BLKÖ:Waldinger, Hieronymus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 52 (1885), ab Seite: 183. (Quelle)
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Waldinger, Hieronymus (Arzt und Professor am Thierarzenei-Institute in Wien, geb. zu Tepl in Böhmen 30. September 1755, gest. zu Wien 28. November 1821). Der Sohn eines Bindermeisters, besuchte er die lateinischen Schulen in Tepl und Komotau; dann ging er nach Prag, wo er den philosophischen und nach diesen den medicinischen Studien oblag. Erst 18 Jahre alt, wurde er Magister der Philosophie. Aber um die medicinischen Studien zu beendigen, fehlte es ihm an Mitteln, und so wurde er Pharmaceut. Dann trat er in den Orden der Prämonstratenser, den er jedoch wegen anhaltender Kränklichkeit [184] wieder verließ. Nun kehrte er zur Pharmacie zurück, bestand aus derselben 1785 die Magisterprüfung und errichtete in Tausing eine neue Apotheke. Indessen setzte er seine medicinisch-chirurgischen Studien aus eigenem Antriebe ernstlich fort, erwarb 1793 an der Universität in Prag das Magisterium chirurgiae, verkaufte im folgenden Jahre seine Tausinger Apotheke und kam 1795 als Lehrer der Physik, Chemie und Botanik, sowie der Nahrungs- und Heilmittellehre an das Wiener Thierarzenei-Institut, in welchem ihm auch die Besorgung der Apotheke übertragen wurde. Am 5. Jänner 1809 zum ordentlichen Professor befördert, trug er nun noch Zoologie vor, wurde dann auch nach dem im Februar 1808 erfolgten Hinscheiden Pessina’s [Bd. XXII, S. 53], der 1796 als Assistent an das Institut gekommen war, 1809 Ordinarius im Thierspitale und blieb es bis zu seinem Tode. Er war in seinem Fache auch schriftstellerisch thätig und gab heraus: „Wahrnehmungen an Pferden, um über ihren Zustand urtheilen zu können“ (Wien 1805; 2. Aufl. 1810; 3. vermehrte und verbesserte Aufl. 1818, 12°.); – „Ueber Krankheiten an Pferden und ihre Heilung in gerichtlicher Hinsicht bei Kauf und Verkauf“ (ebd. 1806, 2. verm. Aufl. 1816, 8°.); – „Versuch einer Naturlehre und Chemie für angehende Thierärzte“ (ebd. 1807; 2. verb. Aufl. 1820, 8°.); – „Ueber die Nahrungs- und Heilmittel der Pferde“ (ebd. 1808; 2. Aufl. 1811; 3. Aufl. 1816); – „Abhandlung über die Kohle als Heilmittel der verdächtigen Drüsen bei Pferden“ (ebd. 1809, 8°.); – „Abhandlung über die gewöhnlichen Krankheiten des Rindviehes für Oekonomen und Thierärzte“, mit 1 Kupf. (ebd. 1810; 2. Aufl. 1817; 3. Aufl. 1822; 4. Aufl. 1833); – „Versuch einer Zootomie für angehende Thierärzte“ (ebd. 1811, 8°.); – „Allgemeine Pathologie der grösseren Hausthiere für angehende Thierärzte“ (ebd. 1812, 8°.); – „Allgemeine Therapie oder praktisches Heilverfahren bei fieberhaften Krankheiten der grösseren nutzbaren Hausthiere, für angehende Thierärzte und Landwirthe“ 2 Theile (ebd. 1813; 2. verm. Aufl. 1821; mit Zusätzen von Tenneker 1828); – „Ueber Gestüte“ (Pesth 1814 und Wien 1814); – „Wahrnehmungen an Schafen, um über ihr Befinden zu urtheilen“ (Wien 1815, 8°.); – „Abhandlungen über die gewöhnlichen Krankheiten der Hunde“ (ebd. 1816, 8°.); – „Abhandlungen über die Würmer in den Lungen und der Leber und das Klauenweh der Schafe“, mit 1 Kupf. (ebd. 1818); – „Abhandlung über den Schwefel und seine Verbindungen mit Metallen, Kalien und Erden, wie sie am und im thierischen Körper wirken, vorzüglich bei Pferden in Krankheiten der Sauggefässe, um dem Rotz vorzubeugen“ (ebd. 1820, 8°.). D. J. Lidl gab heraus: „Neue praktische Erfahrungen über die Löserdürre und Beobachtungen über den Milzbrand, nach den Originalbemerkungen des Herrn Dr. Waldinger“ (ebd. 1815), und mehrere Jahre nach dem Tode unseres Arztes erschien eine „Specielle Pathologie und Therapie oder Anleitung, die einzelnen Krankheiten der nutzbarsten Hausthiere zu erkennen und zu heilen“, 3. Aufl., mit Bemerkungen und Zusätzen von M. von Erdélyi, 2 Theile (ebd. 1832 und 1833, 8°.). Waldinger genoß in seiner Zeit den Ruf eines bedeutenden Thierarztes; er faßte sein Fach als Denker und scharfer Beobachter auf und galt in Thierkrankheiten als tüchtiger Diagnostiker. In der Therapie machte man ihm den Vorwurf, daß er zu sehr den früheren Pharmaceuten und Chemiker durchscheinen und [185] sich von der chemischen Ansicht der Lebensvorgänge, wie sie zu Beginn dieses Jahrhunderts gelehrt wurde, zu sehr beeinflussen ließ.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. VI, S. 15 [nach dieser geboren 1788, also um ganze 33 Jahre später als in Wirklichkeit].
Porträt. Holzschnitt mit Facsimile des Namenszuges in Schrader-Hering’s biographisch-literarischem Lexikon der Thierärzte, S. 459.