Textdaten
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Autor: F-k [Anonym]
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Titel: Beichtzettel
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 5, S. 574–579
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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VI.
Beichtzettel.
I. Von den gewöhnlichen Beicht- und Communionzetteln unter den Katholiken im Bißthum Wirzburg.

Jeder Katholik ist verbunden, wenigstens des Jahrs einmahl – nämlich zur österlichen Zeit, die im Wirzburgischen 14 Tag vor Ostern anfängt, und sich mit dem Sonntag Misericordias Domini schließt, zu beichten und zu communiciren. Dieß ist Eines von den fünf Kirchengeboten, die, wie der Wirzb. Katechismus p. m. 65. sagt, jeder Katholik im Gewissen zu halten verbunden ist. Damit nun dieß kirchliche Gesetz auch richtig beobachtet werde, erhält das Beichtkind von seinem Beichtvater einen gedruckten Schein, der ganz einfach folgendermassen eingerichtet ist:

Confess. et Commun. pro Paschate. in S.[1] 1792.
 Am Schluße der österlichen Zeit sammelt nun der Ortsgeistliche von den Gliedern seiner Gemeine diese Beichtzettel, bey deren| Einführung man gewiß sehr heilsame Absichten vor Augen hatte. Allein leider wird der löbliche Endzweck selten erreicht.

 a. Lernt der Ortsgeistliche seine Gemeindeglieder dennoch nicht näher kennen. Zwar ermahnt der W. Katechism. S. 68. seinem verordneten Priester zu beichten, fügt aber sogleich die Erklärung bey: „das ist, seinem Seelsorger, oder auch einem andern Beichtvater mit Erlaubnis der geistlichen Obrigkeit.“ Uneingedenk dieses letztern Beysatzes wandert nun der, welcher etwas wichtiges auf dem Herzen hat, in ein Kloster oder in ein entferntes Ort, und löst sich dort durch Beicht und Communion seinen Beichtzettel. Andere, die ihrem Ortspfarrer doch unverdächtig vorkommen wollen, beichten zuerst ihre gröbern Sünden irgendanderswo, und kommen alsdann mit der leichtern Bürde beladen zu ihrem Pfarrer, ihm nach der kirchlichen Vorschrift zu beichten. Wo geschriebene Beichtzettel gäng und gäbe sind, ist es ja wohl auch ein leichtes, ohne weitere Beicht die Handschrift eines Mannes, den man nie gekannt hat, nachzumachen, und so – Andere und sich zu hintergehen.

 b. Weil der Name des Beichtenden auf den Beichtzetteln nicht genannt wird, auch| nach der jetzigen kirchlichen Einrichtung unmöglich angegeben werden kann und darf, (denn der Name ist keine Sünde, wie ein schönes Mädchen sehr naiv seinem lüsternen Beichtvater geantwortet haben – soll) so gibt dieß zu einem andern Mißbrauch, vorzüglich in der Hauptstadt, Gelegenheit. Arme Studenten und andere bedürftige Personen beichten öfters, um eine Anzahl Beichtzettel zu bekommen, welche sie hernach an Leute verkaufen, die sich mit dem Beichten nicht abgeben wollen. Der gewöhnliche Preis ist 24 kr. vielleicht auch nach Stand und Würden mehr.

 Aufgeklärten geistlichen Obern, wie sie ein Franz Ludwig hat, bleibt es vorbehalten, auch hierauf ihr Augenmerk zu richten, und wohlthätige und zweckmäßige Veränderungen zum Besten des Menschengeschlechts zu treffen.


II. Von den Beichtzetteln unter Evangelisch-Lutherischen.
 Wenn ein fremder Dienstbote oder überhaupt eine fremde Person Lutherischer Religion anderswo zum erstenmal zum h. Abendmahle geht, so muß sie vor der Beicht gewöhnlicher Weise von ihrem ehmahligen Beichtvater ein geschriebenes Zeugniß produciren,| wenn sie zum letztenmale gebeichtet und communicirt, und wie sie sich in ihrem letzten Aufenthaltsorte betragen habe. Diese Zeugnisse heissen nun auch Beichtzettel. Ihr erster Zweck mag vielleicht gewesen seyn, Personen, die sich contra sextum vergangen hatten, vor ausgestandener Kirchenbuße, die Gottlob! jetzt größtentheils in eine sehr erträgliche Geldstrafe verwandelt ist, vom h. Abendmahle abzuhalten. Nebenbey hatte man auch die Absicht, in solchen Testimonien dem Ortspfarrer mit seinem nunmehrigen Beichtkind bekannter zu machen. Und in dieser Rücksicht scheinen sie sehr nützlich zu seyn. Man sollte sie daher mehr als Testimonia honestatis betrachten und abfassen, und auch mehr, als in einigen Gegenden des protestantischen Frankens gewöhnlich ist, auf die Vorweisung derselben dringen; insonderheit bey Dienstboten.
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 Doch müßten sie a) gewissenhaft und unparteyisch abgefaßt seyn. Nicht Alle über einen Leisten geschlagen: „N. N. hat sich fleißig in der Beicht und beym h. Abendmahl eingefunden, auch sich meines Wissens treu und ehrlich aufgeführt etc.“ Deßwegen möchte ich auch jedem Pfarrer rathen bey| Ausstellung eines solchen Zeugnisses sich der lateinischen Sprache zu bedienen b) Der bisherige Beichtvater müßte sie auch gern und unentgeldlich ausfertigen. So ist es in vielen Ländern. Dem Amtsbruder geschieht ja durch Ertheilung eines gewissenhaften Beichtscheins ein größerer Gefallen, als dem Beichtkind selbst; und der Herr Confrater darf ja auf gegenseitige Gefälligkeit und Bereitwilligkeit rechnen.[2] Wenn aber ein Pfarrer sich gegen solche Anstalten am meisten setzt, was ist von seinem Verstande zu halten? Wenn ein Pfarrer seinen Beichtkindern, trotz des schriftlichen Ersuchens seiner Amtsnachbarn, dergleichen Zeugnisse, und zwar nicht Einigen, sondern Allen verweigert, und ihnen den Bescheid gibt: Ihr braucht keines, – so zweifle ich, ob sein Beyspiel den Beyfall verständiger Leute erhalten wird.
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 Ueberhaupt wird man diesem ganzen kleinen Aufsatz wohl ansehen, daß ihn nicht| Neigung zur Tadelsucht erzeugt habe, sondern lediglich der Eifer, einer übrigens guten Anstalt durch fähigere Köpfe mehr Zweckmäßigkeit zu verschaffen.
F–k. 



  1. Namen des Orts.
  2. Mir ist ein Pfarrer im Fränkischen bekannt, der das Ius talionis streng beobachtet; anders in Rücksicht der Leute, die ins Schwarzenbergische, anders gegen solche, die ins Wirzburgische oder ins Ritterschaftliche etc. auswandern; je nachdem in diesen Ländern die Accidentien gegen ihn abgemessen werden.