Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vasváry, Paul
Band: 50 (1884), ab Seite: 1. (Quelle)
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Vastag, Georg (Maler, geb., zu Szegedin in Ungarn 1834). Der Sohn armer Bürgersleute, zeigte er schon als kleiner Knabe ausgesprochene Anlagen zum Zeichnen und machte sich bei seinen Lehrern und Mitschülern durch dieselben besonders beliebt, da er Schreibhefte und Rechentafeln mit seinen Figuren und idealen Gestalten übersäete. Aber bald genügten ihm Griffel und Bleistift nicht mehr, die Oelmalerei wurde das Ideal seines Strebens, das ihm bei Tag und Nacht keine Ruhe ließ. Seine ersten Versuche waren ganz primitiver Natur, er malte zunächst Christusbilder für Klempner, dann wagte er sich an Heiligenbilder und kam damit so gut fort, daß er sie unter der Hand verkaufen und um den Erlös sich ordentliche Malutensilien anschaffen konnte. Das aber war nichts weniger als nach dem Sinne seiner Eltern, die in der Kunst des Malens den goldenen Boden des Handwerks vermißten und nach dem damaligen Ideengange Maler und Seiltänzer nebeneinanderstellten. So blieb er denn von Seite der Eltern ohne alle Förderung in seiner Kunst; aber es gelang ihm doch auf heimlichem Wege, in derselben, wenn auch nur langsam, vorwärts zu kommen, indem er mit einem Maler, wie deren von Zeit zu Zeit, um Wirthshausschilder und Bildstöckel zu malen, das Land unsicher machen, bekannt wurde. Heimlich besuchte er den Meister, welcher, da ihm das Talent des Jünglings imponirte, sich willig fand, denselben in den allernothwendigsten Anfangsgründen der Kunst, wie er sie eben übte und verstand, zu unterweisen. So standen die Dinge, als Vastag, vierzehn Jahre alt, in den Strudel der Revolution 1848 hineingerissen, in die Reihen der Honvéd trat. Nun focht er die Schlachten und Kämpfe der Erhebung mit, wurde auch wiederholt verwundet, kehrte aber, als Ungarn unterlag, zu Pinsel und Palette zurück, durch die er sich zunächst die nöthige Summe ermalte, um zur Vollendung seiner Studien ins Ausland gehen zu können. Nun begannen Künstlers Wanderjahre mit – Noth und Entbehrungen aller Art. Damit er nur sein Dasein friste, malte er Bildnisse der entsetzlichsten Leute, und hatte er sich so das Nöthigste erworben, so kehrte er zu seiner Lieblingsarbeit, zum Studium der Trachten und Sitten zurück, dem er auch später treu geblieben ist, und in welchem wohl die Hauptstärke seiner Kunst besteht. Nach mannigfachen Irrfahrten fand er Zutritt in die Wiener Akademie, in welcher er sich ernstlich seiner Kunst zuwendete und mit allem Eifer und Fleiß seine Entwickelung förderte. Aus einer Notiz des Wiener „Fremden-Blattes“ erfahren wir nun, daß ein Graf Nemes den jungen Maler kennen gelernt und von dessen [2] Begabung bald überzeugt, ihm die reichlichste Unterstützung gewährt habe. Vastag’s Studien in der Wiener Akademie blieben nicht ohne Erfolg, und als er in den Ausstellungen des österreichischen Kunstvereines 1870 und der folgenden Jahre mit einigen Bildern erschien, richtete sich bald die Aufmerksamkeit auf den Künstler, insbesondere als er 1872 sein erstes Zigeunerbild brachte, zu dessen Figuren er in Siebenbürgen, wo er sich zu jener Zeit aufhielt, die lebenden Originale gefunden. Nachdem er im Mai 1870 ein Porträt und im März 1871 eine „Kindergruppe“, gleichfalls Porträte, ausgestellt hatte, kamen im Februar und März 1872: „Die rumänische Liebeserklärung am Zaun“ (800 fl.) und „Türkische Zigeuner an der Brücke“, und im Jänner und Februar 1873: „Rumänische Zigeuner“, „Zigeunerrast in einer Ruine“, „Die Wahrsagerin“ (1200 fl.) und Rumänisches Zigeunermädchen Schwämme suchend“, mit dem fabelhaften Preise von 10.000 fl. kurz vor dem Krache, wo der Uebermuth der Börsianer alle Preise ins Ungeheuerliche steigerte und auch die Kunst ihre Ernte zu halten verstand; freilich folgten der Katastrophe die mageren Jahre, die seitdem nicht enden zu wollen scheinen. Jedenfalls gebührt der Stadt Wien das Verdienst, dem Talente des Künstlers die erste rückhaltlose Anerkennung gezollt zu haben. Von Siebenbürgen, wo Vastag seine Zigeunerstudien, durch die er eben berühmt geworden, nach den Originalen gemacht hatte, übersiedelte er später nach Pesth. Daselbst nahm er seinen bleibenden Aufenthalt und malte neben seinen Zigeunerbildern auch fleißig Porträte. Außer den bereits angeführten Bildern des Künstlers sind uns noch bekannt: „Spielende und tanzende Zigeuner in einer rumänischen Bauernstube“; – „Moldauische Zigeuner überschreiten einen Bach“; – „Brautwerbung in einer rumänischen Stube“; – „Rumänisches Bauernmädchen im Begriffe, ihr Haar vom Hausirer sich abschneiden zu lassen“; – „Zigeuner in einer verfallenen rumänischen Hütte Karten spielend“; – „Ein walachischer Sonntag“. Von den nach den Bildern des Künstlers gezeichneten zahlreichen Holzschnitten, durch welche derselbe in weiteren Kreisen rasch bekannt wurde, nennen wir folgende [die mit einem Sternchen (*) bezeichneten sind in Folio, alle anderen in 4°.]: „Wiedersehen in Siebenbürgen“, Xylogr. Anst. Hempel [in der Wiener „Neuen Illustrirten Zeitung“, 1873, Nr. 43]; – „Die Geächteten“, nach einer Zeichnung von A. Schubert in R. Hempel’s X. A. xylographirt [Schlesinger’s „Illustrirte Plaudereien“, 1873, S. 300]; – „Türkischer Zigeuner“, ohne Angabe des Xylographen [„Illustrirte Welt“, 1873, S. 469]; – „Rumänische Liebeserklärung“, Ed. Hallberger’s X. A., Th. B. sc. [„Illustrirte Welt“, 1873, S. 213]; – „Siebenbürgische Schwämmesucherin“, X. A. von Emil Ost [„Illustrirte Blätter“, 1873, S. 364] und dasselbe Bild mit der Bezeichnung: *„Die Pilze suchende Zigeunerin“, X. A. von R. Hempel in Wien, Monogramm des Xylographen [„Neue Illustrirte Zeitung“, Wien 12. October 1873, Nr. 41]; – *„Szekler werden von Gendarmen über die Grenze escortirt“, E. Hallberger’s X. A. [„Ueber Land und Meer“, Bd. XXIX (1873), Nr. 26, S. 504]; – *„Die Kartenlegerin“, X. A. von R. Hempel [„Illustrirte Volkszeitung“, 1874, S. 209]; – *„Zigeunerrast in einer Ruine“ (Odpočinek cikánů v starém hradě), ohne Angabe des Xylographen [„Světozor“, 1873, Nr. 43]; – „Eine Zigeunerin“, X. A. [3] von Brend’amour [„Buch für Alle“, 1873, S. 41]; – *„Zigeunermädchen“, rauchend, in der rechten Hand ein Kartenspiel, eine der gelungensten Studien des Künstlers, E. H. X. A., Claudius sc. [„Ueber Land und Meer“, Bd. XXXIII (1875), S. 69]; – *„Ein kurzer Aufenthalt“, E. H. X. A., H. Uhlrich sc. [„Ueber Land und Meer“, Bd. XXXVII (1877), S. 29]; – *„Eine walachische Bauernfrau“, gleichfalls eine prachtvolle Studie, E. H. X. A., H. Claudius sc. [Ueber Land und Meer“, Bd. XLII (1879), S. 964]; – *„Zigeunermädchen“, verschieden von den früheren, aber nicht minder wirkungsvoll und wahr, Kaeseberg und Oertel X. I. [„Ueber Land und Meer“, Bd. XLVI (1880), S. 949]. Ob die Illustrationen, die der Künstler zu Gedichten Petőfi’s zeichnete und in seinem Atelier in Pesth 1880 ausstellte, für eine Ausgabe dieses Poeten benützt oder sonst irgendwo veröffentlicht wurden, ist mir nicht bekannt. Von seinen Bildnissen aber sind zu nennen: „Graf und Gräfin Nemes“; – „Emanuel Graf Péchy, Gouverneur von Siebenbürgen“ (1872); – „Erzherzog Joseph“, in der Uniform als Honvéd-Obercommandant; – Herzogin Clotilde“; – „Baronin Döry“; – „Emil Vacano“. Vastag ist zur Zeit Maler par excellence der ungarischen Aristokratie und steht wohl auf dem Höhepunkte seines Schaffens und in seinem Gebiete als Zigeunermaler vielleicht einzig da. Gegenwärtig im schönsten Mannesalter, dürfte er der Kunst noch manche werthvolle Schöpfung darbringen. Ein Kritiker schreibt über diesen Künstler: „Vastag ist eine Spezialität in seiner Malweise. Er hält sich fast erschreckend treu an die Natur. Aber er malt diese Natur mit so viel Hingebung und Liebe, daß er sie immer zu verklären weiß. Das ist besonders an seinen Zigeunerbildern zu bemerken, in welchen dieses merkwürdige Volk trotz der Treue in der Darstellung, doch förmlich idealisirt wird. Weshalb denn auch unserem Künstler zutreffend der Name eines „Zigeuner-Rafael“ gegeben wurde. Vastag ist nicht nur in Ungarn ein vielgenannter und starkgesuchter, besonders in den höheren Kreisen sehr bevorzugter Maler, der Ruf seiner Künstlerschaft hat sich auch, namentlich durch die mitunter sehr gelungenen Holzschnitte der illustrirten Zeitung „Ueber Land und Meer“ (X. A. E. H.), in Deutschland und weiter verbreitet. Was er aber ist, ist er vornehmlich durch eigenes Können und Wollen und zumeist in seinem Vaterlande, wo die Kunst durch die grellste Camaraderie von allen Seiten angefeindet wird. Er hatte lange mit nicht geringen Hindernissen zu kämpfen; seine landsmännischen Schablonenmaler thaten Alles, um ihn zu vertuschen. Aber auf die Dauer ging es doch nicht. Der himmlische Strahl seiner Kunst brach durch, und wie er einmal zu leuchten begann, war dieses Licht weder zu verdunkeln, noch zu verlöschen“. Der officielle Ausstellungsbericht, herausgegeben durch die Generaldirection der Weltausstellung 1873, Gruppe XXV. Bildende Kunst der Gegenwart. Bericht von Joseph Bayer und Joseph Langl, ist nicht eben günstig auf Vastag zu sprechen. Namentlich finden die Kritiker (S. 9) die wichtigere Behandlung eines Gegenstandes wie die Zigeuner „unerfreulich“, erkennen aber die coloristischen Verdienste des Malers an. Nun, mit diesem Urtheile mögen die Kritiker sich immerhin selbst abfinden, und unsere Sache ist es nicht, dasselbe zu glossiren. Wohl aber finden wir uns berechtigt, von einem Ausstellungsberichte Correctheit in den [4] Eigennamen zu verlangen, und den Künstlernamen Vastag in Vastay zu entstellen, ist unstatthaft.

Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung (Stuttgart, Hallberger, kl. Fol.) Bd. XXXIV (1875), Nr. 35, S. 690. – Presse (Wiener polit. Blatt) 23. Jänner 1880, Nr. 23, im Feuilleton: „Vom Maler der Zigeunermädchen“. Von Hugo Klein. – Müller (Herrn. Alex. Dr.). Biographisches Künstler-Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1882, Bibliogr. Institut, br. 12°.) S. 531. – Kataloge der Ausstellungen des (Wiener) österreichischen Kunstvereines. 1870: Mai; 1871: März; 1872: Februar, März, Mai; 1873: Jänner. Februar. – Eigene Notizen.
Porträt. „Georg Vastag“. Originalzeichnung von G. Kühn, in Nr. 35 von „Ueber Land und Meer“, 1875.