Bartholomäus Ringwaldt (Die Gartenlaube 1899/9)
[322] Bartholomäus Ringwaldt. Am 9. Mai d. J. wird in dem neumärkischen Städtchen Zielenzig und dem benachbarten Dorfe Langenfeld der dreihundertjährige Sterbetag des hervorragenden geistlichen Liederdichters Bartholomäus Ringwaldt feierlich begangen. An den Kirchenliedern Ringwaldts rühmt Hoffmann von Fallersleben mit Recht die kräftige Sprache und Empfindung, und mehrere derselben, wie „Es ist gewißlich an der Zeit“, haben sich bis heute in ihrer Beliebtheit erhalten. Das Hauptwerk Ringwaldts aber ist das Lehrgedicht „Die lauter Wahrheit“, das 1585 erschien und danach viele Auflagen erlebte. Ohne Rücksicht deckte er in diesem Werke alle Fehler und Schwächen seiner Zeitgenossen auf und zeigte, indem er den Christen mit einem Kriegsmann verglich, einem jeden, wie er seine Lebenszeit „dnrchkämpfen“ müsse, um zur Seligkeit zu gelangen. Das Buch hat heute großen kulturhistorischen Wert; es bietet, in treuen Farben ausgeführt, ein lebensvolles Sittengemälde aus der damaligen deutschen Welt. Einige Stellen daraus errangen große Volkstümlichkeit, so die Strophen über die „fromme Magd“, welche noch Karl Maria von Weber in Musik gesetzt hat.
„Ein’ fromme Magd von gutem Stand
Geht ihrer Frauen fein zur Hand,
Hält Schüssel, Tisch und Teller weiß
Zu ihrem und der Frauen Preis;
Sie trägt und bringt kein neue Mär,
Geht still in ihrer Arbeit her,
Ist treu und eines keuschen Muts,
Und thut den Kindern alles Gut’s.“