BLKÖ:Várady, Gabriel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 49 (1884), ab Seite: 262. (Quelle) | |||
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Coloman Tisza für den Beschluß, Ladislaus Szalay für die Adresse gesprochen hatten, erhob er sich für den Beschluß. Er erklärt das Diplom vom 20. October, das Patent vom 26. Februar und die Thronrede vom 1. Mai für ebenso viele Rechts- und Gesetzverletzungen, er erklärt es für lächerlich, wenn sich noch immer Leute finden, die da glauben, daß die Ungarn Deputirte in den Reichsrath entsenden würden; um einen Beschluß zu fassen, brauche man keine physische Gewalt, keine factische Macht, dazu genüge jene moralische Kraft, welche Ungarn besitze; das Gesetz, das Recht, auf welche dieser Beschluß gegründet, werde einen viel größeren Erfolg sichern, als die Legionen Bajonnete der factischen Gewalt, welche nicht mehr der Nimbus der Unüberwindlichkeit umgebe. Und so meinte er die Verantwortlichkeit dafür übernehmen zu können, daß er für den Beschluß stimme. Diese Rede wurde gemeinschaftlich mit denen von Tisza, Szalay, Kubinyi und Bartal gehaltenen unter dem Titel: „Debatte über Deák’s Adresse 16. Mai“ (Pesth 1861, 8°.) gedruckt. Várady ward auch später immer wieder in das Abgeordnetenhaus gewählt, in welchem ihn ein unterrichteter Kenner der ungarischen Verhältnisse zu den fünf Burggrafen der ungarischen Linken zählt. Derselbe schildert ihn schon im Jahre 1870 wörtlich folgendermaßen: „Unter den Universalgenies, an denen alle unsere parlamentarischen Parteien so reich sind, ist Várady eines der universellsten. Er schickt dem in seinem Comitate erscheinenden Wochenblättchen elegisch-dithyrambisch-, sentimental-humoristisch-, politisch-literarisch-kritische Correspondenzen aus Pesth zu, die ihm in den Augen seiner Freunde die Anwartschaft auf die Intendantschaft des Nationaltheaters sicherten. Er ist allgewaltiger Herrscher über das reformirte Collegium in Szigeth, von wo er voriges Jahr (1869) aus purem Liberalismus und tiefer Achtung vor Meinungsfreiheit einen Lehrer wegen eines unliebsamen Correspondenzartikels in kurzem Wege maßregelte. Er ist Eisenbahnverwaltungsrath und daher natürlich Finanzmann und Staatsökonom von erster Qualität. Er war nicht nur Zögling eines österreichischen Cadeteninstitutes, sondern später auch Honvédhauptmann; wie kann es [263] da fehlen, daß ihm der „Neue Freie Lloyd“ ein Diplom über „tiefe (militärische) Fachkenntnisse“ ausstellt, und daß Várady Heer und Flotte als seine besondere Domäne ansieht? Ende gut, Alles gut, besitzt er auch wirklich ein klangvolles, sympathisches Organ, das, verbunden mit einem schwungvollen Vortrage, ihm schon bei seinem Debut 1861 von einigen Hyperenthusiasten den Namen Kossuth II. eingetragen, [Kossuth [Bd. XIII, S. 8 u. f.] litt bekanntlich in Bezug auf Mein und Dein an continuirlicher Begriffsverwirrung.] Der Verein so vieler Vorzüge berechtigt gewiß dazu, namentlich in solchen Fällen hervorzutreten, wo es sich darum handelt, den Leuten auf der äußersten Linken und durch sie nach Turin (wo damals Ehren-Kossuth weilte) hin zu sagen: Seht Ihr’s, wir brauchen nicht erst des Mahnrufes, auch wir schlummern und schlafen nicht und lasten uns in treuer Erfüllung der Pflicht patriotischen Spectakelns von Keinem was vorgeben!“ So der Pesther Berichterstatter. Thatsache bleibt es, daß Várady im Parlamente einen solchen Einfluß zu gewinnen verstanden, daß ihn das Unterhaus zu seinem Vice-Präsidenten und zum Mitglieds der Delegation des ungarischen Reichsrathes aus seiner Mitte wählte. Ueberdies war er externes Mitglied der judiciellen Staatsprüfungen in Marmaros-Szigeth. So standen die Verhältnisse, als im Juli 1879 aus den Enthüllungen im Proceß Schweizer-Sonnenberg Vice-Präsident Várady derart compromittirt hervorging, daß, wenn ihm, auch kein Verbrechen im Sinne des Strafgesetzes nachgewiesen werden konnte, er doch für jede Gesellschaft von Ehrenmännern unmöglich geworden. Dieser Ansicht war nur er selbst nicht. Er legte wohl, von der öffentlichen Meinung verurtheilt, sein Abgeordnetenmandat nieder, reichte aber, nachdem er gegen seinen Willen – in Ungarn ist ja so Vieles möglich, was anderwärts unmöglich – wieder gewählt worden war, sein neues Mandat im Jänner 1880 im Hause ein, wo es dem Verificationsausschusse überwiesen wurde, welcher Várady’s Wahl bestätigte. Schon in der oben mitgetheilten Skizze des Pesther Correspondenten geschah der journalistischen proteusartigen Thätigkeit Várady’s Erwähnung. Jene journalistischen Arbeiten sind nicht mit seinem Namen gezeichnet. Dagegen finden wir ihn wiederholt als Verfasser topographisch-historischer Aufsätze, und zwar schrieb er: in „Szigeti Album“ 1860, S. 1: „Máramaros-Sziget ismertetése“, d. i. Nachricht über Marmaros-Szigeth; – in „Honvéd-Album“ 1868, S. 47: „Egy nap Bémnél“, d. i. Einen Tag mit Bem; – in „Archaeologiai Értesitő“ III, 1870, S. 59: „Páty“.
Várady, Gabriel (Mitglied des ungarischen Repräsentantenhauses, geb. um das Jahr 1820). Der Sproß einer ungarischen Edelmannsfamilie. Für den Soldatenstand bestimmt, wurde er Zögling eines kaiserlichen Cadeteninstitutes. Dann kam er in die königlich ungarische Leibgarde, in welcher er 1843 als Unterlieutenant diente. Nach Ausbruch der Bewegung im Jahre 1848 schloß er sich derselben an und focht als Honvéd-Hauptmann in den Reihen der Revolutionsarmee. 1850 entkam er auf abenteuerliche Weise nach Stuttgart, wo er sich mit seiner Frau längere Zeit geheim aufhielt. Aus dem Hintergrunde seines bis dahin unbeachtet gebliebenen Wirkens trat er im Jahre 1861, in welchem er vom Tecsöer Bezirke des Marmaroser Comitates als Abgeordneter gewählt wurde, in den mittels königlichen Einladungsschreibens vom 14. Februar auf den 2. April in die königliche Freistadt Ofen einberufenen ungarischen Landtag. In der 23. Sitzung am 16. Mai, in welcher vor ihm- Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 6. Juli 1879, Nr. 1; dieselbe 3. Jänner 1880, Nr. 8, S. 29 und 24. Jänner 1880, Nr. 24, S. 341. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1870, Nr. 2006: „Pesth, 27. März“. – Népzászlója Naptára (Pesth) Bd. III, 1871, S. 38.