« Kapitel B 22 Beschreibung des Oberamts Calw Kapitel B 24 »
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Neu-Bulach,
Gemeinde III. Kl. mit Ölmühle, 742 Einw., worunter 9 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Dätzingen, O.A. Böblingen, eingepfarrt.


Die kleine Stadt Neu-Bulach [1] liegt 2 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt unter 26° 21′ 35,87″ östlicher Länge und 48° 39′ 41,28″ nördlicher Breite (Stadtkirchenthurm); ihre Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der Erdfläche des Kirchthurms 2048,7 württ. Fuß = 1806,8 Par. Fuß. Der Ort hat auf der Hochfläche zwischen den Thälern des Dürrbachs, der Teinach, der Nagold und des Ziegelbachs eine freie, hohe Lage, die eine reizende, weit gedehnte Aussicht über den Schwarzwald und einen großen Theil der Alp (von dem Dreifaltigkeitsberg bis zur Teck) erlaubt. Die Anlage des mit 30–35′ hohen Mauern umgebenen Orts ist unregelmäßig, etwas uneben und beinahe kreisrund; der ehemalige Stadtgraben, über den zu den Thoren Zugbrücken führten, ist größtentheils eingeebnet und nur noch stellenweise sichtbar. Von den mit Thürmen versehenen Thoren ist das Wildberger Thor an der Südseite der Stadt im J. 1817 abgebrochen worden, während sich das an der Westseite stehende Calwer Thor noch erhalten hat; der Thurm desselben dient gegenwärtig als Ortsgefängniß. Überdieß steht noch an der nordwestlichen Ecke der Stadt der sogen. Diebsthurm, ein runder Thurm, der nur zu 3/4 geschlossen und gegen das Innere der Stadt offen ist; von demselben konnte man früher auf die mit einem Umlauf versehene Stadtmauer gelangen. Zunächst an dem Diebsthurm ist an der Stadtmauer ein kleines Thor angebracht, das nur von Fußgängern benützt wird.

Die im Allgemeinen nicht sehr gedrängt gebaute Stadt trägt noch einen ächt alterthümlichen Charakter, und obgleich dieselbe am 21. Juni 1505 bis auf ein Haus abbrannte, so sieht man doch an manchen Gebäuden die Unterstöcke aus Buckelsteinen erbaut und mit spitzbögigen Eingängen versehen, welche noch aus Perioden vor dem Brande herrühren. An den Gebäuden befinden sich nicht selten Jahreszahlen | von dem Anfang des 16. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Außerhalb der Stadtmauren stehen nur einzelne Gebäude aus neuerer Zeit.

Die unregelmäßig angelegten Ortsstraßen sind nicht besonders breit und größtentheils gepflastert. Es sind 3 öffentliche Plätze vorhanden: 1) der beinahe in der Mitte der Stadt gelegene Marktplatz, auf dem das Rathhaus steht; 2) der Kirchplatz vor der Pfarrkirche im südlichen Theil des Orts und 3) der Brunnenplatz am südwestlichen Orts-Ende.

Eine besondere Zierde sind mehrere schönwüchsige Linden, die an freundlichen Punkten außerhalb der Stadtmauern stehen.

Von öffentlichen Gebäuden sind zu nennen: 1) die Pfarrkirche, welche im Jahr 1683 wegen Baufälligkeit mit bedeutendem Kostenaufwand verbessert werden mußte; bei dieser Veranlassung hat ohne Zweifel das Langhaus seinen ursprünglich germanischen Styl verloren, von dem sich nur noch der spitzbogige mit reichen Ornamenten geschmückte Doppeleingang an der westlichen Giebelseite erhalten hat. Auch der Chor ist in germanischem Geschmack gehalten und mit schönen Strebepfeilern versehen, auf deren Spitzen Giebelblumen angebracht sind und die überdieß in den untern Theilen Halbfialen mit doppelten Giebelblumen darstellen. An der nördlichen Seite des Chors erhebt sich der viereckigte, etwa 50′ hohe Thurm, der weit älter als die Kirche ist und dessen ursprünglicher rundbogiger Eingang sich 20′ über der Erdfläche befindet. Auf demselben hängen 3 Glocken, von denen die größte 1438 und die mittlere 1735 gegossen wurde; die kleinste hat eine sehr alte unleserliche Umschrift.

Das Innere des Langhauses ist geschmacklos, während den Chor ein schönes Kreuzgewölbe deckt, dessen scharfe Gurten von Consolen ausgehen, die Fratzengesichter und einen Engel vorstellen. Die beiden Gewölbeschlußsteine enthalten die Symbole der Evangelisten Johannes und Lukas. In dem Chor befindet sich auch eine im germanischen Geschmack schön gearbeitete Wandnische, in der ohne Zweifel früher ein Gemälde oder ein Schnitzwerk aufgestellt war. Die Kirche enthält mehrere Grabdenkmale der Familie Grückler, namentlich eines Pfarrherrn Grückler, der 46 Jahre Pfarrer in Neu-Bulach war und 1570 starb. An den Unterhaltungskosten der Kirche haben die Gemeindepflege Neu-Bulach 2/5, die Stiftungspflege Neu-Bulach 1/5 und die Filialorte 2/5 zu tragen: der Neubau der Kirche soll dem Staat obliegen.

Der schön angelegte, mit einer Mauer umfriedigte Begräbnißplatz, | auf dem auch die Verstorbenen von Liebelsberg beerdigt werden, liegt außerhalb (nordwestlich) des Orts.

2) Das Pfarrhaus, ein gut unterhaltenes, geräumiges Gebäude, bildet mit seinen 3 Gärten, Hofraum und dem Öconomie-Gebäude einen angenehmen, wohlgeschlossenen Pfarrhof, von dem man eine reizende Aussicht an die Alp genießt. Die Unterhaltung desselben hat der Staat zu besorgen.

3) Im Jahr 1830 hat die Gemeinde das ehemalige ansehnliche Amthaus um 1800 fl. erkauft und zur Schule eingerichtet; dasselbe steht auf dem Marktplatz und enthält neben 2 geräumigen Lehrzimmern die Wohngelasse des Schulmeisters und des Lehrgehilfen.

4) Das Rathhaus, ein altes, übrigens noch gut erhaltenes Gebäude, das vermuthlich nach einer auf dem Ofen in dem Rathszimmer angebrachten Jahreszahl 1604 erbaut wurde. Auf demselben befinden sich 3 alte, gut ausgeführte Glasgemälde: Christus am Kreuze, die Mutter Gottes mit dem Jesuskinde und eine Heilige darstellend.

5) Ein Gemeindewaschhaus steht auf dem Brunnenplatz.

6) Die außerhalb (südlich) des Orts gelegene, massiv erbaute Zehentscheuer, welche die Gemeinde im Jahr 1855 um 625 fl. von dem Staat erkaufte.

An dem nördlichen Ende des Orts stand die Burg, von der noch die Mauern um den Burghof und der zu demselben führende spitzbogige Eingang vorhanden sind; innerhalb des Burghofes steht gegenwärtig ein Bauernhaus und eine Scheune. Um dieselbe lief ein tiefer Graben, der theilweise noch sichtbar ist. Sie war es, mit welcher der Reformator Johannes Brenz († 1570) am 5. Mai 1562 von Herzog Christoph belehnt wurde und wo ersterer alljährig einige Sommerwochen zubrachte, auch mehrere seiner spätern Schriften, wie die Jülicher Kirchenordnung ausarbeitete (Hartmann und Jäger, Brenz 2, 498)[2].

Zwischen der Kirche und dem Pfarrhaus steht das sogen. Storchennest, welches ebenfalls ein Schlößchen gewesen sein soll und noch Reste von Mauern, eine spitzbogige Thüre etc. zeigt.

| Mittelgutes, zuweilen schlechtes Wasser erhält der Ort aus einem laufenden Brunnen, einem Ziehbrunnen und 2 Pumpbrunnen, die übrigens in trockenen Jahrgängen so sehr nachlassen, daß die Einwohner genöthigt sind, einen Theil ihres Wasserbedarfs an den außerhalb des Orts gelegenen Brunnen, wie an dem nahen Badstubebrunnen, an dem 1/8 Stunde südlich vom Ort gelegenen Wenzlerbrunnen und an dem 1/4 Stunde nördlich der Stadt gelegenen Steinbrunnen, zu holen. Der Marktbrunnen soll früher viel wasserreicher gewesen, und erst in Folge des in der Nähe der Stadt ehemals betriebenen Bergbaues theilweise abgegraben worden sein. Der Ort hatte ein eigenes Bad (s. unt.), das in der Badgasse stand und gegenwärtig dem Bürger Johannes Braun gehört. Periodisch fließende Quellen sind auf dem Schlipf, in den Wöllhäusern und bei dem Kreuzstein vorhanden. Unweit des Orts bestehen 3 Weiher.

Die im Allgemeinen körperlich nicht besonders ansehnlichen Einwohner sind gutmüthig, sehr fleißig und kirchlich gesinnt; ihre Erwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht und einiges Gewerbe, welches sich hauptsächlich auf die nöthigen Handwerker beschränkt, von denen nur einige Schuhmacher auch nach Außen arbeiten. Es bestehen 4 Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, eine Handlung und 2 Krämer. Die öconomischen Verhältnisse der Einwohner sind mittelmäßig, zum Theil gering; der vermöglichste Bürger besitzt 50 Morgen Felder und 15 Morgen Waldungen, während der Grundbesitz des sogen. Mittelmanns zu 12–15 Morg. und der Unbemittelteren zu 1/2 bis 2 Morg. Felder angegeben wird. Die Unbemittelten suchen sich ihr Auskommen durch Taglohnarbeiten und Holzmachen zu sichern, während weibliche Personen und Kinder einen spärlichen Verdienst durch Stricken und Spinnen finden.

Die nicht große Markung hat mit Ausnahme der bewaldeten Gehänge gegen die Thäler eine ziemlich ebene Lage und im Allgemeinen einen mittelfruchtbaren Boden, der theils gelbthonig (Verwitterung des Wellenmergels), theils roththonig (Verwitterung des rothen Schieferlettens) und theils leicht rothsandig (Verwitterung des bunten Sandsteins) genannt werden darf. Von den Feldgütern, die meist zu 1/2 bis 1 Morgen vertheilt sind, liegen die ergiebigsten auf der sogen. Breite, in Schachtäcker, in Wöllhäuser, obern Stelzen etc.

Die Luft ist gesund und rein, übrigens häufig bewegt und Frühlingsfröste schaden zuweilen dem Obst, dagegen kommt Hagelschlag sehr selten vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Flanderpflug und Walze) gut betrieben und dem Boden durch | reichliche Düngung, zu der man außer dem gewöhnlichen Stalldünger, hauptsächlich die Jauche, etwas Compost und Gyps benützt, kräftig nachgeholfen.

Unter Einhaltung der Dreifelderwirthschaft baut man Dinkel, Hafer, Gerste, etwas Roggen und in der zu 3/4 angeblümten Brache vorzugsweise Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Kraut, Kohlraben, Rüben, Angersen etc. Von den Handelsgewächsen zieht man ziemlich viel Hanf, etwas Flachs, wenig Reps und Mohn. Bei einer Aussaat von 8 Sri. Dinkel, 4–5 Sri. Hafer, 3–4 Sri. Gerste, wird 8–10 Schfl. Dinkel, 6–8 Schfl. Hafer und 5–6 Schfl. Gerste per Morgen geerntet; übrigens reicht das Getreideerzeugniß kaum für das Bedürfniß der Einwohner. Die Güterpreise bewegen sich bei den Äckern und Wiesen von 100–400 fl. per Morgen.

Der ausgedehnte Wiesenbau erzeugt vortreffliches, nahrhaftes Futter und begünstigt einen guten Rindviehstand; die Wiesen können nicht bewässert werden und ertragen durchschnittlich 20–30 Centner Heu und 10–15 Centner Öhmd.

In ziemlich großer Ausdehnung wird die Obstzucht gepflegt, welche in günstigen Jahren einen Verkauf, besonders an Zwetschgen, nach Außen zuläßt; überdieß zieht man meist für den eigenen Bedarf späte Mostsorten, wie Luiken, Zipperlesäpfel, Goldparmaine, Knausbirnen, Wolfsbirnen etc. Die Jungstämme werden von Ober-Kollbach bezogen.

Der auf der Markung vorkommende Flurnamen „Weingärten“ deutet auf früheren Weinbau in dieser Gegend.

Der aus Allgäuer- und Landrace bestehende Rindviehstand wird durch 2 Landfarren, welche von der Gemeinde angeschafft und von einem Bürger gegen die Nutznießung von 3 Morgen Wiesen verpflegt werden, nachgezüchtet. Der Handel mit Vieh und der Verkauf an Butter ist nicht unbeträchtlich.

Ein Ortsschäfer hat gegen 55 fl. jährlich die Schafweide, auf der er gegen 200 Stücke, meist Bastarde, laufen läßt, gepachtet; die Schafe sind mit wenigen Ausnahmen Eigenthum des Schäfers, der die Wolle nach Calw und in die Umgegend absetzt. Die Pferchnutzung trägt der Gemeinde etwa 60 fl. jährlich ein.

Die nicht unbedeutende Schweinezucht läßt einen Verkauf an Ferkeln und Mastschweinen nach Außen zu.

Unfern des Orts ist ein Steinbruch in dem bunten Sandstein angelegt, aus dem gute, in der ganzen Umgegend gesuchte Platten gewonnen werden. Die aus den Schächten des ehemaligen Bergwerks ausgegrabenen Gebirgsarten (Kieselsandstein, Quarz und Schwerspath) | werden zu Straßenmaterial nicht nur auf der Ortsmarkung, sondern auch auf angrenzenden Markungen benützt.

Vicinalstraßen sind nach Calw, Liebelsberg, Alt-Bulach und Ober-Haugstett angelegt.

Die Gemeinde ist im Besitz von 524 Morgen Nadelwaldungen deren jährlicher Ertrag in etwa 152 Klaftern und 10.000 St. Wellen bestehend, theils verkauft, theils zu Gemeindezwecken verwendet wird. Überdieß hat die Gemeinde ein Kapitalvermögen von 7400 fl., dagegen auch noch 5000 fl. Schulden. Die Stiftungspflege besitzt 11.000 fl. Kapitalien, deren Zinse größtentheils für Unbemittelte, zu Brod, Mehl, Bücher etc. verwendet werden; übrigens s. unten den Gemeinde- und Stiftungshaushalt Tab. III.

Als Stadt hat der Ort das Recht, alljährlich am 25. April einen Vieh- und Krämermarkt und am 11. Oktober einen Flachs-, Vieh- und Krämermarkt abzuhalten.

Bulach verdankt ohne Zweifel seine Entstehung, jedenfalls aber seine Gründung als Stadt, dem Bergbau, der früher daselbst auf edle Metalle betrieben wurde (vgl. im allgemeinen Theil unter „Urproduktion“ die Geschichte des Bergbaues etc.).

In dem Ziegelbachthale, 1/4 Stunde südöstlich vom Städtchen, zeigen sich noch 2 eingestürzte Stollen, wovon der eine, der Wilhelmsstollen, erst im J. 1820 von einer Gesellschaft neu aufgenommen, nach kurzer Zeit aber als nicht lohnend wieder eingestellt wurde. Auch unterhalb des Orts ließ dieselbe Gesellschaft in den Jahren 1820 und 1823 2 Schächte anlegen, um dem Stollen oder vielmehr dem Gang entgegen zu kommen, jedoch ebenfalls ohne entsprechenden Erfolg. Zunächst der Stadt und in der Richtung gegen Liebelsberg sieht man noch viele verfallene Schächte und eine Menge losgebrochener Gangmassen, z. B. Kieselsandstein mit Kupferlasur angeflogen, Quarz- und Schwerspathkrystalle, Rauchtopase, Handstücke mit Kupfer etc. liegen hier in unzähligen Bruchstücken zu Tage und liefert dem Mineralogen reiche Ausbeute.

Der Gang, in welchem der Bergbau sowohl mittelst Stollen als Schächten getrieben wurde, streicht von dem Ziegelbachthal in nordwestlicher Richtung bis gegen Liebelsberg und besteht hauptsächlich aus Schwerspaht, in welchem Kupfer und Silber eingesprengt ist. Den nächsten Begleiter des Ganges bildet der Kieselsandstein, welcher sich einerseits an den Gang selbst, anderseits an den eigentlichen bunten Sandstein anschließt.

Etwa 1/4 Stunde südlich vom Ort bildet der Ziegelbach einen gerade nicht grotesken, jedoch sehr malerischen Wasserfall.

| Ein südlich der Stadt entdecktes 12′ breites Straßenpflaster ist vermuthlich ein Fragment der von Alt-Bulach gegen Ober-Haugstett angezeigten Römerstraße.

Einige hundert Schritte südwestlich von der Stadt fand man auf der sogen. Badstubenwiese, wo sich ein gut gefaßter alter Brunnen befindet, Reste von Grundmauern, und bei einer kleinen Nachgrabung an dieser Stelle eine Menge Bruchstücke von früh mittelalterlichen Gefässen, Hohlziegeln, Mauersteinen etc., welche hinlänglich beweisen, daß hier ein Gebäude stand. An diese Stelle grenzt die Flur „Wöllhäuser“, wo ein Ort gestanden sein soll, zu dem ohne Zweifel auch obiges Gebäude gehörte.

In der Nähe des Orts stehen mehrere steinerne Kreuze und zwar südlich der Stadt eine aus 5 Kreuzen bestehende Gruppe, auf 2 derselben sind Pflugscharen, auf dem 3. eine Zange und Hammer, und auf dem 4. eine Schippe abgebildet; das 5. enthält unkenntliche Zeichen. An der Straße von Neu-Bulach nach Ober-Haugstett steht unfern der sogen. Badstubenwiese ein steinernes Kreuz, die Spinnerin genannt, auf dem eine Kunkel mit Spindel angebracht ist; nach der Sage soll hier eine Spinnerin geäußert haben, „heute müsse sie noch einen Kunkelhalter haben und wenn es auch der Teufel wäre“, worauf sie der Teufel geholt habe. Beinahe dieselbe Sage knüpft sich an ein ähnliches Kreuz bei Zavelstein (s. die Ortsbeschreibung von Zavelstein). Etwa 200 Schritte von dieser Stelle an dem Weg von Neu-Bulach nach Schönbronn steht ein weiteres Kreuz, das eine Haue enthält. Nordöstlich vom Ort befindet sich ein Kreuz mit einer Pflugschar, und nördlich eines mit einer Zimmeraxt und zwei Schuhen.

Etwa 1/8 Stunde südöstlich vom Ort gegen das Seitzenthal hin sieht man einen theilweise mit Gemäuer umfriedigten Raum, der Judenkirchhof genannt, und im Ort selbst besteht eine Judengasse.

Die auf der Markung befindliche Ölmühle liegt 1/4 Stunde südöstlich vom Ort in dem Seizenthale; sie gehörte als Mahlmühle bis 1834 der Gemeinde Neu-Bulach und ist jetzt Eigenthum des Verwaltungs-Actuars Locher und gegenwärtig unbewohnt.

Neu-Bulach[3] hieß und zwar noch bis in dieses Jahrhundert hinein weit öfters schlechtweg „Bulach“ oder „Bulach die Stadt“; in den Staatshandbüchern wird es erstmals in dem auf 1799 Neu-Bulach genannt. In bestimmter Unterscheidung von Alt-Bulach | (s. d.) tritt es erst mit dem 14. Jahrhundert auf, doch so, daß seine Gründung weit älter sein mußte, weil es schon am 9. Nov. 1300 in einer Urkunde des Kl. Reuthin als Stadt (civitas) vorkommt,
Wappen der Stadt Neu-Bulach.
Wappen der Stadt Neu-Bulach.
und zwar bereits mit dem Reichsadler als Wappen, welcher auf ursprüngliche Reichsunmittelbarkeit hinweist[4].

Es war in früher Zeit an die Grafen von Hohenberg gekommen (s. allg. Theil). Wie bei der Geschichte des Bergbaus erwähnt, belehnte K. Ludwig den 24. November 1322 den Grafen Burkhard von Hohenberg mit dem Berge Bulach. Mit den übrigen gräflich hohenbergischen Besitzungen in diesem Bezirk wurde es 1364 rheinpfälzisch. Als im Jahr 1400 der rheinische Pfalzgraf Churfürst Ruprecht, welchen eine ganz ungeschichtliche Sage in dieser Stadt selbst von seiner Erwählung zum römischen Könige die erste Kunde erhalten läßt, während er doch an dem Wahlorte Rense am Rhein selbst anwesend war, als er an’s Reich kam, fiel auf die pfälzischen Hausgüter ein Abglanz der höchsten Würde ihrer Besitzer. K. Ruprecht ertheilte an Bulach den 7. Juli 1405 von Heidelberg aus, „wegen der getreuen Dienste, welche die Stadt seinen Altvordern und ihm allezeit bewiesen“, auch „weil sie fast verarmt und verderblich worden sei“, damit sie sich desto besser erholen könne, auf zehn Jahre die Freiheit, daß sie mit keinen neuen Steuern belegt werde, daß sie unter Beirath seines obersten Amtmanns in Bulach und nach ihren Bestimmungen Bürger für eine jährliche Abgabe annehmen, auch solche wieder ziehen lassen, ferner daß sie fremde Habe ein- und wieder abführen lassen dürfe.“ Sein Sohn Pfalzgraf Otto zu Mosbach aber freite den 8. Aug. 1417 „Bürgermeister und Bürger, die in der rechten Ringmauer der Stadt gesessen sein“, für immer von „ungewöhnlichen Steuern und Schatzungen“ ausgenommen die herkömmlichen „Beden, Zinsen und Gülten“ und erlaubte ihnen mit Rath, Willen und Wissen seiner Amtleute nach Nothdurft und zeitlichem Vermögen zu bauen, wozu er ihnen, so oft es nöthig sei, Baumeister zu geben versprach. Am 10. Aug. 1440 wurde Bulach württembergisch durch Verkauf des obigen Pfalzgrafen Otto (Stälin Wirt. Gesch. 3, 456) und so bestätigte der Stadt der Graf Ulrich von Württemberg den 14. April 1449 ihren Freiheitsbrief.

| Die „rechte jährliche und unabläßige“ Steuer der Stadt betrug nach dem Lagerbuch von 1524 auf Georgii 30 Pfd. Heller und auf Martini eben so viel. Vom Umgeld, je der dreizehnten Maas des vom Zapfen geschenkten Weins erhielt die Stadt die eine, die Herrschaft die andere Hälfte, den großen und kleinen und den Lugen-Frevel aber bezog die Herrschaft allein, das „kleine Unrecht“ von 3 Schillingen gehörte als „Beinutzung“ dem Vogte. Denn obgleich Bulach unter württembergischer Herrschaft dem Amte Wildberg zugetheilt war, so hatte es doch seinen eigenen Vogt – oder später, noch bis in neuere Zeit, Amtmann mit niedergerichtlicher Jurisdiction – und wie es schon in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts auf den württembergischen Landtagen mit seinen Abgeordneten auftritt, so behielt es das Recht, einen solchen ebendahin zu schicken bis zum Aufhören der alten Verfassung im Jahr 1805. Die politische Selbstständigkeit, welcher sich die Stadt erfreute, gab Anlaß zu dem Sprichworte: „für mich wie Bulach.“

Die hiesige Vogtswürde begleitete im 13. Jahrhundert die Familie Löth (auch Luth). Bertholdus advocatus in Bulach dictus Lovthe erkaufte den 3. Mai 1277 Hof, Güter und Leute in Pfrondorf von dem Kloster Hirschau; dagegen veräußerte er im Jahr 1297 an das Kloster Reuthin die Hälfte der Burg und des Dorfes Schwandorf. In gräflich hohenbergischen Urkunden der 1280r und 1290r Jahre kommt er öfters vor. Ihm folgte als Vogt sein Sohn Friedrich. Nach dieser Familie erscheint allhier mächtig und in fast erblichem Besitz der Vogtswürde die Familie Grückler (auch Crückler geschrieben). Eines der ältesten bekannten Glieder derselben, Heinrich G., Vogt zu Bulach, kommt vor im Jahr 1383 in einer Kl. Reuthiner Urkunde. Cunz Crückler und Wolf Ewelshard, beide Bürger von Bulach, erhielten den 7. Nov. 1406 von K. Ruprecht den Berg zu Waldeck verliehen, um ein Bergwerk daselbst zu machen.

Ihr Recht holte die Stadt vorzüglich in Tübingen (Schmid Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 246). Neben dem Stadtgericht zu Bulach bestand noch im 15. Jahrhundert ein Kirchspielgericht allhier und zu Effringen; auf diesem, welches auf Erfordern der Waldvogt zu Wildberg mit Hilfe des Vogts von Bulach besetzte, pflegten die von Bulach, Ober-Haugstett, Liebelsberg, Effringen, Schönbronn Recht zu holen (Reyscher Stat. Rechte 565). Nicht lange, nachdem Bulach an Württemberg gekommen war, führten im Jahr 1470 beim Stuttgarter Stadtgericht die Orte Altbulach und Oberhaugstett Klage wider diese Stadt, weil sie an einigen Gütern in ihren Zwingen und Bännen Steuern einzog. Da aber der Schultheiß und die Richter | der Stadt eidlich bezeugten. daß sie dieses Besteurungsrecht schon zu den Zeiten des Pfalzgrafen Otto gehabt hätten, wurden die Kläger abgewiesen (Reyscher 566).

Eine Badstube, Brodlaube und Metzig zu Bulach kommen schon 1359 vor, wo Anna von Brauneck, die Gattin des Grafen Burkhard von Hohenberg, dem Kl. Reuthin 3 Pfd. Heller Einkünfte daraus schenkte. Nach einem Beschluß des Vogts und Gerichts in Bulach vom J. 1491 mußte jeder Bäcker, der Brod backte, jährlich 4 Pfd. Heller zahlen und nach dem Lagerbuch von 1524 bezog die Herrschaft alle Jahr an Martini von jeder Bank der Metzger und Bäcker einige Schilling Bankzins und von den Bäckern überdieß 1 Pfd. Heller Backstubenzins (Reyscher 571).

Bulach war ursprünglich mit mehreren andern Kirchen Filial von Effringen. Den 3. Mai 1277 und 1. Aug. 1281 kommt vor als Zeuge Hermann der Vicepleban in Bulach (zugleich mit ihm Conradus et Nicolaus sacerdotes in B.).

Besitzer der Mutterkirche und der reichen Zugehörungen war aber das Benediktinerkloster Stein am Rhein, welches ursprünglich auf Hohentwiel gegründet war und wahrscheinlich aus den Mitteln oder durch Veranstaltung des Stifters Herzog Burkhard II. von Alemannien † 973 und seiner Gemahlin der berühmten Hedwig † 994, jedenfalls vor 1005 (Wirt. Urk.-Buch 1, 241) mit dem Besitz in und um Effringen bewidemt war; von diesem Kloster Stein erkaufte Konrad Grüggler in Bulach den 20. Juni 1379 für 645 Pfund Heller den Meierhof in Effringen mit dem Patronatsrecht über die dortige Kirche und deren Tochterkirche Bulach, an welcher bereits 1366 ein Rudolf Grückler als rector ecclesiae vorkommt. Dieß ist die Entstehung der sehr reichen Grückler’schen Erbpfarrei (Cleß 2 b, 475 und 384). Nach einer Reihenfolge mehrerer Kirchherren aus dieser Familie erhielt Bernhard Grückler im J. 1466 von P. Paul II. das auf dem Meierhof zu Effringen ruhende Präsentationsrecht bestätigt. Die Kirchherren aus der Grückler’schen Familie, welche die Pfarrei Bulach und Effringen häufig selbst versahen, gaben ihren Pfarrangehörigen bald Veranlassung zur Unzufriedenheit, da sie ihren Sitz in Wildberg nahmen und von da aus ihre Kirche saumselig versahen. Auf Klagen hierüber entschieden der Johanniter Comthur zu Räxingen, der Vogt von Wildberg, der Decan zu Herrenberg u. m. a. am 2. Febr. 1423: Pfaff Konrad Grückler, Kirchherr zu Bulach, möge noch bis Sommerjohannis 1424 in Wildberg sitzen. Wohne er aber hier oder in Effringen, an welchem letzteren Orte er einen beständigen Sitz haben könne, so solle er in Bulach einen | Pfarrer und einen Helfer halten, dahin jede Woche auf einen oder zwei Tage kommen und die Kirche zu Altbulach nach altem Herkommen versehen helfen. Wenn er zu Bulach sitze, so solle er einen Helfer halten bei Versehung der Kirche zu Bulach der Stadt und zu Altenbulach und nur so lange dessen enthoben sein, als sein Vetter Künzlin Grückler Kastvogt der Kirche lebe, welchem er 24 Malter Korn als Leibgeding zu geben habe. Streitigkeiten, welche späterhin zwischen dem Kirchherrn Konrad Grückler und der Stadt Bulach in Betreff der Kirche, Kaplanei und Pfründen zu Bulach, Altbulach, Breitenberg und Effringen, „welche in und unter den Kirchherrn und die Kirche zu Bulach gehörten“, entstanden, vermittelte am 19. Oct. 1443 ein neuer Schiedsbrief des Probsts und einiger Chorherren von Sindelfingen. Konrad und seine Nachkommen sollten in Effringen beständig einen Pfarrer halten, welcher hier sitzen und die Pfründe nach altem Herkommen genießen soll; für Altbulach aber sollten sie einen „Miethling“ haben, der, weil „eine Leichlege“ hier sei, jeden Sonntag hinzugehen, das Weihwasser zu segnen und Messe zu lesen hätte; für die Kapelle in Breitenberg einen hier ansäßigen Kaplan. Das Verleihungsrecht der Pfründen sollte Eigenthum der Familie bleiben. Die Heiligenpfleger in Bulach und Effringen sollten von den Gerichten daselbst gesetzt werden, aber nicht nur vor Amtmann und Gericht, sondern auch vor dem Kirchherrn Rechnung ablegen. – Die Grückler besaßen fortwährend diese Pfründen; erst nach der Reformation, am 26. Aug. 1539, übergab Gallus Gr. dem Herzog Ulrich, weil wegen des gemeinsamen Besitzes der Zehnten sich häufig „verdrießliche und kostspielige Irrungen“ ereigneten; den ganzen Zehnten dem Herzog, ausgenommen den kleinen und Heuzehnten in Bulach und Effringen, für ein Leibgeding von 32 fl., 20 Malter Roggen, 60 Malter Dinkel, 30 Malter Haber, 4 Fuder Stroh und 4 Eimer Wein. Wenn er die beiden Pfarren wegen Leibesblödigkeit oder Krankheit nicht mehr versehen könne, sollte er einen andern tauglichen evangelischen Prädikanten dahin verordnen und besolden, nach seinem Tode aber die Ernennung und die mit gebührlicher Competenz zu versehende Besoldung des Pfarrers an die Regierung fallen; doch unter der Bedingung, daß dieselbe, so oft bei deren Erledigung eine hiezu geschickte Person grücklerischen Geschlechts vorhanden sei, dieser die Stelle ertheile. Am 24. Jan. 1549 verzichtete dann auch Bernhard Grückler, Bürger zu Gernspach als ältester Collator der Familie für sich und seine Nachkommen für 125 fl. gegen Herzog Ulrich auf den großen und kleinen Zehnten zu Bulach und Effringen, auf den Kirchensatz und die Verleihung | der Kaplaneien in beiden Orten, auch der Pfarrei in Breitenberg. Wenn nun gleich hiedurch das eigentliche Familienpatronat aufgehoben wurde, so folgten doch der früher von Herzog Ulrich gegebenen Versicherung gemäß immer nur Verwandte vom Grücklerischen Mannsstamm, bis er mit M. Michael Friedrich Grückler im Jahr 1790 ausstarb, und nur von 1571–73 und von 1609–13 in Ermanglung von Grücklern wurde die Pfarrei durch Fremde verwaltet.

Dem hiesigen Stadtpfarrer war von 1562 bis 1815 ein Diaconus beigegeben; letzterer hatte mit dem Diaconus zu Wildberg die Pfarrei Effringen zu versehen und zu Schönbronn gewisse Cultus zu halten.

Von fremden Klöstern war namentlich Reuthin allda begütert; solches erhielt den 27. Sept. 1285 von dem Grafen Burkhard von Hohenberg dessen Hof geschenkt.

An hiesiger Schule kommt schon im Jahr 1281 ein Johannes rector parvulorum vor (d. i. ein deutscher Schulmeister. Mone Zeitschr. 2, 131).

Im Jahr 1572 starben 34 Personen an einer pestartigen Seuche. Wie empfindlich der 30jährige Krieg auch dieser Stadt schadete, ist daraus ersichtlich, daß die Pfarrei im Jahr 1622 1080 Menschen zählte, im Jahr 1639 nur noch 534. Nach der Nördlinger Schlacht raubten und brandschatzten die Baiern. In den Jahren 1692 und 1693 wurde die Stadt von den Franzosen gänzlich ausgeplündert.


  1. Ansicht bei Zeiller Topographia Suevia 1643 zu S. 21.
  2. Seine Kinder erkauften die Burg nebst Scheune und Garten im Jahr 1579 mit Zustimmung Herzog Ludwigs für 610 fl. an Regina von Wobidezky (Wittwe eines böhmischen Edelmanns, welcher einen Antheil an Gärtringen erheirathet hatte), geborne von Karpfen, deren Sohn Eberhard nachmals hier wohnte. Im 17. Jahrhundert hatten die von Remchingen allda ihren Sitz.
  3. Hauptquelle zum ganzen Geschichtlichen: Reyscher, Statutarrechte. S. 554–588.
  4. In dieser frühesten Darstellung trägt er eine Krone auf dem Haupt. Wie das Wappen späterhin mit einer Tinctur erscheint, ist der Adler schwarz in goldenem Schilde.
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