Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Viscardi, Giovanni
Band: 51 (1885), ab Seite: 43. (Quelle)
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Vischer, Conrad (Honvéd in den Jahren 1848 und 1849, geb. in Siebenbürgen 1826). Der Sproß einer siebenbürgischen Széklerfamilie, obwohl der Name auch in dieser veränderten Schreibung auf deutschen Ursprung hinweist. [44] Aber da sich Deutsche in ihrer Metamorphosirungsmanie in Polen, Čechen, Magyaren verwandelt haben, ist es ja möglich, daß sich auch einmal eine deutsche Familie verszéklert hat. Ein Conrad Vischer (geb. zu Csik-Szereda am 14. April 1801), wahrscheinlich der Vater des in Rede Stehenden, war seit 1812 Zögling der Wiener-Neustädter Militärakademie, wurde aus derselben 1815 als Regimentscadet zu Benyowski-Infanterie Nr. 51 ausgemustert, trat aber schon 1818 aus dem Regimente. – Im Jahre 1849 machte Conrad Vischer der Sohn (?) als dreiundzwanzigjähriger Honvéd den Feldzug in Siebenbürgen unter Bem mit. Nach der Niederwerfung der Revolution wurde er kriegsgerichtlich abgeurtheilt und in die kaiserliche Armee als Gemeiner assentirt. Ob er desertirte oder aber seine Entlassung erhielt, wissen wir nicht, bei Ausbruch des Krimmkrieges 1854 verschwor er sich mit Kossuth’schen Agenten zur Herbeirufung der Russen. Aber dieses Mal sollte er nicht so billig wegkommen wie das erste Mal, der Landesverräther wurde vor das Gericht gestellt und zu zwölfjähriger Kerkerhaft verurtheilt, aus der ihn 1857 die Laxenburger Amnestie befreite. Während des italienischen Feldzuges 1859 blieb er bis zum Tage von Villafranca in seiner Heimat internirt, aber Mitte December 1860 machte er sich auf den Weg nach Galacz, wo er bereits etwa 60 Landsleute vorfand, welche ein Kossuth’scher Agent, Namens Ladislaus von Berzenczey, zu einem Freicorps stellte, welches in Italien Verwendung finden sollte. Die Organisirung, wie Vischer berichtet, bestand nun darin, daß Berzenczey von den zwei Francs Diäten, welche die sardinische Regierung für den Kopf bewilligte, den einen in seine eigene Tasche gleiten ließ. Später kam ein ehemaliger Marketender, Namens Ant. Kajdácsi, damals von Kossuth zum Major befördert, mit dem Auftrage nach Galacz, besonders Magnatensöhne zur Emigration zu verlocken, da der Exdictator vornehme junge Leute als Geiseln zu seinen Zwecken brauchte. Jener Transport stach am 15. März 1851 unter Kajdácsi’s Befehl in die See und warf vor Constantinopel Anker, worauf Alexander Graf Karácsay von der dortigen Kossuth’schen Geheimpolizei – Ungarns Magnatensöhne schämten sich nicht, unter einem niedriger Verbrechen beinzichtigten Landesverräther infame Dienste zu leisten – am Bord erschien, um die Leute in Augenschein zu nehmen. Daselbst brachte nun Vischer von seinen Landsleuten in Erfahrung, daß Kossuth’s Agenten in Constantinopel mit der gesammten europäischen Polizei in Verbindung ständen, daß sie unbehindert widerspenstige Emigranten verhaften oder auch an Oesterreich ausliefern ließen, und daß schon mancher Widersacher Kossuth’s den Tod durch Dolch oder Gift gefunden. Am 26. März 1861 landete Vischer in Neapel und begab sich von dort zu der von Vetter [Bd. L, S. 231] befehligten ungarischen Legion in Nola. Daselbst, schreibt Vischer, habe er die Entdeckung gemacht, daß Kossuth und dessen gefügiges Werkzeug Vetter die alten Honvédofficiere zurücksetzten, dagegen österreichischen Officieren, welche wegen Diebstahls und Betrugs infam cassirt wurden, den Vorzug gaben. Weil nur solche Ehrlose bequeme Instrumente des Rebellenchefs abgaben, gedachte derselbe die Legionäre nun zu piemontesischen Soldknechten, oder zu Handlangern für Plonplon oder das Palais Royal zu [45] degradiren, während die Honvéds sich weder den piemontesischen Fahneneid abzwingen lassen, noch ins Feuer gehen wollten, ehe sie nicht sahen, daß es zu einem Kriege käme, bei dem es sich um das Interesse Ungarns handelte. Als Vischer und seine Székler von einem jener Officiere ruchbar machten, daß derselbe 1849 als Feldwebel im Urban’schen Corps furchtbar im Széklerlande gewirthschaftet habe, luden sie Kossuth’s und Vetter’s Zorn auf sich und hatten deshalb viele Unannehmlichkeiten zu erdulden. Als endlich die Dinge immer schlimmer wurden und Vetter nichts unversucht ließ, Vischer und den übrigen Széklern den piemontesischen Fahneneid zu entlocken, kam es zur Katastrophe. Ein gewisser Fezzelmeny, seines Zeichens ursprünglich Metzger, dann Stiefelputzer Kossuth’s, gerieth mit Vetter in Hader und prügelte ihn mit seinen betrunkenen Huszaren durch. Die Sache machte Aufsehen, und da sie nicht mehr vertuscht werden konnte, setzte Kossuth bei der italienischen Regierung es durch, daß Türr [Bd. XLVIII, S. 91] zur Untersuchung dieser Vorfälle beordert wurde. Dieser kam, jagte zuerst Vetter, dann Vischer und alle Kossuth feindlich gesinnten Officiere fort und übergab das Commando der Legion an Daniel von Ihass, den Stallmeister des Exdictators. Die übrigen Officiere kanzelte er wegen ihres „eselhaften“ Benehmens ab und sagte ihnen, sie sollten Gott danken, daß ihre „dumme“ ungarische Sprache kein Mensch verstehe und Seine Excellenz der Herr Präsident (Kossuth!!!) den Scandal habe vertuschen können. Vischer aber mußte vor seiner Entlassung erst mehrere Monate – vom 22. Mai bis 20. December – ohne Urtheil, ohne Verhör in einem Forte Genuas als Häftling schmachten, weil er sich entschieden weigerte, sich nach Constantinopel schaffen zu lassen, wo „die Kossuth’sche Bande“ ihn sofort ermordet haben würde. Endlich um Weihnachten 1861 brachten ihn italienische Polizisten bis an die französische Grenze, wo sie ihn nach Einhändigung von fünfzig Francs laufen ließen. Dies Alles und noch mehr, was über Kossuth’s und seiner Satelliten Gebaren interessante Aufschlüsse gibt, erzählt Conrad Vischer in der unten angegebenen Schrift, und wenn dieselbe auch offenbar im Unwillen über grobe Enttäuschungen und Nichtswürdigkeiten geschrieben ist, so trägt sie trotz alledem überall den Stempel der Wahrhaftigkeit und genügt, das frevle Treiben einer Bande zu entlarven, die dem Verrathe, der Fahnenflucht und dem Meineide als hüllende Maske den Tugendmantel der Vaterlandsliebe umhängt.

Vischer (Conrad). Kossuth und die Legion in Italien (Leipzig 1862, Wagner, gr. 8°.).