BLKÖ:Visconti, Philipp Maria

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 51 (1885), ab Seite: 53. (Quelle)
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14. Philipp Maria (geb. 1391, gest. 13. August 1447). Bruder des Vorigen, folgte demselben in der Regierung. Anfangs stand die Stadt Pavia auf seiner Seite, sonst hatte er es mit lauter Gegnern zu thun, die seit dem Tode seines Vaters Johann Galeazzo sich allmälig von Mailand frei und selbständig machten. Wohl unterwarf er sich 1421 das Gebiet Genua, das bis 1435 wieder bei Mailand blieb; als er aber den König Alphons V. von Aragonien, welchen die Genuesen zur See gefangen hatten, ohne Entgelt wieder frei ließ, ergrimmten dieselben so, daß sie ihm den Gehorsam aufkündigten. Den Besitz von Mailand konnte er sich auch nur dadurch sichern, daß er Beatrice Tenda, Facino Cane’s[WS 1] Witwe, die man nach Johann Marias Tode als Herrin von Mailand anerkannt hatte, heiratete, obgleich dieselbe mehrere Jahre älter war als er. Aber Philipp Maria bewährte an Beatrice die ganze Ruchlosigkeit des Visconti’schen Charakters. Schon längst hielt er ihr nicht die eheliche Treue, sondern lebte mit seiner Concubine Agnes von Maino, die aber, hiermit nicht befriedigt, als Gemalin den Platz an seiner Seite einzunehmen strebte und zur Erreichung ihres Zweckes kein Mittel zu schlecht fand. Es gelang ihr bald, Beatricen vor deren Gemal zu verdächtigen, sie eines sträflichen Einverständnisses mit einem Edelmanne Michele Orombelli, den sie selbst zum Liebhaber sich auserkoren, zu beschuldigen, und der seiner Gattin längst überdrüssige Philipp Maria, vergessend, daß er ihr die Herrschaft Mailands zu danken habe, nahm, ohne zu prüfen, den Verdacht gegen seine Gattin als erwiesen an und ließ sie enthaupten. Noch ehe Beatrice ihr Haupt auf den Henkerblock legte, rief sie aus: „Herr Gott, ich hoffe, deine Gerechtigkeit wird mein Andenken reinigen von der Schmach, die mir angethan wird“. Die Geschichte hat es gethan und Beatricens Ehre in ihrer Makellosigkeit hergestellt. Mit Hilfe seines berühmten Condottiere Carmagnola gelang es Visconti, sich nach und nach aller Gebirgstheile, welche Mailand unter den Vorfahren seines Herrschers besessen, aber auch wieder verloren hatte, zu bemächtigen, nur nicht Bolognas und der toscanischen Städte. Den Schweizern entriß er Bellinzona und 1442 bis 1446 das Levantiner Thal und nahm den Gedanken seines Vaters, die Errichtung eines Königreichs Italien ins Werk zu setzen, wieder auf, ohne jedoch ihn ausführen zu können. Durch Visconti’s Schuld fiel Carmagnola von demselben ab und trat in die Dienste Venedigs. An dessen Stelle nahm nun der Herzog als Condottieri Piccinino und [54] Francesco Sforza auf, entzweite sich aber mit Letzterem, der sich in den Besitz von Ancona gesetzt hatte und dem er zuletzt seine natürliche Tochter Blanca Maria (siehe die Folgende) zur Frau zu geben gezwungen war. Auch aus seiner zweiten Ehe mit Maria von Savoyen, einer Tochter des Herzogs Amadeus VIII., gingen keine Kinder hervor. Nur seine Concubine Agnes von Maino, der es aber trotz aller Ränke nicht gelang, seine Gattin zu werden, hatte ihm eine Tochter, die genannte Blanca Maria, geboren. Das tragische Geschick der unglücklichen Beatrice von Tenda hat Dichter und Künstler vielfach beschäftigt. Sie wurde namentlich in neuerer Zeit öfter zum Vorwurfe historischer Gemälde gewählt, sowie sich die Novelle und das Drama des nicht undankbaren Stoffes bemächtigten. Ja selbst die deutsche Literatur behandelte das Schicksal der unglücklichen Frau in einer Novelle, deren Autor nicht genannt ist. Dieselbe, betitelt: „Die letzte Visconti“, steht in der von Dr. Aug. Diezmann redigirten „Allgemeinen Modenzeitung“ (Leipzig, Baumgartner, 4°.) 1840, Nr. 40 und 41 abgedruckt. Philipp Maria Visconti war der letzte Herzog Mailands aus seinem Hause, mit seinem Tochtermanne Franz Sforza beginnt eine neue Dynastie der Herzoge von Mailand. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Facino Cave’s.