BLKÖ:Wrbna-Freudenthal, Ladislaus Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 58 (1889), ab Seite: 188. (Quelle)
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Wrbna-Freudenthal, Ladislaus Graf (k. k. Generalmajor, geb. 5. Juli 1795, gest. 21. December 1849), vom jüngeren (Hořowitzer) Aste der böhmischen Linie. Ein Sohn des Grafen und Ritters des goldenen Vließes Rudolf und Maria Theresias Fürstin Kaunitz-Rittberg, trat er jung in ein kaiserliches Regiment und wurde bereits 1816, also im Alter von 21 Jahren, Rittmeister bei Schwarzenberg-Uhlanen. 1817 mit der Mission betraut, nach Rio-Janeiro die Nachricht von der Heirat der Erzherzogin Leopoldine mit dem Kronprinzen, nachmaligen Kaiser von Brasilien Don Pedro zu überbringen, erhielt er, wie französische Quellen berichten, nicht nur das Commandeurkreuz des Christusordens, sondern auch eine Pension von 600.000 Reïs (= 4000 Fr.). Auf seiner Rückfahrt gerieth er in die Hände von Piraten, die sein Fahrzeug rein ausplünderten und darunter auch die kostbaren Geschenke des Kaisers von Brasilien für die Kaisertochter Braut und den Kaiser von Oesterreich raubten. Nach überstandenen großen Gefahren kam der Graf mit dem Leben davon. Nach seiner Rückkehr trat er wieder in die active Armee ein und wurde 1821 Major bei Kaiser-Husaren Nr. 1, 1826 Oberstlieutenant bei Wallmoden-Kürassieren Nr. 6. 1828 in letzterer Eigenschaft zu Huszaren Nr. 1 zurücktransferirt, sah er sich 1829 zum Obersten und Commandanten des 9. Huszaren-Regimentes befördert. 1834 zum Generalmajor ernannt, war er 1843 Brigadier in Brünn. Im Jahre 1848, als nach der Cernirung Wiens durch Fürsten Windisch-Grätz Feldmarschall-Lieutenant Graf Auersperg, bis dahin Commandant des zweiten Armeecorps, um Enthebung von seinem Posten und Verleihung eines Festungscommandos bat, wurde Graf Ladislaus (oder wie er sich in Magyarisirung zu nennen liebte: Graf Lázló) Nachfolger im Commando des zweiten Armeecorps. In der Schlacht bei Kapolna, welche am 26. Februar 1849 stattfand, bewährte er so wenig sein strategisches Talent, daß er vom Felde abberufen und mit einem Festungscommando – jenem von Verona – betraut wurde. Hier soll er sich – aus Schwermuth über seine Zurücksetzung – eine Kugel durch den Kopf geschossen haben. Der Geschichtsforscher Freiherr von Helfert charakterisirt den General: „Wrbna war in jungen Jahren Oberst bei Nicolaus-Huszaren, deren Muttersprache er trefflich handhabte und deren arg gelockerte Zucht er in kürzester Zeit zu heben wußte, allerdings mit Mitteln, denen man heutzutage wenig Lobenswerthes nachsagen wird, von denen aber [189] nach der Uebung und den Anschauungen jener Tage die belobtesten Reiterofficiere damals kein Bedenken trugen, Gebrauch zu machen; ein trefflicher Reiter, schön und elegant, geistreich und witzig, anregender Causeur, dabei vielseitig unterrichtet, nicht bloß in seinen Fachwissenschaften, auch in Geschichte und Politik belesen, zählte der brillante Huszarenoberst zu den interessantesten Erscheinungen der höheren Gesellschaft. Das war nun freilich lange vorbei. Geraume Zeit Brigadier in Brünn, dann Divisionär in Wien, war ihm das Gewinnende, Bestechende seines Wesens in einer bei dem Mangel ausreichender Beschäftigung allmälig angelebten Nachlässigkeit verloren gegangen, während gewisse bedenkliche Seiten seines Wesens sich mit der Zeit schärfer, kantiger ausbildeten. Was früher Witz gewesen, wurde verletzender Sarkasmus, was man als Schlagfertigkeit bewundert hatte, traf als böser Hieb. Selbstgefällig, eitel, ehrsüchtig, war er aufs höchste empfindlich gegen das mißgünstige Urtheil Anderer, das er durch spitze Worte und Reden doch fortwährend herausforderte. In der Politik Schwarzseher, unerbittlicher Verurtheiler jeder Mittelmäßigkeit und Halbheit, geißelte er mit gleicher Schärfe die Schläfrigkeit und um sich greifende Fäulniß des alten Systems, zu dessen entschiedenen Anhängern, wie das leichtfertig großsprecherische Phrasenthum des modernen Liberalismus, zu dessen ausgesprochenen Gegnern er gehörte, und sagte die unheilvollen Ergebnisse solcher Zustände mit einer Bestimmtheit voraus, die ihn zum überlästigen Propheten machte. Die Männer der ständischen Fortschrittspartei in Wien, die zeitweis in der Residenz erscheinenden Persönlichkeiten der ungarischen Opposition, in denen er nichts als bewußte und unbewußte Werkzeuge der ganz Europa unterwühlenden Revolutionspropaganden erblickte, waren ihm Greuel, sowie er ihnen. Nicht besser stand er zu seinen eigentlichen Berufskreisen und ließ gewiß keine Gelegenheit vorübergehen, wo er an dem überlebten Hofkriegsraths-Schlendrian die ätzende Lauge seiner Satyre prüfen konnte. Wenn er es dadurch mit dem Areopag aller alten Herren gründlich verdarb, so wollte es sein Mißgeschick, daß er sich den Ingrimm auch der jüngeren Kräfte der Armee auf den Hals hetzte. Im Jahre 1846 Commandant eines mobilen Corps in Westgalizien, war er bestrebt, in die arg verwahrlosten Militärzustände des Landes strengere Zucht zu bringen, was ihm die Anerkennung unbefangener und einsichtsvoller Officiere, aber auch den Haß aller aus ihrer gewohnten Ruhe aufgestöberten Factoren zuzog. Aufbrausend und barsch gegen seine Untergebenen, überwarf er sich mit seinem Generalstäbler Mayern und hatte nun das ganze Corps gegen sich, das sich um seinen tief verletzten Genossen mit Leidenschaft annahm und in all seinen Verzweigungen Wrbna ein Heer von Widersachern schuf, deren Zahl wuchs, je höher der Angefeindete stieg. Auf solche Weise konnte es einem Soldaten von bedeutenden Eigenschaften, einem Manne von redlichem Willen und geradem Charakter, geschätzt und geachtet von Allen, die sein Inneres erkannten, gelingen, sich unbeliebt, ja verhaßt zu machen, wie nur einer in der Armee. Wrbna, zuletzt Commandirender in Oberösterreich, hatte seinen neuen Posten noch nicht angetreten, hatte nicht einen Befehl hinausgegeben, als schon allerhand mißgünstige Kritik gegen ihn schürte: vom rangältesten seiner Generale, Feldmarschall-Lieutenant [190] Csorich, bis zum jüngsten Officier seines Corps war kaum einer, der ihn mit aufrichtiger Hingebung als seinen Chef empfing, und wo es vor da an in den Wechselfällen des Feldzuges nicht nach Wunsch ging, war es gewiß Wrbna’s Name, der in erster Reihe unter den Schuldtragenden genannt wurde.“ Ludwig Prinz von Windisch-Grätz, der Sohn des Feldmarschalls schrieb Wrbna’s Nekrolog.

Oesterreichischer Zuschauer. Herausgegeben von S. Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrg 1850, Nr. 44 vom 22. Februar: „Nekrolog“ (von Ludwig Prinzen Windisch-Grätz einem Sohne des Feldmarschalls). – Helfert (Joseph Alex. Freiherr von). Geschichte Oesterreichs vom Ausgange des Wiener October-Aufstandes 1848. IV. Der ungarische Winter-Feldzug und die octroyirte Verfassung. December 1848 bis März 1849 (Prag 1876, Tempský, gr. 8°.), S. 210 und Anhang S. 98, Anmerkung Nr. 168. – Biographie des hommes vivants ou histoire par ordre alphabétique de la vie publique de tous les hommes qui se sont fait remarquer par leurs actions on leurs écrits (Paris 1819, L. G. Michaud, 8°.) Tome 5me, p. 550. – Biographie nouvelle des Contemporains ou Dictionnaire historique et raisonné de tous les hommes qui, depuis la révolution française, ont acquis de la célébrité etc. Par M. M. A. V. Arnault, A. Jay, E. Jouy, J. Norvins etc. (Paris 1825, librairie historique, 8°.) Tome XX, p. 295.