« Kapitel B 4 Beschreibung des Oberamts Canstatt Kapitel B 6 »
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5. Mühlhausen mit Viesenhausen.


a. Mühlhausen, ein evang. Pfarrdorf am Neckar, 5/4 St. unterhalb Canstatt mit 770 Einwohnern, C. A. Canstatt, Forstamt Stromberg und Forstgerichtsbarkeits-Beamtung Mühlhausen. Die Zehenten, der große und Weinzehenten gehören dem Staat, der kleine, der Obst- und Blut-Zehente und der Heuzehente aus 35 M. der Pfarrey, einen kleinen Antheil hat auch die Gutsherrschaft und die kameralamtliche Unterpflege. Grund- und Patronatsherr ist der Freyherr von Palm; die Grundlasten betragen, einschläglich Viesenhausen, 181 fl. 50 kr. in Geld, 641/2 Schfl. Dinkel, 88 Schfl. 23/4 S. Haber, 78 Schfl. 73/4 S. glatte Früchte und 14 E. 1 I. 3 M. Wein. Davon bezieht der Grundherr 130 fl. 30 kr. in Geld, 47 Schfl. 51/2 S. rauhe und 24 Schfl. 7 S. glatte Früchte, und 9 E. 12 I. 41/2 M. Wein, sodann der Freyherr v. Varnbüler 12 fl. 56 kr. in Geld, 33 Schfl. 3 S. rauhe und 16 Schfl. 3 S. glatte Früchte. Die übrigen Gefälle sind zwischen dem Staat, der Pfarrey, der| Stiftungspflege des Orts, der Spital- und der Kirchenpflege zu Eßlingen u. a. vertheilt. An die Gutsherrschaft werden jährlich auch noch 5 fl. 43 kr. Martinisteuer, und 7 Schfl. 4 S. Steuer-Roggen und bedeutende Frohn-Surrogatgelder, in welche die Frohndienste schon 1785 verwandelt worden sind, nebst verschiedenen Leibeigenschafts-Abgaben entrichtet, s. S. 76.

Mühlhausen ist ein Rittergut, das bis 1806 dem Ritter-Canton Kocher einverleibt war. Zu dem Gute gehören der Viesenhäuser Hof, ein Schloß mit Ökonomiegebäuden und einer Beamten-Wohnung, eine Mühle, eine Kelter, ein Maiereyhaus und die in Tabelle II. unter der Rubrik „Adel“ aufgeführten, eigenthümlichen Güter. Das Gut ist Allodium und Familien-Fidei-Commiß mit Erstgeburtsrecht. Die damit verbundenen Rechte sind: Bürger-Aufnahmegebühren, Lehensgefälle und Leibeigenschafts-Surrogate, Grundzinse, Gülten, kleine Zehentrechte, hohe und niedere Jagd und eine Umgelds-Entschädigung von 165 fl.; sodann die gesetzlichen Surrogate für die Gerichtsbarkeit und Orts-Polizey, s. Reg. Bl. 1824 S. 860. Die Forstgerichtsbarkeit wird von dem grundherrlichen Beamten ausgeübt. Das Fischrecht tragen die v. Varnbüler zu Lehen.

Der Ort liegt etwas ansteigend, auf der linken Seite des hier ziemlich engen Neckarthals, in der Mündung des Feuerbachthälchens, dessen Bach durch den Ort geht. Es hat ein Schloß, zwey Kirchen, ein Rathhaus, ein Schulhaus, und ist Sitz des Grundherrn, eines grundherrlichen Rentbeamten und eines Jägers. Das Schloß oder Wohnhaus des Grundherrn ist mit einem schönen Garten und Anlagen verbunden. Es wurde 1815/16 erneuert. Von den beyden Kirchen steht die eine, die Pfarrkirche oder Walpurgiskirche, auf der Höhe, die andere, die St. Veitskirche, unten im Dorf.

Die Walpurgiskirche ist sehr alt; bey einem Bauwesen i. J. 1783 fand man unter dem Hochaltar mehrere Münzen vom Papst Urban III. (1185/87), dessen Bildniß auch über dem Hochaltar aufgestellt war, und es ist zu vermuthen, daß die Kirche schon unter diesem Papste, wenn nicht| noch früher, gebaut worden sey[1]. Die letzte Veränderung und Erweiterung wurde mit der Kirche 1783, und mit dem Thurme 1812 vorgenommen. In der Kirche sind sehr schätzbare altdeutsche Gemälde aus der St. Veitskirche aufgehängt. Auch befinden sich darin verschiedene Grabsteine, darunter auch einer des Marx von Neuhausen, gestorben 1506, „sein Alter ist gewesen 101 Jahre.“

Die St. Veitskirche, die in ihrer ursprünglichen Gestalt noch steht, hat die Inschrift über dem Eingang: „da man zalt von Gottes Geburt 1380 Jahr an dem Montag vor St. Urbans Tag wart die Capell angehebt von dem erb. Mann Reinh. von Mühlhusen, Burger zu Prag.“ In der Kirche befindet sich ein Hochaltar und ein Seitenaltar mit schätzbaren altdeutschen Gemälden und andern Kunstwerken, hinter dem Hochaltar steht zu lesen: Anno Dni 1385 ist diese Tafel vollbracht von dem erbaren Reinhard von Mühlhausen, Bürger zu Prag. Auch in dieser Kirche befinden sich alte Grabmähler von den v. Kaltenthal u. a. Die Baulast beyder Kirchen und des Pfarrhauses hat die Stiftungspflege. Der Begräbnißplatz liegt außerhalb des Orts auf der Höhe, 1824 hat auch die Gutsherrschaft ihr Familienbegräbniß dabey eingerichtet.

Die Einwohner nähren sich vom Ackerbau und Weinbau, auch hat der Ort viele Handwerker, eine Mahlmühle, die grundherrliches Eigenthum ist, eine Ziegelhütte und 2 Schildwirthschaften. Die Ziegelhütte wurde 1725 von der Herrschaft errichtet, 1803 aber von ihr verkauft. Die Mühlhäuser Weinberge liefern einen guten, vorzüglich rothen, Wein, der besonders früher, so lange noch hauptsächlich Clevner gebaut wurden, sehr berühmt war. Im Jahr 1828 hat die Centralstelle des landw. Vereins hier einen Weinberg| erworben, und denselben als Musterweinberg wieder mit Clevnern angebaut. Die Güterpreise sind sehr gering. Der fünfte Theil der Markung ist gutsherrschaftlich. Auf den bürgerlichen Weinbergen lasten Theilgebühren und Bodenwein.

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Der Gemeindezustand ist in Ordnung, die Gemeinde ist schuldenfrey und hat sogar noch Activ-Capitalien, ob sie gleich kein Grundeigenthum besitzt, s. S. 84 und die Tab. IV. Zu den bürgerlichen Gerechtsamen oder Beneficien gehören in Mühlhausen und eben so auch in Oeffingen die s. g. Hauswiesen, ehemalige Allmanden und Weiden, die vertheilt und in gleichen Theilen jedem Hause zugeschieden worden, nun aber längst in freyes Eigenthum übergegangen sind, doch ohne das Haus nicht veräußert werden dürfen. Von den beyden Kirchen wird nur noch die Pfarrkirche gebraucht, Filial der Kirche ist Viesenhausen. Mit der Veitskirche war eine Kaplaney verbunden, die aber nach der Reformation aufgehoben wurde. Die Kaplaney ward von dem Erbauer der Kirche, Reinhard von Mühlhausen, mit 20 Schfl. Roggen, 20 Schfl. Dinkel und 20 Schfl. Haber, Gülten von Drittelsgütern zu Aldingen, gestiftet, die er von Hans von Kaltenthal, damaligem Gutsherrn zu Aldingen und Oßweil, erkauft hatte; Graf Eberhard v. W. erlaubte ihm, dieselbe zu besetzen. Bey der Aufhebung der Kaplaney wurde die Dotation mit der Pfarrbesoldung vereinigt. Der Pfarrer hatte dafür statt der Frühmeß eine Frühbetstunde in der Kirche zu halten. Im Jahr 1813 wurde die Kirche ganz aufgehoben, und die Kirchenpflege mit der von der Pfarrey vereinigt. Zu den Einkünften jener Pflege gehören verschiedene Zehenten und Theilgebühren, besonders aus Weinbergen, insbesondere der Großzehent in einem Bezirke zu Waiblingen, der dermalen zu 200 fl. verpachtet ist. Die vereinten Stiftungspflegen haben ein Einkommen von 500 bis 600 fl. Aus demselben wird ein Theil der Pfarr- und Schulmeisters-Besoldung gereicht. Die Reformation wurde in Mühlhausen erst i. J. 1567 von dem damaligen Gutsherrn Engelbold von Kaltenthal eingeführt. Das Patronat| der Kirche ging, wie wir nachher sehen werden, durch verschiedene Hände. Unter den Stiftungen für wohlthätige Zwecke befinden sich 3 von der Familie von Palm.

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Mühlhausen ist ein sehr alter Ort, und vermuthlich römischen Ursprungs, s. S. 12 u. ff. Auf den beyden Bergecken, an der Mündung des Feuerbachthälchens, standen einst zwey Burgen, welche nach allen Anzeichen auf den Grund römischer Castelle gebaut waren: die eine auf dem Platze, wo die jetzige Pfarrkirche steht, die andere gegenüber auf der Höhe des grundherrschaftlichen Parks über dem jetzigen Schlosse. Der Platz, worauf die letztere stand, ein gutsherrlicher Weinberg, heißt noch die Engelburg. Ein weiteres Schloß hatte in dem jetzigen Schloß-Küchengarten gestanden; 1730 wurden noch starke Grundmauern, darunter auch ein Säulenkopf mit der Inschrift „Blanchenstein“ ausgegraben. Von den Überresten der beyden zuerst erwähnten Burgen liefert Sattler in seiner ältesten Geschichte S. 245 Tab. XXVII. und XXVIII. noch Abbildungen nebst einer Beschreibung, die jedoch in den Namen der Berge unrichtig ist. Seit seiner Zeit ward die Engelburg in den 1770er Jahren vollends abgetragen, die Mauern der andern Burg sind noch vorhanden, wie sie Sattler darstellt. Bedeutendere Reste der letztern wurden ums Jahr 1488 zu einem Kirchenbauwesen verwendet; in diesem Jahre überließ Heinrich von Kaltenthal der Heiligenpflege den „Burgstall“ zum Kirchenbauwesen, unter der Bedingung, daß er und seine Erben ihren Wein in den Keller des Burgstalls legen dürfen. Der Keller ist nun von der Kirche überbaut. Eine der beyden Burgen von Mühlhausen war es, die 1312 von den Eßlingern im Kriege mit Graf Eberhard dem Erlauchten von Würtemberg belagert, und vermuthlich zerstört wurde. Aus dem Feldlager vor Mühlhausen ist die Urkunde der Eßlinger datirt, wodurch Markgröningen in die Reihe der Reichsstädte aufgenommen wurde, s. Sattlers Geschichte S. 71 und Beyl. 43 b. Der Sage nach soll vor Zeiten ein unterirdischer Gang entdeckt worden seyn, der von der| Engelburg an den Neckar gegen die Burg Hofen führte. Von andern Denkmählern des Alterthums, die in der Nähe von Mühlhausen entdeckt worden sind, war oben S. 15 etc. schon die Rede. Mühlhausen muß einst ein sehr fester Punkt gewesen seyn, der Ort selbst war vor Zeiten auf einer Seite mit einer Mauer umgeben, man findet noch bedeutende Spuren davon und mehrere Häuser geben noch einen Zins, weil sie auf der Ringmauer stehen, auch heißen die daran gränzenden Gärten die „Mauergärten,“ und die dabey liegenden Äcker die „Äcker hinter der Mauer.“ Wahrscheinlich war das Biberburg, dessen oben S. 129. gedacht ist, unser Mühlhausen, so daß vielleicht der ummauerte Theil von Mühlhausen mit der Burg ehemals Biberburg hieß, was aber außerhalb der Mauern gegen die Mühle hin lag, Mühlhausen genannt wurde, bis der letztere Name auf das Ganze übertragen wurde. In ältern Zeiten ging auch die Hauptstraße durch Mühlhausen, bis dieselbe über Kornwestheim geleitet wurde.[2] Mühlhausen hatte ehemals auch Marktgerechtigkeit; es wird sogar behauptet, daß es ein Reichsdorf gewesen sey. Die Behauptung stützt sich auf eine Stelle in Ertels Aurea praxis (Ausg. 1721 Bd. 1. S. 47), wo es heißt: „fast gleicher Condition, wie die vorher genannten Dörfer, deren Inwohner völlige Freiheit hergebracht haben, und keinen Gülten oder Frohndiensten unterworfen sind, waren vormals die Bauer in Altingen und Mühlhausen, welche Orte mundbare Flecken gewesen, die keinen Schutzherrn gehabt, sondern immediate unter dem Kaiser waren, nachgehends aber sich in den Würt. Schutz begeben haben.“ Allein allen Umständen nach wird hier Mühlhausen am Neckar mit Mühlhausen an der Enz verwechselt; von diesem| weiß man, daß es in die Klasse solcher Reichs-Dörfer gehört hat, und daß der Abt von Maulbronn lange im Streite mit demselben lebte, weil es die Kaiser Wenzel und Friedrich III. 1381 und 1444 seinem Gerichtszwang unterworfen haben. Ohnehin passen die erwähnten Freyheiten nicht auf unser Mühlhausen.

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Der Besitz von Mühlhausen wechselte mannigfaltig. Ursprünglich gab es ein adeliges Geschlecht, das sich von dem Orte schrieb: 1257 erscheinen bey einer Schenkung Bertholds von Blankenstein an das Kloster Steinheim Luthardus de Mulhusen miles, et Cuno filius suus als Zeugen; Chuno de Mülhusen, Luithards Sohn, hilft 1269 einen Vergleich zwischen den Grafen Gottfried v. Löwenstein und Hartmann von Grüningen und der Elisabetha, Bertholds von Blankenstein Wittwe, stiften, und als Zeuge erscheinen in der Urkunde Bertholdus de Mülhusen und Liuthardus de Mülhusen. S. Besold M. v. p. 378 etc. 1275 nimmt Judenta, die Wittwe Wolframs von Räms den edlen Bertold von Mühlhusen, ihren Vetter (patruelem) und Swigger von Blankenstein, ihren Oheim (avunculum) zu Zeugen an. Dieser Bertold kommt auch in dem Richtungsbrief zwischen dem K. Rudolph und Gr. Eberhard v. W. vom 23. Oktober 1287 vor. Er hatte eine Gräfin Adelheid, Tochter des Grafen Hartmanns v. Grüningen-Landau zur Gattin, und gehörte zum hohen Adel; denn er wird immer Nobilis genannt, und Graf Albert von Hohenberg nennt ihn in einer Urkunde von 1299 seinen Vetter. Im Jahr 1291 überläßt er dem Kloster Bebenhausen Zehenten zu Türkheim, die er von Würtemberg zu Lehen hatte, und 1293 verkauft er an eben dasselbe Kloster seinen Hof und seine Weinberge zu Zuffenhausen mit Consens der erlauchten Frau Adelheid, Gräfin von Landau, seiner Gemahlin, um 110 Pfd. Die Urkunde ist ausgestellt auf dem Schloße Wizeburg, (Weissenburg bey Stuttgart). Nach Berthold verschwindet der Name der von Mühlhausen, erst hundert Jahre nachher| tritt wieder ein Geschlecht hervor, das sich von Mühlhausen schrieb. Dazu gehörte Reinhard v. M. „Bürger zu Prag,“ der 1380 die St. Veitskapelle stiftete, und sein Vater, Eberhard v. M. „Bürger zu Prag,“ der, wie auf der hintern Seite des Hochaltars in der Veitskirche zu lesen ist, Freytags vor St. Georg gestorben ist, und durch seinen Tod vermuthlich dem Sohne Veranlassung zur Stiftung der Kapelle gegeben hat. Sie führten 3 Mühlhauen im Wappen, noch jetzt das Wappen des Orts. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß sie zu dem alten edlen Geschlechte der von Mühlhausen gehört haben; an dem Besitze des Orts scheinen sie wenigstens keinen Theil mehr gehabt zu haben.[3] Nach Berthold von Mühlhausen kommen die von Blankenstein als Besitzer von Mühlhausen vor. Es war Swiggern v. Bl. nach Absterben Bertholds erblich zugefallen, vermuthlich durch Heirath einer Tochter des letztern, s. Sattler Gr. I. S. 87. Neben den von Blankenstein besassen die von Magenheim das Patronatrecht der Kirche mit dem Zehenten und Frohnhof (Pfarrwiddum). Die Oberherrschaft aber scheint als Ausfluß der alten Gaugrafschaft von alten Zeiten her im Besitze von Würtemberg gewesen zu seyn, das mit dem Besitze auch einigen gutsherrlichen Antheil verband, wie ihm denn auch nach Sattler (Gr. I. 71) die Burg gehörte. Im Jahr 1317 verkaufte Degenhard v. Weiler als Vormund seines Bruders, Swiggers v. Blankenstein, an Gr. Eberhard v. W. seine Fischenz zu M. um 40 Pfd. H., und Graf Bürgi v. Hohenberg, ein Enkel Ulrichs von Magenheim, an welchen nach dem Tode seines Großvaters das Patronatrecht gekommen war, verkaufte dieses mit Anderem an Ebendenselben 1321. Einen Beweis von der ehemaligen Würtembergischen| Ober- oder Landes-Herrschaft liefert auch der nachfolgende, noch während der Blankensteinischen Gutsherrschaft getroffene Tausch, womit jene zugleich erloschen seyn mag. Es vertauschte nämlich Graf Eberhard von W. 1369 an Reinhard von Neuhausen gegen dessen halbe Burg Neuhausen auf den Fildern nebst Zugehör:[4] „Hofen, unsere Burg und Dorf und den Hof zu Mülhusen, der zu Hofen gehört, item unser Dorf Effingen, item unser Dorf zu Mühlhusen und unsern Hof zu Visenhusen, und dazu 26 Sch. Rocken Gelt usser unser Stür zu Schmiden und 100 Mg. Holz zu Rembß“ mit allen Rechten, Vogteyen und Gerichten und, wie es weiter heißt, mit den Vestinen zu Hofen und zu Mülhusen, jedoch mit der Bedingung, daß Burg und Dorf Hofen Lehen seyn sollen, und mit Vorbehalt des Kirchensatzes zu Mühlhausen und des Frohnhofes, zu dem der Kirchensatz gehört. Sattler Gr. I. S. 206 und Beyl. 139. Somit waren nun die von Neuhausen im Besitze der Dorfherrschaft von Mühlhausen; 1465 verkaufte dann Graf Ulrich von Würtemberg vollends auch seinen Antheil mit den eigenen Leuten zu M. und Hofen, mit Verleihung der beyden Frühmessen und mit Besetzung und Entsetzung der Heiligenpflege zu St. Veitskirchen, auch Gülten zu Visenhausen an Marx von Neuhausen um 600 fl. Neben den von Neuhausen waren aber immer noch die von Blankenstein vorzugsweise die Gutsherren, bis endlich auch ihr Antheil an Neuhausen kam. Dieß geschah nach dem Tode Albrechts von Blankenstein im Jahr 1471, da dessen Erben Hans Spät von Ehestetten und Wilhelm von Münchingen, den Besitz vollends an Marx von Neuhausen um 7871/2 fl. in Gold verkauften. Indeß hatten schon vorher die von Neuhausen getheilt, und Reinhardt von Neuhausen d. j. schon 1461 seinen Antheil an Caspar und Heinrich von Kaltenthal um 3600 fl.| verkauft. Im Jahr 1509 verkaufte endlich Reinhard von Neuhausen, Jörgen Sohn, auch den übrigen Theil vollends mit dem Kirchensatz, „jus patronatus genannt,“ an Jakob von Kaltenthal um 5100 fl.

Auf die Herrschaft der von Kaltenthal und ihrer Erben folgte die der von Closen. Nachdem Engelbold von Kaltenthal 1582 gestorben, und das Gut von seinen Erben noch eine Zeit lang zusammen gehalten worden war, theilten sich 1592 seine beyden Töchter, Barbara und Kunigunda, darein. Barbara war an Hans Christoph von Nippeburg, und in zweiter Ehe an einem Herrn von Plato, Kunigunde an Georg Wilhelm v. Eyb, und in zweiter Ehe an einen Nothhaft von Wernberg verheirathet. Beyde Theile hatten ihren Sitz in M. Der Erbe der Barbara wurde ihr Sohn Engelbold von Nippenburg zu Schöckingen, die andere Hälfte erbten die Eybischen Töchter, wovon die älteste an Georg Stephan von Closen verheirathet war. Dieser von Closen kaufte nun zu dem Erbtheil seiner Gattin 1630/32, mit Ausnahme von 2 Höfen und der Fischenz, das Ganze zusammen.

Die Brüder Max. Urban und Karl v. Closen verkauften das Gut 1721 an einen Marquis de Beauveau Craon in Luneville. Der Marquis von Craon verkaufte endlich das Gut 1728 an die Familie des gegenwärtigen Besitzers für 120.000 fl. Die oben bemerkten 2 Höfe, oder vielmehr die daraus gehenden Gülten nebst der Fischenz, waren als Würt. Lehen bey der Familie Kaltenthal geblieben, 1691 verkaufte sie Georg Christian Kaltenthal zu Osterzell an J. Gerlach und J. Eberhard v. Varnbüler. Die Käufer sahen sich jedoch genöthigt, den kleinern Hof an die Kaltenthal v. Aldingen zu überlassen. Von diesem Gülthofe und der Fischenz, welche noch jetzt Würt. Lehen sind, haben die v. Varnbüler die oben bemerkten Gefälle. Die Barbara von Plato hatte 1622 mit ihrem Sohne auch ihre Hälfte dem Hause Würtemberg zu Lehen aufgetragen; der Vertrag darüber kam jedoch nicht zu förmlicher Kraft, doch| veranlaßte er bey dem Übergang des Guts an die von Palm Ansprüche von Seiten Würtembergs, die durch einen Vergleich v. J. 1746 beseitigt wurden, wodurch das Gut als freyes Allodium anerkannt, von Palmischer Seite dagegen ein Capital von 4620 fl. bey der Hz. Landschreiberey nachgelassen worden ist. Im Jahr 1806 kehrte endlich M. wieder unter würtembergische Oberherrschaft zurück. Es verdient noch bemerkt zu werden, daß die von Palmische Gutherrschaft sich um den Ort mannigfaltig verdient gemacht hat.

Das Patronat der Kirche, das sich Würtemberg bey dem Tausch i. J. 1369 vorbehalten hatte, wurde mit dem dazu gehörigen Zehenten 1441 von den Grafen Ludwig und Ulrich von Würtemberg dem von ihnen errichteten Stift Oberhofen zu Göppingen geschenkt. Durch die päpstliche Bulle v. J. 1448 wurde die Kirche dem Stift einverleibt. Dieses hatte nun, wie gewöhnlich, statt des Pfarrers einen Vikar oder Plebanus bey der Kirche zu unterhalten, dessen Ernennung ihm bey der Schenkung und Einverleibung überlassen blieb. Da jedoch schon an der St. Veitskirche ein Kaplan oder Frühmesser war, und ein zweyter auch bey der Pfarrkirche angestellt gewesen zu seyn scheint: so mag die Bestellung eines besondern Pfarrgeistlichen von Seiten des Stifts unterblieben und es daher gekommen seyn, daß das Patronatrecht in die Hände der Gutsherren kam, nachdem, wie oben gezeigt ist, der Graf Ulrich von Würtemberg das Patronat der beyden Frühmessen 1466 an Marx von Neuhausen verkauft hatte. Ausser dem Stift zu Göppingen hatten ehemals auch die Klöster Lorch und Bebenhausen Theil an dem Zehenten, jenes in einem eigenen an den Freyberg stoßenden Zehentdistrikte, das Mönchsfeld genannt, dieses in dem Distrikte Viesenhausen. Über den Freyberg und dessen Verhältnisse s. Münster.

Das Schafweiderecht, das die Gemeinde besitzt, entwickelte sich unter ganz eigenthümlichen Verhältnissen, die jedoch hier nicht näher aus einander gesetzt werden können. Durch die Kaltenthalische Herrschaft, welche die Schafweide| zuerst eingeführt und faktisch ausgeübt zu haben scheint, wurde die Schafweide zu dem Gut Aldingen gezogen, und es bildete sich dadurch ein Weide- und Übertriebs-Recht der Kaltenthalischen Herrschaft Aldingen und ihrer Unterthanen daselbst, das nachher, als der Werth des Rechts mehr erkannt wurde, die Mühlhäuser zu vielen Klagen veranlaßte, die 1582 einen Vergleich herbeyführten, wodurch den Mühlhäusern das Weiderecht auf 275 Stück Schafe eingeräumt wurde, an welchem Recht die Herrschaft mit 40 St. und 28 Pförchnächten Theil nahm.

Wie andere Orte, so wurde auch Mühlhausen im dreißigjährigen Kriege hart mitgenommen, auch nachher 1675, 1688 und 1697 hatte es manches Kriegsungemach zu ertragen, und 1707 wurde es gänzlich geplündert und verwüstet. Mehrere Einwohner starben an den Folgen von Mißhandlangen. – Von Mühlhausen gebürtig war Dr. Baltasar Stump, nicht Stumpf, Kais. Rath und Kanzler von Ober-Elsaß; er starb den 16. Okt. 1588, sein Grabmal befindet sich in der Pfarrkirche.

b. Viesenhausen,
ein aus 3 Familien bestehender Hof oder Weiler am Mussenbach, gem. der Viesenhäuser Hof genannt, Filial von Mühlhausen. Es bildet einen eigenen Zehent-Distrikt, den großen und den Weinzehenten hat der Staat, den kleinen und den Heuzehenten die Pfarrey Kornwestheim zu beziehen. Die Güter sind Erblehen, und entrichten an die Gutsherrschaft eine (unter den obigen Grundlasten begriffene) Gült von 15 Sch. 7 Sim. Roggen, 15 Sch. Dinkel und 16 Sch. 4 Sim. Haber, sodann 56 fl. Dienstgelder. Der Ort ist ein Bestandtheil des Ritterguts Mühlhausen und war von alten Zeiten her mit letzterem Orte verbunden, scheint aber ehemals in die Pfarrey Kornwestheim gehört zu haben. Theils mit dieser Pfarrey, theils nachher war auch der Zehent 1276 und 1281 an das Kloster Bebenhausen gekommen, s. Zatzenhausen. Der Viesenhäuser Zehent Distrikt| umfaßt 478 Mg. Feld, obgleich zu dem Hof nur ungefähr 154 Mg. gehören. Viesenhausen scheint schon in ältern Zeiten ein Weiler gewesen zu seyn, wie man wenigstens aus der Art, in der es mit andern benachbarten Orten schon frühzeitig als ein zum Glemsgau gehöriger Ort aufgeführt wird, schließen muß, s. Zatzenhausen. In ältern Schriften ist der Name auch Vischenhausen geschrieben, und er könnte vielleicht von einer Vischenz, die sich dort befunden hatte, herrühren.
  1. Auch eine Kapsel wurde gefunden, worin 2 Paar silberne Schnallen, Holz vom Kreuze Christi, Gebeine des h. Georgs, und eine pergamentene Urkunde lagen, wonach die Kirche am 16 März 1390 (vermuthlich nach einer neuen Erbauung) von dem Bischof Burkhard geweiht worden ist. Ein Camerarius von Mühlhausen kommt schon 1280 vor.
  2. Es geschah hauptsächlich von Herzog Christoph: 1561 befahl er, daß die inländischen Fuhrleute, die über Mühlhausen fahren, eingesperrt, die ausländischen niedergeworfen, ihnen die Pferde weggenommen und die Wagen zerschlagen werden sollen. Vorher hatte Karl V. Mühlhausen ein Weggelds-Privilegium gegeben, „weil die Fuhrleute auf der Prag fast stecken bleiben.“
  3. In einer Urkunde d. d. Winnenden Sonntag vor St. Johann 1397 nennt sich ein jüngerer Reinhart von Mühlhhausen „des alten Schultheißen Sun von Mühlhusen,“ und den Stifter der Veitskapelle seinen Oheim – „der gar ersam und wise, min lieber Oheim Renhard v. Mühlhusen, Burger zu Prage.“ Vermuthlich stammt die Mühlhauser Familie Reinhardt, Renhardt aus dem Geschlecht ab.
  4. Wir glauben hier die Bemerkung wiederholen zu müssen, daß in den alten Verkaufs-Urkunden unter „Dorf“ gemeiniglich nur die Obrigkeit, die Dorfherrschaft, nicht aber die Gutsherrschaft zu verstehen ist.
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