BLKÖ:Votypka, Joseph Slavin

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vovček, Marco
Band: 51 (1885), ab Seite: 306. (Quelle)
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Votypka, Joseph Slavin (čechischer Schriftsteller, geb. zu Vaclavice nächst Beneschau am 10. October 1802, gest. zu Przibram am 14. September 1870). Von seinem Vater, welcher Lehrer zu Vaclavice war, erhielt er den ersten Unterricht, dann kam er, um Gesang und Musik zu erlernen, nach Beneschau, wo er das Piaristengymnasium besuchte, und zuletzt nach Prag, wo er von 1820 und 1821 Philosophie, von 1822–1825 Theologie studirte. Während seiner Universitätsjahre lernte er alle später in der čechischen Literatur vielgenannten Männer, wie Černý, Čelakowský, Chmelenský, Hanka, [[BLKÖ:Jirsjk, Johann Valentin|Jirsik], [[BLKÖ:Jungmann, Joseph Jacob|Jungmann], Kamaryt, Špinka, Vinařický, Pesina, Slama und Andere kennen und wurde durch ihr Beispiel angeeifert, mit besonderer Hingabe čechische Sprache und Literatur zu betreiben. Vornehmlich war es Jungmann, der in [307] dieser Richtung eine anregende Thätigkeit entfaltete, da er etliche Male in der Woche seine Schüler um sich versammelte und ihnen über böhmische Sprache und Literatur Vorträge hielt. Zu diesen Schülern gehörte auch Votypka. Nach Beendigung des theologischen Studiums erlangte derselbe im August 1825 die Priesterweihe, worauf er in die Seelsorge trat und mehrere Jahre hindurch an verschiedenen Orten caplanirte. 1839 übertrug man ihm die Localie in Popovic, von dort wurde er zum geistlichen Dienste im Prager Blindeninstitut und aus diesem auf die Pfarre in Tuchtomiř berufen. Im Jahre 1848 als Pfarrer nach Hbit bei Przibram versetzt, erhielt er dann auch die Würde eines erzbischöflichen Notars und Vicariatssecretärs. 1864 von dem Erzbischof Cardinal Fürsten Schwarzenberg zum Vicar und Schuloberaufseher des Vicariates Przibram ernannt, versah er diese Aemter bis an seinen im Alter von 68 Jahren erfolgten Tod. Als Fachschriftsteller gab Votypka im Druck heraus: „Růženka, z Jedlova pro květoucí věk“, d. i. Das Röschen von Jedlov. Erzählung für das gereiftere Alter, nach dem Deutschen von Christoph Schmid (Prag 1842); – „Svatý Jiří vojín mučedlník Páně“, d. i. Der h. Georg, der Rittersmann und Märtyrer des Herrn (Prag 1843, kl. 8°.); – „Výstraha od pití páleného, kterouž dal v devíti poučeních v svatém postním čase roku 1840 milé osadě Popovické církevní kněz“, d. i. Warnung vor dem Branntweintrinken, gegeben in neun Belehrungen in der heiligen Fastenzeit des Jahres 1840 der lieben Gemeinde in Popovic (Prag 1841); – „Život nesvětějsí panny Marie“, d. i. Das Leben der allerheiligsten Jungfrau Maria (Prag 1843). Außerdem veröffentlichte er in dem čechischen Kirchenblatt „Časopis pro katoličké duchovenstvo“, d. i. Zeitschrift für die katholische Geistlichkeit, mehrere Artikel aus dem Gebiete der praktischen Seelsorge, so: „Ueber den gemeinschaftlichen Gesang“, „Der Geistliche in der Schule“, „Von der wahren Andacht“, „Von der Gründung wohlthätiger Vereine und von Versorgungshäusern“ u. s. w. Votypka war als Priester in Verrichtung seiner geistlichen Pflichten gewissenhaft und als Seelsorger ein wahrer Vater seiner Gemeinde, welcher er nicht nur in priesterlichen Amtshandlungen, sondern auch in allen praktischen Verrichtungen, wie im Gesang, in Musik, in der Bienen- und Obstzucht und in der Landwirtschaft, als Helfer und Rathgeber zur Seite stand. Mit einem Scharfblicke, wie ihn wenige Menschen haben, begabt, erkannte er nicht nur die Bedürfnisse der Gemeinde, sondern auch die der Einzelnen in derselben, denen er dann mit Rath und That, so weit es in seinen Kräften lag, aushalf. Besonders ein großer Freund der Schule und der Jugend, brachte er als Caplan, wie als Pfarrer und Vicar nicht selten zwei bis drei Stunden in der Schule zu, persönlich die Jugend unterrichtend in der Religionslehre und in anderen nützlichen Gegenständen. Dabei hatte er ein sorgfältiges Augenmerk auf die Dorfschulen und auf die Verbesserung des damals sehr übel gestellten Lehrerstandes. Doch ließ er es nicht bei Worten bewenden, sondern stiftete sich ein bleibendes Andenken in den Herzen der Bevölkerung durch Gründung einer Versorgungsanstalt für die Witwen und Waisen der Schullehrer der Prager Diöcese. Er selbst war ein ganz tüchtiger Pädagog und ein gewandter Redner im gewöhnlichen Leben wie auf der Kanzel, [308] und die meilenweit entfernte Bevölkerung strömte in seine Kirche, um ihn predigen zu hören, seine geistlichen Collegen aber erwählten immer ihn zum Festredner bei einer kirchlichen Feier. Die Musik war ihm von früher Zeit her eine Erholung, und als Caplan wie später als Pfarrer förderte er mir allen Kräften den kirchlichen Gesang, den er in seiner Pfarre eben durch seine Bemühungen zu einer ungewöhnlichen Vollkommenheit hob. Daher stand er nicht nur bei seinem Cardinal und den hohen Kirchenoberen, sondern auch bei seinen Collegen in der ganzen Diöcese und in seiner Gemeinde in hohem Ansehen, und wie ihn seine Mitpriester als ihren Rathgeber und Vertrauten in wichtigen Standesangelegenheiten betrachteten, so sah die seiner Leitung anvertraute Pfarrgemeinde in ihm ihren Vater und Helfer.