BLKÖ:Vörtel, Friedrich Wilhelm

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Veresmarty, Samuel
Band: 51 (1885), ab Seite: 157. (Quelle)
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Vörtel, Friedrich Wilhelm (Glasmaler, geb. zu Dresden 1793, gest. in Stuttgart 1844). Ein nicht geringer Theil der Thätigkeit dieses in seinem Fache ausgezeichneten Künstlers spielt sich in Oesterreich ab, so daß wir ihm eine Stelle in unserem Werke einräumen müssen. Sein eigentlicher Name ist Viertel, vom Jahre 1829 ab nannte und schrieb er sich aber selbst immer Vörtel. Anfangs erwarb er sich durch Notenstechen und kleinere Arbeiten auf Glas und Porzellan seinen Lebensunterhalt, bis er an dem älteren Mohn, der selbst ein geschickter Glasmaler war, einen Lehrer fand, unter dessen Anleitung er mit dem Geheimnisse der Bereitung von Schmelzfarben und mit der Art und Weise, dieselben auf Glas aufzutragen, bekannt wurde. Aus dieser friedlichen Beschäftigung riß ihn der Krieg, der 1813 Alt und Jung zu den Waffen rief. Vörtel trat als Freiwilliger in eine sächsische Schützencompagnie ein und marschirte mit derselben nach Frankreich. Nach dem Pariser Frieden (30. Mai 1814) kehrte er in seine Heimat zurück, nahm seine alte Beschäftigung wieder auf und widmete sich an der Dresdener Akademie auf das eifrigste seinen Kunststudien. Vor Allem bildete er sich im Landschaftsfache aus, half aber auch seinem Lehrer Mohn bei dessen Arbeiten in der Glasmalerei, welche jedoch damals meist auf Wappen an Trinkgeschirren und Fenstertafeln u. dgl. m. beschränkt blieben. Als dann Mohn der Vater 1815 starb, fand Vörtel an dessen Sohne Gottl. Samuel [Bd. XVIII, S. 435] einen nicht minder freundlichen Förderer und ging 1817 nach Wien, wo er diesem Künstler bei den Glasmalereien, mit deren Ausführung im Schlosse Laxenburg nächst Wien derselbe betraut war, als Gehilfe zur Seite stehen sollte. Der Aufenthalt in der Residenz erwies sich für unseren Kunstjünger auch noch in anderer Weise förderlich, indem er daselbst Gelegenheit fand, sich an dem polytechnischen Institute dem Studium der Chemie zu widmen, welches ihm bei der Bereitung aller zur Glasmalerei erforderlichen Farben manche Geheimnisse enthüllte, die auf deren Mischung, Nuancirung, Glanz und Pracht Bezug hatten. Bald nahm ihn Mohn auch nach dem Brandhofe, dem in Steiermark unter dem nördlichen Gipfel des Seeberges gelegenen Landgute des Erzherzogs Johann, mit, um ihn dort mehrere Fenstergemälde ausführen zu lassen. Gemeiniglich werden nur Mohn und Kothgasser als die Glasmaler genannt, welche den Brandhof mit Bildern ausschmückten; aber in Wahrheit fällt doch ein gut Theil auf Vörtel. 1821 kehrte Letzterer nach Dresden zurück und setzte daselbst seine Kunststudien und Arbeiten fort. Er malte nun meist auf weißen Glastafeln mit dem Pinsel in allen Farben. Eine solche Tafel aus dieser Zeit stellt die „Himmelfahrt [158] Mariä“, nach einem Stiche von Sadeler, dar. Auf derselben waren das Orange im Gewande Christi, das Blau in jenem Marias und das Violett in jenem Gottvaters seine Farbenentdeckungen. Eine andere Glastafel zeigt die schöne Philippine Welser mit dem Erzherzog Ferdinand, über Beiden das Wappen von Tirol. Beide Bilder erregten durch ihren Farbenschmelz großes Aufsehen, und schon glaubte man damals, das im Laufe der Zeit verloren gegangene Geheimniß der alten Glasmaler, den Farben Glanz und Feuer zu verleihen, sei wieder gefunden, was jedoch unserem Künstler erst später gelang. 1826 erhielt Vörtel mit seinem Collegen Scheinert den Auftrag, die Weinbergvilla des damaligen Königs von Sachsen mit einem Glasgemälde zu schmücken, bei welcher Gelegenheit alle bisherigen Errungenschaften in dieser Kunst in Anwendung gebracht werden sollten. Er selbst stellte zwei Bildnisse österreichischer Regenten, dann die zwei Flußgötter der Donau und Elbe dar; die Bildnisse der zwei Sachsenfürsten und das Medaillon mit der Madonna sind von Scheinert. 1828 erhielt er wieder einen Ruf nach Wien, um, da Mohn mittlerweile gestorben war, die Reihe der Glasgemälde in Laxenburg, welche noch auszuführen war, zu vollenden. Auch hier erscheint meist nur Mohn als Künstler genannt, während in Wirklichkeit ein großer Theil der Gemälde Vörtel’s Arbeit ist. 1829 ging Letzterer nach München, wo er lange Jahre arbeitete, unter anderen viele Bilder für Dr. Melchior Boisserée meist nach altdeutschen Gemälden, darunter vier Fensterflügel mit acht Aposteln nach Meister Wilhelm von Köln, die übrigen nach van Eyk, Hemling, Johann von Mehlem, Hugo van der Goes. Alle diese Bilder sind auf einzelnen Glastafeln ohne Bleiverbindung copirt und von seltener Farbenpracht und zeigen eine zarte, reine und sichere Behandlung, Einfachheit und Wärme der Töne. Von anderen Glasbildern Vörtel’s nennen wir: Madonna del Sisto nach Raphael, Madonna nach Murillo, aus der Galerie von Leuchtenberg, Fenster mit Christus und den Aposteln für die Fürstencapelle in Meiningen u. m. a. Die Bereitung der Schmelzfarben und des Flusses ist seine Erfindung, auch löste er durch die schwierigsten und nicht ungefährlichen Versuche die Aufgabe, alle Farben mit dem Pinsel auf weißes Glas aufzutragen und einzuschmelzen. Dabei war er als Privatmann ganz auf sich selbst angewiesen. Namentlich seine späteren Werke, sind von seltener Schönheit. Die Zahl seiner kleineren Bilder ist eine ziemlich bedeutende. Aber bei seinen Versuchen, insbesondere mit dem Farbenschmelz, hatte der Künstler durch Einathmung gefährlicher Gase seine Gesundheit geopfert. Um sich zu kräftigen, brachte er den Winter 1842 auf 1843 im südlichen Tirol und den Herbst des letzteren Jahres des milderen Klimas wegen in Stuttgart zu, aber ohne Erfolg, denn schon im Herbst 1844 wurde er in der Vollkraft seiner Jahre – er zählte deren erst 50 – vom Tode dahingerafft. In der Geschichte der neueren Glasmalerei behält er eine bleibende und hervorragende Stelle.

Porträt. Gemalt von dem Dresdener Hofmaler Vogel von Vogelstein in dessen Sammlung von Bildnissen berühmter Menschen, welche über ein halbes Tausend umfaßt.