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Metterzimmern.
Gemeinde III. Kl. mit 750 Einwohnern. Evangel. Pfarrei.

Das Pfarrdorf Metterzimmern liegt 11/2 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt auf einem Bergrücken, zwischen dem Metterthal und dem Tiefenthal, und zwar der größte Theil desselben an einem südlichen, sonst geneigten Abhange gegen die Metter.

Der nicht große, mit reinlich gehaltenen, gekandelten Straßen versehene Ort ist ziemlich regelmäßig gebaut und hat im Allgemeinen ein freundliches Aussehen. Die am südöstlichen Ende desselben gelegene Pfarrkirche, welche von der Orts-Stiftungspflege unterhalten wird, ist klein und unansehnlich; das Langhaus mit oblongen, schmalen Fenstern scheint Veränderungen erlitten zu haben, während den zwei unteren massiven Stockwerken des viereckigen Thurms noch Manches von ihrer ursprünglichen germanischen Bauweise geblieben ist. Der Thurm ist nicht hoch und ragt nur mit dem dritten, später aufgesetzen hölzernen Stockwerke über den First der Kirche empor. Die zwei Glocken sind in Ludwigsburg 1762 gegossen. In die Kirchentreppe an der Südseite ist ein Stein eingemauert, auf dem ein Christuskopf mit der Inschrift „Anno Dom. 1437“ angebracht ist. Das Innere der Kirche ist geschmacklos und hat nichts Interessantes; das untere Stockwerk des Thurms versieht die Stelle des Chors, welches mit einen einfachen Kreuzgewölbe gedeckt ist und an dessen Nordseite sich ein Grabmal von 1607 befindet. Der Begräbnißplatz liegt an der Kirche.

Das nahe der Kirche gelegene Pfarrhaus mit Ökonomiegebäude, Garten und Hof befindet sich in gutem Zustande; die Unterhaltung desselben liegt dem Staate ob.

An einer Straßenecke im nördlichen Theile des Orts liegt das gut erhaltene, 1809 erbaute Rathhaus, in dessen unteren Räumen die Schulzimmer eingerichtet sind; die Amtswohnung des Schullehrers befindet sich in einem andern, der Gemeinde gehörigen Gebäude unfern der Kirche. An der Schule unterrichten ein Lehrer und ein Lehrgehilfe. Eine Industrieschule besteht seit 1828 und ein Gemeindebackhaus seit 1830.

Der Ort ist mit gutem Trinkwasser, welches ein laufender und fünf| Pumpbrunnen spenden, hinreichend versehen; eine Wette besteht im westlichen Theil desselben und ein kleiner Weiher, dessen Abfluß in die Metter geht und theilweise zur Wiesenwässerung benützt wird, liegt am östlichen Ende des Orts. Die bedeutendste Quelle auf der Markung ist die, am Fuß der Helenenburg befindliche Altbachquelle; der Schmidsbrunnen und der Geigenbrunnen versiegen zuweilen. Die südlich vom Ort vorbeifließende Metter, tritt in der Regel dreimal des Jahrs aus und schadet öfters den im Thale gelegenen Wiesen und Feldern; sie beherbergt Aale, Weißfische, Barben, Krebse u. s. w., deren Fang früher verpachtet war, gegenwärtig aber freigegeben ist. In dem Tiefenthal fließt nur zur Zeit des Schneeabgangs und nach starken Regengüssen ein Bach.

Die fleißigen Einwohner, deren Vermögensumstände zu den mittelmäßigen gehören, sind im Allgemeinen gesund und kräftig, erreichen jedoch selten ein hohes Alter; im Jahr 1833 starben viele Kinder an den rothen Flecken und 1841/42 grassirte das Schleim- und Nervenfieber in so hohem Grade, daß die Todesfälle das Doppelte der gewöhnlichen Zahl überstiegen.

Haupterwerbsquellen des Orts sind Ackerbau, Weinbau und Viehzucht.

Die nicht sehr ausgedehnte Markung ist mit Ausnahme der Gehänge gegen das Metter- und Tiefenthal ziemlich eben und hat im Allgemeinen einen fruchtbaren, meist tiefgründigen Diluviallehmboden, dessen Unterlage theils aus Muschelkalk, theils aus den Mergeln der Lettenkohlengruppe besteht.

Auf der Markung befinden sich zwei Muschelkalksteinbrüche, welche Straßenmaterial liefern, und eine der Gemeinde gehörige Lehmgrube.

Die Luft ist gesund und mild, jedoch schaden Frühlingsfröste nicht selten; die Ernte tritt um 8–10 Tage früher als auf den Fildern und um 4–6 Tage später als in Lauffen ein. Hagelschlag ist selten, indem der Stromberg eine Wetterscheide bildet.

Die Landwirthschaft, welche im Dreifeldersystem betrieben wird, ist in gutem Zustande; verbesserte Ackerwerkzeuge und Düngerarten kommen in Anwendung. Von den Getreidearten werden die gewöhnlichen gebaut und auf den Morgen 6 Simri Dinkel, 3 Sri. Haber, 2 Sri. Gerste und 2 Sri. Weizen ausgesäet; der durchschnittliche Ertrag wird zu 5 bis 8 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Haber, 4 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Weizen pr. Morgen angegeben. In der zu 5/6 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Welschkorn, Futterkräuter, Angersen etc., von Handelsgewächsen: Mohn, Reps, wenig Flachs, ziemlich viel Hanf, jedoch nur für den eigenen Bedarf. Die Preise eines Morgens Acker sind 100 fl.,| 200–400 fl. Der auswärtige Absatz der Früchte ist bedeutend und geschieht hauptsächlich an Bäcker in Stuttgart und Ludwigsburg.

Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, von denen nur einem ganz kleinen Theile Wässerung zukommt, liefern im Durchschnitt pr. Morgen 35 Centner mittelmäßiges Futter. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 100–300 fl.

Der Weinbau, welcher in ziemlicher Ausdehnung an einem südlichen Abhange gegen das Metter-Thal und theilweise gegen das Tiefenthal getrieben wird, beschäftigt sich hauptsächlich mit Elblingen, Sylvanern und Clevnern; das Erzeugniß, ein sog. Schiller, gehört zu den mittelguten und eignet sich nicht auf das Lager. Auf dem Morgen werden durchschnittlich 3200 Stöcke, von denen jeder 3 Pfähle erhält, gepflanzt; die Reben bezieht man den Winter über. Der Ertrag eines Morgens wird zu 5 Eimer angegeben, die durchschnittlichen Preise eines Eimers waren in den Jahren 1834 28 fl., 1846 40 fl., 1848 20 fl. und 1850 10 fl. Die Weinberge kosten 100–300 fl. pr. Morgen. Der Wein wird meist in den Schwarzwald abgesetzt.

Die Obstzucht ist gut und im Zunehmen begriffen; es werden meist Mostsorten (Palmisbirnen, Bratbirnen), wenig feinere Arten und von Steinobst Zwetschgen gezogen. Obst, besonders Steinobst, kommt auch nach Außen zum Verkauf.

Die Gemeinde ist im Besitz von 160 Morgen Laubwaldungen, welche in einem 20jährigen Umtrieb bewirthschaftet werden und jährlich etwa 400 fl. der Gemeindekasse eintragen. An den Ufern der Metter sind Erlen, Weiden und Pappeln gepflanzt.

Die Schafweide ist von der Gemeinde um jährliche 150 fl. an einen Schäfer verpachtet, welcher sie mit 250 Bastardschafen beschlagen hat.

Die ziemlich ausgedehnte Rindviehzucht beschäftigt sich mit einer guten Landrace und wird durch zwei, von der Gemeinde gegen die Nutznießung von 4 Morgen Acker und 80 fl. verdungene Farren unterhalten. Minder bedeutend ist die Schweinezucht; die Ziegenzucht, wie auch die Zucht der Bienen, sind im Abnehmen.

Von den Gewerben sind eine Bleiche und eine unfern des Orts an der Metter gelegene Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang zu nennen. Unter den Handwerkern, welche meist nur für das örtliche Bedürfniß arbeiten, sind die Weber am stärksten vertreten; ein Nagelschmid setzt seine Waare auch in der Umgegend ab. Im Ort befinden sich drei Schildwirthschaften.

Für den Verkehr nach Außen ist durch eine Vicinalstraste nach Bietigheim gesorgt.

| Über das Vermögen der Gemeinde, wie der Stiftungspflege, stehe Tabelle III.

Der große und der Weinzehente, welche früher die geistliche Verwaltung Bietigheim zu 5/12 und die Kellerei Sachsenheim zu 7/12 besaßen, sowie der kleine und der Heuzehente, wovon ehemals der Pfarrei 5/12 zustanden, sind nach dem Gesetze von 1849 gegen das Cameralamt Bietigheim mit einem Kapital von zusammen 16.581 fl. 31 kr. abgelöst worden. Der bestandene Blutzehente war schon früher gegen ein Ablösungskapital von 23 fl. 30 kr. zur Ablösung gekommen: er hatte sich auf Kälber, Schweine Lämmer, Hühner, Gänse und Enten erstreckt.

An sonstigen grundherrlichen Abgaben, welche das Cameralamt Bietigheim zu beziehen hatte, wurden die Geldgefälle im Betrage von jährlichen 19 fl. 19 kr., theils im Jahr 1835 mit 8 fl. 50 kr., theils im Jahr 1839 mit 110 fl. 3 kr., theils im J. 1847 mit 129 fl. 38 kr. Kapital und ebenso ein Frohnzins von 2 fl. 30 kr., im Jahr 1831 mit 40 fl. abgelöst.

Im Jahr 1847 kamen zur Ablösung: Gülten von vormaligen Erblehen, und zwar Roggen 50 Schfl. 6 Sri., Dinkel 38 Schfl. 2 Sri., Haber 55 Schfl. 5 Sri. Landachten von drei Jahren zusammen: Roggen 5 Scheffel 6 Simri, Haber 7 Schfl. 2 Sri., und Laudemien im Jahreswerth von 50 fl. 59 kr. gegen ein Ablösungskapital von zusammen 16.205 fl. 1 kr.

Nach dem Gesetze von 1848 wurde noch der jährliche Bodenwein mit 2 Eimer 12 Imi 6 Maas für 411 fl. 32 kr., und Theilwein aus vier- und sechstheiligen Weinbergen für 17 fl. 6 kr. gegen das Cameralamt abgelöst. Die Heiligen- oder Stiftungspflege hatte 15 fl. 26 kr. an Geldgefällen zu erheben, welche mit 247 fl. 10 kr. ebenfalls abgelöst worden sind.

Über die in der Nähe des Orts entdeckten römischen Alterthümer s. den allg. Theil.

Als alte Benennung des Dorfes findet man auch Kleinzimmern. Wegen der Ähnlichkeit der Namen läßt sich öfters nicht unterscheiden, welches Zimmern unter den in früher Zeit vorkommenden Orten Zimbra, Cimberen, jedesmals gemeint sei. Wahrscheinlich ist aber das Cimberen, wo das Kloster Odenheim im Jahr 1161 Güter besaß (Wirt. Urk. Buch 2, 135), Metterzimmern.

Die Herren von Sachsenheim trugen den Ort von den Grafen von Vaihingen, hierauf von Württemberg zu Lehen. Konrad von Sachsenheim wurde am 23. August 1364 von dem Grafen Eberhard von Württemberg damit belehnt. Am 8. März 1394 reversirte sich Hans von Sachsenheim, Edelknecht, gegen Württemberg über die Hälfte von M.,| welche früher sein gleichnamiger Vater zu Lehen gehabt hatte; dasselbe that sein Bruder Hermann an demselben Tage bezüglich der andern Hälfte. Von Konrad von Sachsenheim, Berthold’s Sohn, kaufte Graf Eberhard von Württemberg im J. 1471 ein Drittheil von M. (Steinhofer 3, 193) und Hans von Münchingen im J. 1476 hiesige Gülten (Gabelkh). Helene Kayb, Gemahlin Hans v. Sachsenheim’s, veräußerte den 16. Octbr. 1481 an Württemberg hiesigen Stab, Güter, Leute und Gülten. Doch blieb noch ein ziemlicher Antheil des Orts in Sachsenheimischem Besitz und fiel erst im J. 1562, nach Absterben Bernhard’s von Sachsenheim, welcher keine männliche Lehenserben hinterließ, an Württemberg als ein eröffnetes Lehen heim.

Kastvögte der hiesigen Kirche waren die Herren von Sachsenheim; jetzt steht die Pfarrcollatur der Krone zu.



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