Bei den „Kindern der Sonne“

Textdaten
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Autor: Franz Wallner
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Titel: Bei den „Kindern der Sonne“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 599–601
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Japanischer Zirkus in Paris
Ein Bild aus der Weltausstellung
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Bei den „Kindern der Sonne“.
Ein Bild aus der Weltausstellung von Franz Wallner.


„Also das nennt eine deutsche Eisenbahndirection einen Vergnügungszug!“ rief ich aus, als wir nach sechsunddreißigstündiger Qual im glühenden Sonnenbrand in Paris einfuhren und uns im Bahnhof länger als eine Stunde vergebens der Droschkenjagd befleißigten. Nun, so wünsche ich, daß die Eisenbahnvorstände alle Wochen ein solches Vergnügen mitmachen müßten! Der freche Kellner in Köln, welcher dem flehenden Gaste, auf seine Bitte um etwas Naturalverpflegung für schweres Geld, ganz ruhig antwortet, es sei ihm das „Gedrängle“ am Buffet zu groß, man möge sehen, daß man selbst etwas bekäme, kann sich noch, bei einigem Glück, zum Bahnhofswirth in Tergnier emporarbeiten, welcher nur jene Gäste in die Bahnhofslocalitäten einläßt, die noch einmal – was in Braunschweig bereits geschehen – ein vollständiges Mittagsbrod einnehmen oder wenigstens bezahlen wollen; der keinen anderen Christenmenschen in den Salon einläßt, aber auch keinen heraus, welcher sich nicht ausweisen kann, daß er bezahlt hat; der, unbekümmert um das Brüllen der vor Durst fast Verschmachtenden, die Thüren für sie schließt und durch ein paar stämmige Hausknechte vor kühnen Eindringlingen bewachen läßt. Jede Ordnung, jede, auch die nöthigste Rücksicht hört über die französische Grenze hinüber auf, es ist eben eine Heerde Schafe, die nach Paris getrieben wird und von welcher jeder das Recht zu haben glaubt, im Vorbeigehen jedem Einzelnen eine Hand voll guter Wolle auszureißen. Wo man halten will, hält man, ohne irgendwie die Heerde in Kenntniß zu setzen, wie lange sie in der brennenden Gluth zu schmoren hat. Für schlechtes Getränk und noch schlechteres Essen, wenn selbes noch irgendwo aufzutreiben ist, werden exorbitante Preise verlangt, kurz, ich finde es, bei dem bewältigend-großartigen Eindruck, den die Pariser Ausstellung auf jeden Gebildeten machen muß, zu entschuldigen, wenn sich Jemand das Geld zur Reise mit der Absicht borgt, es nie zurück zu zahlen; ich finde mildernde Umstände, wenn er es stiehlt; ich begreife, daß man Paris als Fußgänger zu erreichen sucht, wenn die Mittel zur Fahrt fehlen; allein es giebt keine Entschuldigung dafür, die Reise mit einem Vergnügungszug zwei Mal zu machen. Daher werden die Billets zur Rückfahrt von den Ankommenden an Speculanten verschleudert, die am Bahnhof lauern, um selbe den Reisenden um ein Spottgeld abzudrücken; sie benutzen die momentane Erschöpfung und Indignation der armen Deutschen, die gleich dem Seekranken mit Entsetzen an die Wiederholung ihrer Leiden denken. Man kann hier um zwanzig Franken Retourbillets von Paris nach Berlin bekommen. Bei der Ordnung und Pünktlichkeit, die auf deutschen, namentlich auf preußischen Eisenbahnen herrscht, halte ich es für meine Pflicht, die Vorstände derselben in diesem weitverbreiteten Blatte dringend auf die schreienden Uebelstände aufmerksam zu machen, deren Opfer der Vergnügungszügler von Köln an bis Paris werden muß.

Die Pariser Theater scheinen während der Ausstellung das allgemein hier herrschende Princip der Fremdenschröpfung ohne irgend eine äquivalente Gegenleistung bis zum Uebermaß cultiviren zu wollen. Sie geben ihre hundertmal abgenützten Ausstattungsstücke in einem Zustande, welcher den Glanz der ersten Erscheinung bis auf die letzten Flitter abgestreift hat, oder es kommen renommirte Piècen zur Aufführung, bei denen das dritte Glied der Künstler in’s Feld rückt, da die Koryphäen derselben sich meist auf Urlaub befinden. Dafür aber hat der Fremde die Ehre, nie Billets zu den gewöhnlichen Preisen zu erhalten, sondern er wird in die Bureaus gewiesen, die den Vorverkauf derselben gepachtet haben und deshalb jeden ihnen beliebigen Preis zu fordern berechtigt sind. Die Rücksichtslosigkeit der Theaterunternehmer gegen das Publicum übersteigt überhaupt jede denkbare Grenze; es wird z. B. im Hippodrome angekündigt, daß Herr Godard einen großen Luftballon wird steigen lassen, die Schaulustigen fahren für ihr schweres Geld ans Ende von Paris, bezahlen ihr theures Entrée und sehen sich als Zugabe eine Reitervorstellung an, die an Armseligkeit der Leistungen und Schmutz der Costüme Alles überbietet, was Reitergesellschaften dritten Ranges in kleinen deutschen Meßstädten leisten, man langweilt sich, in Erwartung der Luftfahrt, auf’s Aeußerste – allein die Luftfahrt findet nicht statt, sie bleibt fort, ohne ein Wort der Entschuldigung für die Anwesenden; „es sei zu leer und zu schlechtes Wetter,“ antwortet man uns ganz phlegmatisch. Als wir entrüstet das Local verlassen, steigt vom Marsfelde aus ein anderer Luftballon in die Höhe, dessen Unternehmer das Wetter nicht zu schlecht gewesen, weil sich dort mehr Publicum eingefunden. Im Theatre de la Gaité wird in der Posse „Bär und Bassa“ die spanische Tänzerin Percanena, „l’étoile d’Andalousie“ als Mitwirkende angekündigt, allein der andalusische Stern erscheint an diesem Abend nicht am Firmament des Gaitétheaters, ohne daß sein Ausbleiben irgendwie entschuldigt wird.

Mit der Erzählung von hundert ähnlichen Fällen könnte ich die Geduld des Lesers noch auf die Probe stellen. Wer seine Garderobe für den vierfachen Preis, den er dafür dem armen [600] Logenschließer bezahlt, zur Aufbewahrung übergiebt, kann überzeugt sein, selbe vor Beginn des letzten Actes auf den Schooß geworfen zu bekommen; es befremdet Niemand, wenn sich ein hemdärmeliger Arbeitsmann, in einem glänzenden Ausstattungsstücke, mitten unter Genien, Feen und Dämonen sehen läßt, wenn die Musiker im Orchester den Hut auf dem Kopfe behalten oder zehn derselben Romane und Zeitungen aus der Tasche ziehen und den Raum in ein Lesecabinet verwandeln; das Publicum preßt sich in die überaus schmalen Plätze, auf die Gefahr hin, das Verlassen derselben nur durch eine Amputation ermöglichen zu können. Wer je, und namentlich jetzt zur Ausstellungszeit, Paris besucht hat, wird mich gewiß nicht der geringsten Uebertreibung beschuldigen können. Jeder Fremde ist in diesem Augenblick in Paris eine offene Geldtasche, in die Jeder hineinzugreifen das volle Recht zu haben glaubt.

Freilich entschädigt diese Weltausstellung für alle Leiden, Erpressungen, Uebertheuerungen und Rücksichtslosigkeiten, die der Fremde zu dulden hat und die Hans Wachenhusen in zwei humoristischen Heftchen ungemein drastisch schildert. Keine Phantasie, keine Beschreibung kann ein Bild dieses Sieges der Civilisation geben! Darüber ist nur Eine Stimme; Stunden, Tage, ja Wochen fliegen dahin, und man muß sich gestehen, nur einen Bruchtheil des gewaltigen Ganzen gesehen zu haben!

Unter den zahllosen Schaustellungen, mit denen Paris in diesem Augenblick überfluthet ist, giebt es Chinesen – echte und falsche – Tiroler und deutsche Bänkelsänger, englische Tänzer, amerikanische Reiter, tunesische Musiker und eine Truppe „kaiserlicher Künstler des Taikun von Japan“. Letztere produciren sich jeden Abend unter rasenden Beifallstürmen im Cirque Napoleon und leisten überhaupt das Originellste und Unglaublichste, was je von Gauklern aller Nationen in Europa geleistet worden ist. Eine solche Verhöhnung aller Gesetze des Schwerpunktes ist noch nie dagewesen, und kaum dürfte der Versuch lohnen, ohne bildliche Darstellung eine anschauliche Schilderung dieser wunderbaren Productionen zu geben. Beim Eintritt befremden uns eine Menge absonderlich geformter Requisiten, deren Zweck uns unbegreiflich erscheint. Die Truppe erscheint und wirft die national-grotesken Gesichter mit den geschlitzten, listigen Aeuglein an die Erde, die halbgeschornen Schädel mit den festgeflochtenen, flach an den Kopf gebogenen Zöpfchen fast in die Erde grabend. Es sind ungefähr zwanzig Personen, Männer, Frauen und Kinder. Eines der letzteren, ein Knabe von neun bis zehn Jahren, hat die Brust mit verschiedenen Bändern und Medaillen, in Gold und Silber, bedeckt, als Zeichen, daß auch in seinem Vaterlande das wahre Verdienst nach Würden anerkannt und belohnt wird. Nachdem sich die ganze Gesellschaft auf die Kniee geworfen und dem Publicum die landesübliche Ehrfurcht kund gegeben, erheben sich Alle mit einem wiehernden Geschrei, nicht unähnlich den grellen Thierlauten, welche den Reisenden in Italien auf allen Wegen bei den verschiedenen Promenaden begleiten, zu denen das bekannte geduldige, langohrige Reitthier nöthig ist. In langgezogenen Tönen kreischt der Künstler nach jeder gelungenen Production im höchsten Discant ein schrilles E–eeh oder A–aah heraus, während seine Cameraden die halsbrecherischen Uebungen in hellen Fistellauten begleiten und den „Artisten“ zu ermuntern scheinen. Diese Conversation hat die Klangfarbe jener der Haremswächter in Constantinopel oder gewisser früherer Kirchensänger in katholischen Ländern. Auch das Hinausstrecken der flachen Hand unter lebhaftem Daraufschlagen auf dieselbe scheint eine künstlerische oder nationale Bedeutung zu haben.

Es gehört einige Uebung dazu, bei den fast gleichen Costümen und Physiognomien, Männlein und Weiblein, Knaben und Mädchen, von einander zu unterscheiden. Jeder oder Jede sieht dem oder der Andern zum Verwechseln ähnlich, Alle sprechen oder vielmehr kreischen gleich monoton, der Sprachschatz scheint ebenfalls ohne allen Unterschied gleichlautend zu sein. Die staunenswerthen Productionen der Leute folgen sich mit rapider Schnelligkeit und reißen den Zuschauer unwiderstehlich mit sich fort. Ich bin kein Freund von Jongleurkünsten, und die „Leotards“, „Stonettes“ und wie die Koryphäen von Renz und Lejars heißen, lassen mich ganz kalt, allein bei diesen Vorstellungen fesselte mich doch eine mit Grauen gemischte Bewunderung, von der ersten bis zur letzten Minute. Ein scheinbar schwach gebauter Japanese stellt sich eine wunderlich geformte, an einem Bambusstocke befestigte Maschine auf das Knie und läßt selbe balanciren. Dieselbe stellt ein Dreieck vor, welches aus gitterförmig zusammengesetzten Stäbchen besteht, deren Breitseiten nach Außen gekehrt sind. An diesem luftigen Bau klettert der Knabe Konikichi empor, stellt sich oben hin, kriecht auf diesem winzigen, schwankenden Raum hin und her in allen denkbaren Jongleurstellungen, als einzige Basis das dünne auf dem Knie des Anderen frei stehende Bambusrohr. Am vordersten Rand nun beißt er in das dünne Stäbchen und steht, im strengsten Sinn des Wortes, auf den Zähnen, während der übrige Theil des Körpers frei in der Luft schwebt. Nun kommt eine der „Damen“ der Gesellschaft, zeigt eine Menge lose winzig schmale Bänder, die sich in ihren Händen auf unbegreifliche Weise in prachtvolle breite Seidenbänder verwandeln. Diese zündet sie an, wobei sie nach Art der Raketen verpuffen. Aus dem brennenden Berg von Seide holt die Gauklerin eine Sammlung kleiner Sonnenschirme hervor, von denen das schärfste Auge nicht entdecken kann, woher sie genommen werden.

Jetzt kommen Spiele mit anscheinend ganz gewöhnlichem Kreisel, vom kleinsten Kinderspielwerk bis zu einem zwanzig Pfund schweren Ungethüm. Der Kreisel wird, seiner Natur zuwider, gezwungen, an einer schiefen Ebene hinauf zu laufen, die scharfe Schneide eines Schwertes, der Rand eines Fächers muß ihm als Tanzplatz genügen, hoch in die Luft geworfen, muß er seinen rasenden Lauf auf der Spitze eines Degens genau auf dem Punkt fortsetzen, von dem aus er in die Höhe geschleudert worden ist. Ein Musiker, mit einem guitarreähnlichen, nichts weniger als wohlklingenden Instrument, welches mit einem spachtelartigen Stück Holz gespielt wird, balancirt, ohne sein Concert zu unterbrechen, auf der Achsel ein ungeheuer hohes Bambusrohr, an dessen natürlichen Kerben ein Anderer emporklettert, und oben, mit den Zehen eines Fußes das dünne biegsame Rohr umkrallend, schleudert er den ganzen übrigen Körper mit Vehemenz wagerecht in die Luft hinaus. Dabei musicirt sein achseltragender College und andere Musikanten auf gräulich klingenden Werkzeugen ruhig fort; der Andere stößt auf seinem gefährlichen Posten schrille Jubeltöne in die Luft, und die ganze Gesellschaft begleitet den Künstler mit einem Dialog in den höchsten Tönen, deren die menschliche Stimme fähig ist. Der Bambus aber scheint noch nicht gefährlich genug für diese Luftpromenade; eine dünne, doch riesig hohe Leiter wird einem am Boden liegenden Künstler auf die höher gestemmten Kniee gestellt, durch die Sprossen kriecht ein zweiter Japanese schlangengleich auf und nieder, mit der Gewandtheit einer dressirten Katze; jetzt stellt er sich auf der Spitze einer Leiterstange auf den Kopf, plötzlich erschallt ein Schrei des Entsetzens durch das Auditorium, die Leiter bricht mitten auseinander, die Sprossen und die eine Seite derselben liegen am Boden, aber unser Artist setzt oben ungestört seine antipodische Promenade fort. Da wird er mit der Stange bis an die Kuppel des ungeheuer hohen Circus emporgezogen und klettert in diesem schwindelnden Raum auf dem Bambus, der sich unter dem Gewicht seines Körpers wie ein Bogen biegt, nicht nur auf und nieder, nein, von ganz oben läßt er sich, zum Grauen der Zuschauer, jählings los, man glaubt, jetzt müsse er, sich zerschellend, herabstürzen, da fassen die Zehen das unterste Bambusende und in der Luft in sitzender Stellung kauernd, hält er plötzlich, mit lächelnder Miene unter dem landesüblichen Gekreisch in seinem gefährlichen Lauf an. Das Publicum mag dabei die Empfindung haben wie Personen, die in der Dämmerung dem geschickten Erzähler einer recht unheimlichen Gespenstergeschichte zuhören; man „grault“ sich unbeschreiblich und vermag doch den Blick nicht von dem gefahrvollen Schauspiel abzuwenden.

Als eine wahre Erholung erscheint uns das Kunststück, wenn der junge „All-Right“ sich vierundzwanzig kleine hohle Kübel über einander stellt und diese, ohne seinen schwanken Standpunkt, der abwechselnd in der Fläche der einen oder der andern Hand besteht, während der Körper verkehrt in der Luft schwebt, zu verlassen, sich sein wankendes Gerüste selbst aufbaut und zwischendurch die einzelnen Kübel herausschleudert, oder mit einer freien Hand, manchmal Zehen oder Zähne zu Hülfe nehmend, dieselben wieder einsetzt. Man hat eben an der unglaublichen Sicherheit, mit welcher diese Leute alles machen, verlernt, sich über etwas zu wundern, oder an wirkliche Gefahr zu glauben. Man hält es für eine landesübliche Morgenpromenade, wenn ein Knabe an der inneren Wand eines leeren ungeheuren Wasserbottichs emporklettert, den sein Vater auf den Zehen schaukelt; man findet es ganz natürlich, [601] wenn er sich auf dem äußersten Rand oben auf die Zähne stellt, das heißt sich in den Rand einbeißt und die Füße zappelnd in der Luft bewegt; man staunt nicht mehr über die lebensgefährlichen Leitern, wie sie es nennen, von denen die eine gerade steht, während eine zweite wagrecht auf diese gelegt und eine dritte senkrecht auf der zweiten befestigt wird. Während Einer alle drei auf den Füßen balancirt, macht der Andere an sämmtlichen dieser Leitern, namentlich an der dritten, die unglaublichsten, jedem Gesetze des Schwerpunktes hohnsprechenden Kautschukmannsübungen. Es sei zum Schluß nur noch eines Kunststückes gedacht, welches so zart und sinnig ausgeführt wird, daß es den angenehmsten Gegensatz zu dem bereits Producirten bildet. Aus zwei Stückchen Reispapier bildet der Künstler ein paar Schmetterlinge, die er vor den Augen des Publicums anfertigt. Blos durch die einfache, aber geschickte Bewegung mit dem Fächer bringt er ein täuschendes Naturleben in die beiden Stückchen Papier. Auf sein Commando fliegen dieselben – man schwört darauf, es seien wirkliche Schmetterlinge – frei herum, lassen sich flatternd auf hingehaltenen Blumen nieder, erheben sich wieder in die Luft, werden in einem Körbchen eingefangen, der Deckel des letzteren wird gehoben, und abermals gaukeln die Luftbewohner in der natürlichsten Bewegung, die durch die fast unmerkliche Fächerbewegung hervorgebracht wird, in ihrem Element herum, bis sie plötzlich zu Boden fallen, zwei unscheinbare, leblose Stückchen Papier. Es ist dies eines der reizendsten Kunststückchen und muß sich, bei einiger Uebung, unschwer nachahmen lassen.

Ob ich mit der obigen Schilderung ein klares Bild der japanesischen Gauklerproduction gegeben habe, ob ich überhaupt berechtigt bin, dieselbe in diesen Blättern niederzulegen, darüber zu entscheiden, muß ich dem freundlichen Leser überlassen. Ich glaubte auf die fremdartige, originelle Erscheinung dieser „Kinder der Sonne“ um so eher hinweisen zu können, als diese bei den enormen Summen, die sie hier und in Amerika verdienen, kaum zu bestimmen sein dürften, Deutschland heimzusuchen, und wir uns wohl noch einige Zeit mit dem behelfen müssen, was der europäische Markt in diesem Genre bietet.