Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 60 (1891), ab Seite: 318. (Quelle)
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Zurla, Placidus (Cardinal, geb. zu Legnago, einer Festung an der Etsch in der damaligen venetianischen Delegation Verona, am 20. April 1769, gest. in Rom am 29. October 1834). Der Sproß einer vornehmen Veroneser Familie, erhielt er in der Taufe den Namen Hyacinth, den er dann bei seinem Eintritt ins Kloster mit dem Namen Placidus vertauschte. Die Eltern übersiedelten, als ihr Sohn sechs Jahre alt war, nach Crema, wo er in der Schule bei den Barnabiten den ersten Unterricht genoß, dann kam er in das Collegium des gleichen Ordens zu Lodi, wo er die für seinen künftigen Beruf erforderlichen Wissenschaften mit besonderer Vorliebe pflegte. Als Erstgeborener sollte er in das väterliche Erbe treten. Als er aber 1787 die Predigten des Barnabiten P. Quadrupani, eines der berühmtesten Kirchenredners seiner Zeit, hörte, rissen ihn dieselben so hin, daß er sich für das Klosterleben entschied. Zunächst schickten ihn dann die Eltern nach Venedig, wo er in San Michele auf der Insel Murano in den Orden der Camaldulenser eintrat, in welchem er seine mathematischen, philosophischen und theologischen Studien beendete, die Priesterweihe erlangte und sich dann dem Lehramte zuwendete, zuerst in der Philosophie, die er den Novizen seines Ordens vortrug, worauf er nach einigen Jahren die Lehrkanzel der Dogmatik bestieg. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit einer Bearbeitung der Summa des h. Thomas von Aquino, deren Kürzung und klarere Darstellung für den Vortrag ihm besonders nöthig erschien, und welche er auch unter dem Titel: „Enchiridion dogmatum et morum... ex Summa theologiae Divi Thomae Aquinatis ad verbum depromptum notisque auctum ac Pio VII. P. M. dicatum“, Vol. 3 (Venetiis 1802) herausgab. Nebenbei warf er sich aber mit besonderem Eifer auf das Studium der Geographie, wozu ihn eine alte Landkarte aus dem fünfzehnten Jahrhunderte, welche im Kloster als besonderer Schatz aufbewahrt, später aber an die St. Marcus-Bibliothek in Venedig abgegeben wurde, angeregt hatte. Als dann zu Beginn des laufenden Jahrhunderts im Königreich Italien die Aufhebung der Klöster erfolgte, entging das Kloster St. Michael der Camaldulenser in Murano dieser Verfügung infolge der Bemühungen des P. Zurla und P. Cappellari, nachmaligen Papstes Gregor XVI., worauf im Kloster eine Erziehungsanstalt errichtet wurde, welche bald zu großer Blüte gelangte und meist von den Söhnen des venetianischen Adels besucht wurde. Während Zurla an der Entwickelung dieses Erziehungsinstitutes wesentlichen Antheil hatte, entzog er sich aber nicht den Diensten seines Ordens und seiner Angelegenheiten und wurde auf den 1804 und 1805 zu Perugia abgehaltenen Congregationen zum Generaldefinitor und 1809 zum Abt seines Ordens erwählt. Als dann 1810 auch das Camaldulenserkloster in Murano das Loos der Aufhebung theilte, wünschte der damalige Patriarch von Venedig, Milesi, daß Zurla dem Lehramte erhalten bleibe und in dem erzbischöflichen Seminar [319] zu Venedig Moral- und Pastoraltheologie den Zöglingen desselben vortrage. Zurla übernahm diese Stelle, und so lange Cardinal Milesi lebte, gab es keine Anstände. Im Herbst 1820 besuchte Zurla Rom und nahm als ehemaliger Camaldulenser im Kloster des Ordens seine Wohnung. Die Ruhe und Stille des Klosterlebens wirkte auf ihn so mächtig ein, daß sie bei seiner Rückkehr ins Seminar von Venedig für seinen bald darauf gefaßten Entschluß entscheidend wurde. Nach Milesi war nämlich Ladislaus Pyrker auf den Patriarchenstuhl des h. Marcus berufen worden. Dieser, auf deutschen Lehranstalten gebildet, selbst ein begeisterter Poet, aufgeklärten Sinnes, konnte sich mit den veralteten Eigenheiten der italienischen Schule nicht befreunden, und die von Zurla im erzbischöflichen Seminar eingeführten Einrichtungen in Methode und Lehre fanden nicht immer Pyrker’s Zustimmung, darob gab es Controversen, die Harmonie zwischen dem Patriarchen und dem Seminardirector war gestört; der heißblütige Italiener und der ruhige deutsche Kirchenfürst stimmten und konnten nicht zusammenstimmen. Die alte Sehnsucht nach der Ruhe und Stille des Klosterlebens wurde in Zurla immer mächtiger; er gab die Stelle des Seminardirectors auf, reiste im Herbste 1821 wieder nach Rom, zog das Camaldulensergewand, das er seit der Aufhebung seines Klosters im Jahre 1810 nicht mehr getragen, wieder an und Papst Pius VII. ernannte ihn sofort zum Präfecten des Collegiums der Propaganda. In Rom lebte Zurla in der klösterlichen Ruhe seinem Amte, bis ihn Papst Pius VII. am 10. März 1823 zum Cardinal ernannte, welche Ernennung am 16. Mai desselben Jahres bekannt wurde. Die Nachfolger des Papstes Pius VII.: Leo XII., Pius VIII. und Gregor XVI. erneuerten diese Würde, indem ihn der Erstere noch zum Vicar von Rom ernannte und Pius VIII. ihm die Präfectur der h. Congregation der Studien verlieh. 1834 unternahm Zurla eine archäologische Reise durch Sicilien, angeblich um an Ort und Stelle die Denkmäler der griechischen, arabischen und christlichen Kunst zu studiren. Auf seiner Heimreise nach Rom erkrankte er plötzlich in Palermo und starb schon nach wenigen Tagen im Alter von 75 Jahren, während seine körperliche Rüstigkeit noch ein längeres Leben voraussetzen ließ. Dieser plötzliche Tod Zurla’s erweckte Gerüchte, die nie aufgeklärt worden. Man wollte wissen, daß Papst Gregor XVI. ihm die vertrauliche Mission gegeben, die Klöster Siciliens, in denen sich im Laufe der Zeit große Mißbräuche eingeschlichen, zu untersuchen und die Mönche, welche infolge dessen Enthüllungen und Reformen befürchteten, hätten den Cardinal vergiftet. Noch bleibt uns etwas über die wissenschaftliche Thätigkeit des Cardinals, die sich in einigen Werken zusammenfaßt, zu sagen. Außer dem oben erwähnten „Enchiridion“ gab Zurla noch heraus: „Memorie intorno la vita e gli studii del Padre M. Ludovico Nachi, abate Camaldolense“ (Venezia 1810, wiedergedruckt 1838), ein Dankopfer, welches er seinem einstigen Meister und Lehrer darbrachte; – „Nelle solenni esequie celebrate in S. Carlo de’ Catinari all’Eminent. Signor cardinale Fontana ... il giorno 26 Marzo 1822“ (Romae 1822); – „Il mappando di fra Mauro Camaldolense descritto ed illustrato da D. O. Z.“ (Venezia 1806, 164 S. Folio mit Tafeln); – „Dissertazione [320] intorno ai viaggi e scoperte settentrionali di Nicolo ed Antonio Fratelli Zeni“ (Venezia 1808, XVI und 144 S. 8°. mit Tafeln); – „Dei viaggi e delle scoperte Africane di Alvise da Cà da Mosto, patrizio Veneto“ (Venezia 1815, 132 S, 8°.); – „Dissertazione intorno a Marco Polo ed altri Viaggiatori Veneziani illustri“ Vol. 2; herausgegeben unter den Auspicien des Erzherzogs Rainer, damaligen Vicekönigs der Lombardie und Venedigs; – „Tre dissertazioni del... Cardinale Zurla. 1. Dei vantaggi recati della religione cattolica. 2. Sulla unità del soggetto nella Trasfigurazione di Raffaello. 3. Sul gruppo di Pietà e di altre opere di religioso argomento di Antonio Canova (Pesaro 1835). In den „Annali di scienze e lettere“ (Milano) 1812, Nr. 27 steht seine „Lettera al signor conte Luigi Rossi intorno ai viaggi ed alle scoperte settentrionali di Nicolo ed Antonio Fratelli Zeni“ und Bossi’s Antwort darauf, welche gleichsam den Anhang zu obigem Werke Zurla’s bilden; und in den von Bettoni in Padua und Mailand 1812 bis 1820 herausgegebenen „Vite e ritratti di illustri Italiani“ ist Placidus Zurla’s „Vita di Marco Polo“ abgedruckt.

Sanseverino (Faustino). Notizie sulla vita ed opere di Placido Zurla, Cardinale di S. R. C. (Milano 1857, Ronchetti, gr. 8°.). – Odescalchi dei duchi del Sirmio (Pietro). Elogio del Cardinale D. Placido Zurla letto in Arcadia dal Principe (Roma 1836). – Almanacco Cremasco per l’anno 1851, compilato dal prete Giovanni Solera. – „Orazione gratulatoria per l’assunzione alla sacra porpora di sua Eminenza il Cardinale Placido Zurla, recitata nella Cattedrale della R. città di Crema il giorno 7. luglio 1823.