Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 60 (1891), ab Seite: 144. (Quelle)
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Zingerle, Anton (Philolog, geb. zu Meran 1. Februar 1842). Ein jüngerer Bruder des Ignaz Vincenz und Joseph und Neffe des Benedictinerpriors P. Pius Zingerle [s. d. S. 151], bildete er sich an dem Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog dann die Universität zu Innsbruck, an welcher er 1865 seine Studien beendete. Dem Lehramte sich zuwendend, wirkte er zunächst 1864–1866 als Lehrer am k. k. Gymnasium zu Verona. In dieser Zeit besuchte er viele Städte Oberitaliens, vornehmlich zum Zwecke seiner philologischen Studien. 1866 zum Professor am k. k. Gymnasium in Trient ernannt, bekleidete er daselbst auch das Amt des Bezirksschulinspectors für die deutschen Schulen in Wälschtirol und kam, nachdem er 1869 an der Universität zu Tübingen die philosophische Doctorwürde erlangt hatte, 1870 als Professor an das k. k. Gymnasium in Innsbruck, wo er sich 1872 auch als Docent an der Universität habilitirte, an welcher er 1873 außerordentlicher Professor der classischen Philologie, 1877 ordentlicher Professor desselben Faches wurde. In letzterer Eigenschaft wirkt er noch zur Zeit an genannter Universität. Seit 1887 ist er auch Mitdirector des philologischen Seminars an derselben. Als Philolog auf dem Gebiete der classischen Sprachen und auch auf jenem der Dialekte [145] seines engeren Vaterlandes Tirol entfaltete Zingerle eine ungemein reiche schriftstellerische Thätigkeit. Er gab folgende selbständige Schriften heraus: De Halieuticon fragmento Ovidio non abindicando (Verona 1865); – De Germanico Caesare Drusi filio (Trient 1867); – „Ovidius und sein Verhältniss zu den Vorgängern und gleichzeitigen römischen Dichtern“, 3 Hefte (Innsbruck 1869–1871); im ersten Hefte erörtert er Ovid’s Verhältniß zu Catull, Tibull, Properz; im zweiten zu Ennius, Lucrez, Virgil; im dritten zu Horaz; – „Zu späteren lateinischen Dichtern. Beiträge zur Geschichte der römischen Poesie“, 2 Hefte (ebd. 1879); das erste Heft enthält die Abhandlungen: Zur Imitatio Horatiana; Ueber Ausonius; Wiederholungen im lateinischen Hexameterschlusse in den verschiedensten Epochen und deren Entstehung; das zweite Heft: Ueber einen Innsbrucker Codex des Seneca Tragicus; Zu Lucan, Silius, Martial; Zur Behandlung des Mythos von der Bergaufthürmung bei römischen Dichtern; Zu Paulinus Nolanus; Neun metrische Excurse – „Martial’s Ovid-Studien. Untersuchungen“ (ebd. 1877); – „Beiträge zur Geschichte der Philologie. I. Theil: De carminibus latinis saeculi XV. et XVI. ineditis“ (ebd. 1880); der Herausgeber bietet darin 98 bisher unbekannte kleinere und größere Gedichte italienischer und einiger deutschen Humanisten aus der Zeit der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. aus Manuscripten der Innsbrucker Universitäts- und Wiener Hofbibliothek; sie sind von geschichtlicher und culturgeschichtlicher Bedeutung; – „Kleine philologische Abhandlungen“, 3 Hefte (ebd. 1871 bis 1882); das erste Heft enthält die Abhandlungen: Petrarca’s Verhältniß zu den römischen Dichtern; Bemerkungen zu den Sulpicia-Elegien des Tibullus; Handschriftliches zu Ovid’s Remedia Amoris; Einiges über die Scene in Sophokles Aias K. 646–692; das zweite Heft: Zur Echtheitsfrage der unter Ovid’s Namen überlieferten Halieutica; Weiteres zu den Sulpicia-Elegien des Tibullus; Zur Erklärung und Kritik einiger Stellen lat. Autoren; das dritte Heft: Beiträge zur Handschriftenkunde; Zur Kritik und Erklärung lateinischer Schriftsteller; De scriptorum locis, qui ad poenarum apud inferos descriptionem spectant; diese Abhandlung ist auch 1877 im Sonderabdruck erschienen; – „Titi Livii ab urbe condita libri ed. A. Z.“ (Lipsiae 1881 u. f.); – „P. Ovidii Nasonis Metamorphos. libri XV“ (Lipsiae 1884). Von seinen in gelehrten periodischen Fachblättern erschienenen Abhandlungen nennen wir, und zwar in den Sitzungsberichten der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften: „Zu den Persius-Scholien“ (97. Bd., 1881); – „Beiträge zur Kritik der 3. Dekade des Livius“ (101. Bd., 1882); – „Studien zu Hilarius von Poitiers“ (1885); – in den Sitzungsberichten der philosophisch-historischen Classe der königlichen Akademie in München: „Zu Hildebert und Alanus“ (1881); – in der Zeitschrift für österreichische Gymnasien: „Zu Livius. Wiener Studien“ (1878, 1881, 1888, 1889); – „Zu Theophrast“ (1888). Auch schrieb und schreibt Zingerle für Amthor’s „Alpenfreund“, die „Berliner philosoph. Wochenschrift“, die „Deutsche Literatur-Zeitung“, die „Philologische Rundschau“ u. a. Schließlich ist er als Mitarbeiter thätig an der [146] von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Angriff genommenen kritischen Ausgabe der Kirchenväter.

Leyde (Fritz). Photographie der deutschen Gelehrten der Jetztzeit. Seile 34. – Kehrein (Jos.). Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhunderte (Zürich, Stuttgart und Würzburg 1871, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 285. – Verlags-Katalog der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung in Innsbruck (8°.) S. 5, 6, 7, 8 [mit Beigabe von Auszügen der Urtheile verschiedener kritischer Blätter].