BLKÖ:Vorwort (Band 11)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: III. (Quelle)
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Vorwort.


Seit Beginn der Herausgabe dieses Lexikons sind mancherlei Veränderungen vorgekommen. Es sind viele jener denkwürdigen Personen, deren Lebensskizzen darin enthalten sind, mittlerweile gestorben; von vielen anderen haben Lebensstellung und Verhältnisse sich wesentlich verändert; endlich sind einzelne Personen in der Zwischenzeit in den Vordergrund getreten, über welche in einem Werke wie dieses, Aufschlüsse gesucht werden. Auch sind von mehreren Seiten an mich Aufforderungen ergangen, diese Veränderungen, Todesfälle und Ergänzungen in einem Anhange mitzutheilen. Da ich nun, in Rücksicht auf den Zweck meines Werkes, welches nicht allein ein Lexikon der Todten, als vielmehr eines der Lebenden ist, meine Ueberzeugung mit dem Wunsche der Leser und Benützer desselben ganz wohl vereinbaren kann, so unterzog ich mich um so lieber dieser übrigens sehr mühevollen Arbeit, als es mein Streben ist, alles anzuwenden und in Ausführung zu bringen, was die Brauchbarkeit und den Nutzen meines Lexikons zu steigern vermag. Freilich mußte ich mir auch mit dem Hinblick auf seine im gleichen Geiste zu bewerkstelligende möglichst schnelle Vollendung Beschränkungen auferlegen, um nicht dem alphabetischen Hauptstrome desselben durch diese Nebenzuflüsse Schaden zuzufügen.

[IV] Mit großem Vergnügen bemerke ich, wie mein Werk täglich mehr benützt wird, aber minder groß ist meine Freude, wenn es oft wörtlich geplündert und doch nicht als Quelle genannt wird, bis nicht endlich unter hundert Fällen einer der Benützer einen Irrthum entdeckt hat, und nun flugs, wie ein Schulknabe, der vor dem Herrn Lehrer die Finger erhebt, um über die Unwissenheit seiner Mitschüler zu triumphiren, ein Geschrei ausstoßt: „im Lexikon des ....., steht die zu mancherlei Betrachtungen Anlaß gebende Notiz u. s. w.“ Dieß war vor Kurzem der Fall, als der Maler Johann Höfel, ein Bruder des Xylographen Blasius Höfel, gestorben war. In meinem Lexikon stand neben seinem Geburtsdatum die Bemerkung: „Todesjahr unbekannt, lebte noch 1840“. Nun ist Höfel 1786 geboren, der 9. Band meines Lexikons, in welchem die Biographie Höfel’s steht, ist 1863 erschienen. Ist bei dem Umstände, daß so wenige Menschen ein so hohes Alter (77 Jahre)[WS 1] erreichen, obige Bemerkung: „Todesjahr unbekannt, lebte noch 1840“, etwa so außerordentlich, oder gar unrichtig? Ist in derselben nicht gerade der Zweifel über seinen Tod enthalten? Uebrigens hat jener Gelehrte, welcher die Notiz über Höfel’s Tod brachte und jenen Schmerzensschrei ausstieß und mit Hormayr’s Archiv, Dr. Nagler und Dr. Müller als Citaten herumwirft, den ganzen Quell seiner Weisheit aus meinem Lexikon geschöpft.

Und doch will ich mir selbst dergleichen gefallen lassen; aber gegen eine Methode, welche der bekannte Kunsthistoriker Dr. Springer, von Geburt ein Böhme, der in neuester Zeit unter die Geschichtschreiber gegangen, in den Citaten in seinem Werke: „Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809“ (Leipzig 1863, Hirzel, gr. 8°.) I. Theil, S. 272 Anmerkg., S. 451 Anmerkg., anwendet, lege ich Protest ein und bemerke, daß ein solcher Vorgang einem unbefangenen Historiker – und ein solcher will doch Professor [V] Springer sein – nicht ansteht. Wie ganz anders benimmt sich meinem Werke gegenüber der Deutsche. Dr. Friedrich Laurenz Hoffmann gab die Schrift: „Peter Lambeck als bibliographisch-literarhistorischer Schriftsteller und Bibliothekar“ (Soest 1864, gr. 8°.) heraus. Daselbst heißt es in einer Anmerkung, in welcher der Biographen des Lambecius[WS 2] gedacht wird, wörtlich: „In jeder Hinsicht Befriedigendes wird gewiß das musterhafte biographische Lexikon des Kaiserthums Oesterreich von Hrn. Dr. Constant von Wurzbach bringen“. Wahrhaftig, diese drei Zeilen eines mir unbekannten fernen Fachgenossen wiegen eine ganze Kritik auf. Leider wird Herrn Hoffmann’s Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen, denn Peter Lambecius (geb. 13. April 1628 und gest. 4. April 1680) fällt in eine Zeit zurück, die außer dem Bereich meines Lexikons liegt und gehört ganz dem 17. Jahrhunderte an, während in meinem Werke nur das 18. und 19. Jahrhundert berücksichtigt werden. Ich benütze aber diese Gelegenheit, dem Herrn Hoffmann für die gute Meinung, die er von meinem Lexikon hat, zu danken; sie mir auch für die Folge zu erhalten, werde ich bestrebt sein.

Schließlich stelle ich zwei Bitten. Die eine ist: zu berücksichtigen, daß mein Lexikon nicht bloß die berühmten Personen des Kaiserstaates, sondern die denkwürdigen überhaupt enthält. Den Unterschied zwischen berühmt und denkwürdig glaube ich aber den Benützern meines Werkes nicht erst erläutern zu müssen. Die zweite Bitte bezieht sich auf die an mich gelangenden brieflichen Anfragen. Seit ein paar Jahren werden von verschiedenen Seiten, selbst aus ferneren Gegenden Anfragen an mich gestellt über biographische Daten von Personen aller Länder und Stände; ja öfter werden mir auch Bürstenabzuge ganzer Hefte bio- und bibliographischen Inhalts mit der Bitte zugesendet, sie durchzusehen und zu glossiren. Ich habe bisher keine solche an mich gestellte Bitte unerfüllt gelassen; aber seit einiger Zeit häufen sich [VI] solche Anfragen und nehmen oft einen Umfang an, der mich zu Eingriffen in die mir so kostbare Zeit nöthigt. So schmeichelhaft mir diese Beweise literarischen Vertrauens sein mögen, so muß ich doch um einige Rücksicht bitten; erstens fehlt mir die physische Zeit, um allen diesen Wünschen gewissenhaft zu entsprechen, und dann wird die Sache durch eine Correspondenz, deren Kosten auch ich trage, kostspielig. Ich bin ein einzelner Mensch, nur wenige Stunden bleiben mir nach erfülltem amtlichen Berufe zur Ausarbeitung meines Lexikons, und da ich dasselbe ganz allein arbeite, brauche ich wohl Niemand weiter zu versichern, wie schwer mir die Erfüllung solcher Wünsche werden muß.

Dr. Constant von Wurzbach.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 87 Jahre.
  2. ADB:Lambeck, Peter bzw. Peter Lambeck (Wikipedia)