Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vinař, Franz
Band: 51 (1885), ab Seite: 5. (Quelle)
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Vinař, Vincenz (Tonsetzer und Musikgelehrter, geb. zu Divisov nächst Beneschau im Taborer Kreise Böhmens am 7. Februar 1835). Sein Vater, Organist zu Divisov, war ein ausgezeichneter Musicus aus der Schule des berühmten Tomaschek; er ertheilte dem Sohne Unterricht im Piano- und Orgelspiel, dann auch im Gesange. Vincenz, welcher sich ganz der Musik widmete, wirkte in noch jungen Jahren schon als Pianofortelehrer zu Jungbunzlau, später als Organist in Turnau, wo er seine theoretischen Studien in der Musik beendete. Einem Rufe des Directors Pitsch [Bd. XXII, S. 370], damaligen Leiters und ersten Lehrers an der Prager Orgelschule folgend, begab er sich 1855 nach Prag und besuchte daselbst dieses Institut, an welchem er von seinem Meister zu dessen Adjuncten und in der Kirche St. Nicolaus, an welcher Pitsch als Organist fungirte, zum Stellvertreter ernannt wurde. Unter dieses Lehrers Leitung entfaltete sich Vinař’s Talent im Orgelspiele immer schöner, und nachdem derselbe seinen Lehrcurs glänzend bestanden hatte, erhielt er durch Johann Friedrich Kittl [Bd. XI, S. 340], damaligen Director des Prager Conservatoriums, zugleich mit der Stelle eines Chordirectors ein Lehramt an der Musikschule zu Petrinia in Croatien. Cardinal Haulik, welcher den trefflichen Musicus bald lieb gewann, ernannte ihn im August 1857 zum Organisten an der Kathedrale in Agram. Daselbst entfaltete nun Vinař auch als Componist eine Thätigkeit, die seinen Namen in musikalischen Kreisen bald bekannt machte, und bei seiner immer wachsenden Beliebtheit gelang ihm auch die Absicht, eine croatische Anstalt zur Erlernung des Pianospiels und Gesanges zu errichten. Im Frühlings 1861 als Stadtorganist- und Capellmeister nach Chrudim in Böhmen berufen, gründete er daselbst den Gesangverein „Slavoj“, welcher sich in kürzester Zeit zu einem der bedeutendsten Gesangvereine in Böhmen aufschwang. Etwas über ein Jahr hatte er in seiner neuen Stellung gewirkt, als auf Veranlassung des Starosten des Prager Vereines „Sokol“ seine Ernennung zum Director der Capelle desselben erfolgte. Noch Ende des Jahres 1861 wurde er Chordirector an der Heiligengeistkirche in Prag. Wie schon oben erwähnt, trat Vinař bereits während seines Aufenthaltes in der croatischen Hauptstadt als Compositeur auf, und zwar brachte er zu Pfingsten 1857 – damals ein 22jähriger Mann – seine große Festmesse in der Agramer Kathedrale zur Aufführung. Dann componirte er zu Ehren des Banus Sokčevic einen großen Marsch, und zur Begrüßung des neuen Banus Grafen Coronini setzte er eine von Heinrich Terebelský [Bd. XLIII, S. 287] gedichtete Hymne in Musik, und zwar für gemischten Chor mit Begleitung des großen Orchesters. Seine nächsten größeren Arbeiten aber waren: ein „Ave Maria“, welches er dem Domherrn Alfred Grafen Skurkowski in Krakau widmete, und ein großes Orgelconcert für den Agramer Bürger A. Felbinger. Von seinen übrigen Compositionen sind im Druck erschienen, 1862: „Slovan. Směš z pisní slovanských“, d. i. Der Slave. Potpourri über slavische Lieder, für das [6] Pianoforte (Prag, Schalek und Wetzler; 3. Aufl. 1868) – „Berounanka“ und „Katynka Polka. Třasák“ (beide bei Fleischer in Prag); – 1863: „Protiklus Kvapik“ (ebd.); – 1869: „Pochod ku slavnosti odhalení pomníku Fügnerova ku dni 18. července 1869“, d. i. Marsch zur Feier der Enthüllung des Fügner-Denkmals am 18. Juli 1869 (Prag, Schindler). Außerdem schrieb er viele Vocal- und Instrumental-Messen und sonstige Kirchenmusikstücke, welche noch ungedruckt sind. Ferner componirte er die Opern: „Vodník“, d. i. Der Wassermann, und „Husitská žena“, d. i. Das Weib des Hussiten, beide Manuscript, und zahlreiche Chöre für Männergesang, darunter einen Festchor anläßlich der Grundsteinlegung des čechischen Nationaltheaters. Aber auch als Musikschriftsteller trat Vinař auf, und zwar gab er die „Nauka o instrumentaci“, d. i. Instrumentationslehre (Prag 1864, Kober) heraus, das erste theoretische Werk über diesen Gegenstand in čechischer Sprache; veröffentlichte im ersten Jahrgange der Zeitschrift „Česká Thalia“, d. i. Čechische Thalia, die Abhandlung: „Slovo o Kontrapunktu“, d. i. Ein Wort über den Contrapunkt; im achten Jahrgange der Musikzeitung „Dalibor“ die Abhandlung: „Slovo varhanách a hře na varhany“, d. i. Ein Wort über Orgel und Orgelspiel, und in beiden genannten Blättern Referate über Opernaufführungen und Anzeigen, Besprechungen und Kritiken der erscheinenden Musikwerke und Compositionen. –