben von Zwerchenberg (Zwerenberg bei Weidelbach, bayr.) ihr Gut zu Cr., die Schmiede, Holz, Äcker, Wiesen bei dem Diepsteige an den Spital zu Dinkelsbühl, ebenso 1323 Albrecht v. Crewlsheim sein Holz der Diebssteig bei Crettenbach, Dink. U. 1437 erwarben Hans Melwer und Cunz Glaser, die Sichelschmide, zu Dinkelsbühl einen Hof zu Cr., s. Melbersmühle, 1529 Thom. Lober zu Ingersheim ein Gütlein zu Cr., den Melbersweiher[ER 1] ob dem Hahnenweiher und die Sägmühle unten am Weiher, gab aber diesen Besitz sammt einem Harzholz 1556 um 2 Herrenpfründen an den Spital zu Dinkelsbühl. 1720 waren 9 Dinkelsbühlische und ein freiherrlich Hoferischer Unterthan hier. Den Zehnten hatte 1461 Burkhart v. Wolmershausen als ellwangisches Lehen. Später zog ihn Ellwangen selbst ein. Ursprünglich Filial von Stimpfach, gehört jetzt der evangelische Theil der Gemeinde zur Pfarrei Rechenberg, der katholische nach Unter-Deufstetten.

5. Die Melbersmühle, 1,6 km nordwestl. von Matzenbach, lag einst an einem Weiher, jetzt an dem Melbersbach. Sie hat ihren Namen von ihrem Erbauer Hans Melwer, Sichelschmid zu Dinkelsbühl, der 1433 seine neuerbaute Sägmühle zu Krettenbach „oben am Hanweiher unter dem Diepsteige“ an Cunz Weimann von Rügkers (Riegersheim?), Claus Weinmann und Hans Kleroder von Krettenbach und Hans Braun von Gunzen verlieh. Thomas Lober, s. oben Krettenbach, verlieh sie 1514 dem Sichelschmid Ulrich Widenmann zum Schmiden, Schleifen und Sägen. 1556 s. oben. Früher nach Ellenberg gepfarrt, gehört sie jetzt zur Pf. Wildenstein. Den Zehnten bezog Ellwangen.

| 6. Neuhaus, ein einzelnstehendes Haus, 1 km westlich von Matzenbach, liegt an der Straße nach Rechenberg, bestand 1807 noch nicht.

7. Spitzenmühle (vielleicht auf einer Spitze in den Weiher gebaut), unweit der Melbersmühle, früher von einem Weiher, jetzt vom Melbersbach gespeist, gehörte zum allodialen Besitz der Freiherren v. Hofer auf Wildenstein. Die Zehntrechte des Deutschordens weisen auf frühere Zugehörigkeit zur Deutschordenspfarrei Weidelbach. Die Mühle ist jetzt Filial von Wildenstein.

Errata

  1. S. 386 Z. 39(?) l. Melbersweiher Siehe Berichtigungen und Ergänzungen, Seite VI.
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