Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Szuhányi, Franz
Band: 42 (1880), ab Seite: 278. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Józef Szujski in Wikidata
GND-Eintrag: 102224528, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Szujski, Joseph|42|278|}}

Szujski, Joseph (Dichter und Geschichtsforscher, geb. zu Tarnow in Galizien 1835). Das Gymnasium besuchte er zunächst in seiner Vaterstadt Tarnow, zuletzt in Krakau, wo er auch im Jahre 1854 mit dem Zeugniß der Reife die Jagiellonische Universität bezog, um sich dem Studium der Rechte zu widmen. 1857 schrieb er sich daselbst in der philosophischen Facultät ein, welche er später in Wien weiter frequentirte. Nach Beendigung der einschlägigen Studien zum Doctor der Philosophie promovirt, begab er sich auf seine Besitzung im Dorfe Kurdwanow nächst Krakau. Im Jahre 1870 wurde er zum ordentlichen Professor der polnischen Geschichte an der Krakauer Hochschule ernannt. Szujski entwickelte vorerst auf dramatischem Gebiete eine ungemein fruchtbare Thätigkeit. Schon 1858 trat er mit kleineren poetischen Arbeiten in [279] verschiedenen polnischen Blättern. Hauptsächlich in dem zu Lemberg erscheinenden „Dziennik literacki“ auf, bald aber folgten diesen Proben seines poetischen Genius größere Werke, und zwar zunächst das fünfactige Drama „Halszka z Ostroga“, d. i. Halszka von Ostrog, welches sonderbarer Weise zunächst in böhmischer Uebersetzung 1860 zu Prag und dann erst im Original auf den Bühnen in Krakau und Lemberg aufgeführt wurde. Denselben Geschichtsstoff haben vor ihm auch Kraszewski und Przedziecki behandelt, doch räumt die Kritik, ohne sich übrigens den Mängeln der Dichtung Szujski’s zu verschließen, dieser den Vorzug ein; sie ist auch im Druck erschienen [die bibliographischen Titel der Werke Szujski’s bringen wir in chronologischer Reihe unten]. Nun folgten rasch mehrere dramatische Werke, darunter „Georg Lubomirski“. 1863 in Lemberg, „Hedwig“, 1866 in Krakau aufgeführt. Aber nicht blos im dramatischen Fache war er thätig, er pflegte auch die Erzählung und die religiöse Dichtung, letztere unter dem Pseudonym Jerzy Prawdzic. Jedoch auf dem Gebiete der Erzählung scheint er im Gegenhalt zu seinen Erfolgen als Dramendichter weniger glücklich gewesen zu sein. Diese poetischen Arbeiten waren aber nur die Vorläufer ernsten historischen Schaffens, dem er sich bald mit vollem Eifer hingab und dessen schriftstellerische Ergebnisse seinen Namen in Gelehrten-Kreisen in rühmlichster Weise bekannt machten. Wir meinen hier seine „Dzieje Polski“, d. i. Die Geschichte Polens nach den neuesten Forschungen, welche wohl bis jetzt als sein Hauptwerk anzusehen ist. Wenn wir seine literarische Thätigkeit überblicken, so fallt uns zunächst seine Vielseitigkeit in die Augen: er ist Erzähler, lyrischer und dramatischer Dichter, ist Geschichtsforscher und Politiker. Als letzterer wirkte er nicht nur schriftstellerisch, sondern auch im Landtage. Auf dramatischem Felde bezeichnen ihn die Literarhistoriker seiner Heimat als den eigentlichen Begründer des historischen Dramas in Polen. Was Alexander Fredro im Lustspiel, ist Szujski in der Tragödie. Gewiß ist nicht Alles in seinen Stücken tadellos; man muß aber anerkennen, daß sie große Schönheiten enthalten und seltene dramatische Kraft athmen, und daß noch Niemand vor ihm mit gleichem Eifer der dramatischen Muse gehuldigt hat. Es nimmt uns auch Wunder, daß ihm bei seiner vielseitigen Berufsthätigkeit Muße bleibt zu so reicher schriftstellerischer Production, denn außerdem, daß er Professor der polnischen Geschichte an der Krakauer Hochschule ist, fungirt er auch als Conservator der Kunst- und historischen Denkmäler in Galizien, als Generalsecretär der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Krakau, deren Mitglied er ist, als Mitglied der Prüfungscommission für Candidaten des Gymnasiallehramtes in Krakau, sowie an der Universität daselbst als Vorstand des historischen Seminars und als Dekan des Professoren-Collegiums. Von dem 45jährigen Gelehrten haben Staat und Wissenschaft noch manches zu erwarten.

Uebersicht der Werke von J. Szujski in chronologischer Folge. „Halszka z Ostroga. Dramat w pięciu aktach“, d. i. Halszka von Ostrog. Drama in fünf Acten (Krakau 1859, 8°.). Zuerst gedruckt im „Dodatek do Czasu“, d. i. in der Beilage zum politischen Journal „Die Zeit“, 1859. – „Dzierzanowski. Dramat w pięciu aktach“, d. i. Dzierzanowski. Drama in fünf Acten (Lemberg [280] 1860, A. Maniecki, 8°., 94 S.), dieses Drama spielt in den Tagen des Königs Stanislaus August; es stand zuerst im „Dziennik literacki“ abgedruckt. – „Jadwiga. Dramat w pięciu aktach“, d. i. Hedwig. Drama in fünf Acten (Lemberg 1860, 8°.), erst im Jahre 1866 in Krakau aufgeführt. – „Portrety przez Nie Van Dyka“, d. i. Porträte von Nicht- Van Dyk (Lemberg 1861, 8°.). – „Dzieje polski podług ostatnich badán“, d. i. Geschichte Polens nach den neuesten Forschungen Tom. Iszi: „Piastowie“ (1. Band: Die Piasten); Tom. IIgi: „Jagielloni“ (2. Band: Die Jagiellonen); Tom. IIIci i IVu: „Królowie wolno obrani“ (Die Wahlkönige) (Lemberg 1862, Wild, 8°.). – „Obrona świętej Częstochowy. Historja cudowna a prawdziwa o Jacku Brzuchańskim, organiście Częstochowskim“, d. i Die Vertheidigung von Czenstochau. Wunderbare, aber wahrhafte Geschichte von Hyazinth Brzuchański, dem Organisten von Czenstochau (3. Auflage, Lemberg 1863, Wild, 8°., 32 S.), ursprünglich unter dem Titel „Jacek Brzuchański“ im „Dziennik literacki“, später im Warschauer „Tygodnik illustrowany“, d. i. Illustrirtes Wochenblatt, abgedruckt. – „Jerzy Lubomirski. Dramat historyczny“, d. i. Georg Lubomirski. Historisches Drama (Lemberg 1863, 8°.). – „O broszurze p. Pawła Popiela pod tytułem: List do księdza Jerzego Lubomirskiego, d. i. Ueber die Broschüre des Herrn Paul Popiel, betitelt: Brief an den Fürsten Georg Lubomirski (Lemberg 1865, Wild, 8°.) – „Kilka prawd z dziejów naszych ku rozważaniu w chwili obecnéj“, d. i. Einige Wahrheiten aus unserer Geschichte zur Erwägung im gegenwärtigen Augenblicke (Krakau 1866, Friedlein, 8°.) – „Ajschylos. Prometeusz w okowach. Tragedya. Przekład...“, d. i. Der gefesselte Prometheus. Tragödie des Aeschylos. Uebersetzt (Lemberg 1866, Wild, 8°., 40 S.). – „Teorya materyalistyczna naszego csasu w obec krytyki filozoficznéj i ducha chrześciańskiego. Rzecz sprawodawcza“, d. i. Die materialistische Theorie unserer Zeit angesichts der philosophischen Kritik und des Katholicismus (Krakau 1866, Friedlein, 8°.). – „Z wycieczki do Lwowa. Listów pięć. 1) Kwestya ruska. 2) Gmlna. 3) Język wykładowy. 4) Wniosek względem żydów. 5) Parcellowanie gvuntów“, d. i. Vom Ausfluge nach Lemberg. Fünf Briefe. 1) Die ruthenische Frage. 2) Die Gemeinde. 3) Die Sprache des Vortrages (in den Schulen). 4) Der Antrag in Betreff der Juden. 8) Die Parzellirung der Gründe (Krakau 1866, Friedlein, 8°.). – „Dramata. Serya pierwsza. Treść: Halszka z Ostroga. Twardowski. Adam Szmigielski. Komedia. Wallas“, d. i. Dramen. Erste Serie. Inhalt: Halszka von Ostrog. Drama in fünf Acten. Twardowski. Dramatisches Gedicht in vier Acten. Adam Szmigielski. Historisches Lustspiel in fünf Abtheilungen. Wallas. Dramatisches Gedicht in fünf Acten (Krakau 1867, Friedlein, IV und 494 S., 8°.). – „Obraz Jana Matejki: Upadek Polski. Objaśnienie“, d. i. Das Gemälde von J. Matejko: Der Fall Polens. Erklärung (Krakau 1867, 8°.). – „Rys dziejów piśmiennictwa świata niechrześciańskiego“, d. i. Abriß der Geschichte der nichtchristlichen Literatur (Lemberg 1867, Trzecieski, XIX und 527 S., 4°.); Sz. behandelt darin die Literatur von China und der nichtkaukasischen Racen, Indien, Persien, Babylon, Assyrien, Aegypten, Phönizien, die Juden, Griechenland, Rom, die Celten, Germanen, Slaven, Araber und Türken und die Juden in ihrer Versprengung. – „Der Antrag des galizischen Landtags gegenüber den Interessen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Erörterungen“ (Krakau [Wien, Manz], gr. 8°.). – „Poważne chwile“, d. i. Ernste Augenblicke (Krakau 186.), eine Folge lyrisch-religiöser Dichtungen, welche er zuerst in der Beilage zum „Czas“ unter dem Pseudonym „Jerzy Prawdzie“ drucken ließ Als Mitglied der historischen Commission der Krakauer Akademie der Wissenschaften gab er heraus: „Scriptores rerum polonicarum“, tomus I. continet: „Diaria comitiorum 1548, 1553, 1570“ [wie kommen die „Diaria“ unter die „Scriptores“?], und tomus II. continet: „Bernardi Vapovii chron. partem posteriorem“ (Krakau 1873 und 1874). Außer diesen im Buchhandel erschienenen Werken Szujski’s sind noch einige in Zeitschriften und gelehrten Fachblättern herausgekommene Arbeiten anzuführen. So stehen im „Dziennik literacki“ Fragmente seiner Dramen: „Hieronymus Radziejowski“ (der 2., 3, und 4. Act), „Samuel Zborowski“ und „Johann III.“; auch mehrere Erzählungen seiner Feder, so: „Reine Seelen“, „Die Denkwürdigkeiten Mimosa’s“, und die humoristische [281] Erzählung: „Die Abenteuer des Herrn Sylvan“; in einer anderen Zeitschrift, deren Namen wir nicht angeben können, erschien sein Mysterium: „Der Tod des Propheten“ und seine Dichtung: „Der Diener der Gräber“; in der Beilage zum „Czas“ war abgedruckt seine Uebersetzung des ersten Actes des Dramas „Richard III.“ von Shakespeare; in den „Jahrbüchern der Krakauer Akademie der Wissenschaften“: „Drei polnische Sprachdenkmäler“ (eine Uebersetzung des „Veni sancte Spiritus“ aus dem vierzehnten Jahrhunderte; ein lateinisches Vocabular des Peter von Ujscie aus dem Jahre 1450, und Lied eines polnischen Edelmannes gegen Bauerntrotz vom Ende des fünfzehnten Jahrhunderts); – „Polen zur Zeit des Nicolaus Kopernik“; – ein unbekannt gebliebenes satyrisches Gedicht aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, betitelt: „Satyr Podgórski“, das, ohne poetischen und literarischen Werth, doch durch viele historische Details bemerkenswerth ist; – „Ueber das Verhältniß der Akademie der Wissenschaften in Krakau zur geistigen Bewegung des Landes und der wissenschaftlichen im Allgemeinen“. – „Die Beschlüsse der Zusammenkunft zu Radomsk am 2. März 1384“, eine Beleuchtung dieser bisher unbekannt gebliebenen Beschlüsse aus dem Krakauer Consular des fünfzehnten Jahrhunderts; – und in früheren Jahrgängen dieser gelehrten Zeitschrift war seine Uebersetzung des „Agamemnon“ von Aeschylos enthalten. Mit dieser Uebersicht sind übrigens die Arbeiten Szujski’s nicht erschöpft, Vieles, namentlich mehrere Dramen, hat er noch ungedruckt im Pulte liegen, so z. B. „Nero“, „Savanorola“, „Michael Korybut“, Samuel Zborowski“, „Der Hof des Kronprinzen Wladislaw IV.“ u. m. A.
Quellen zur Biographie. Rycharski (Łucyan Tomasz), Literatura polska w historyczno-krytycznym zarysie, d. i. Polnische Literatur im historisch-kritischen Abrisse (Krakau 1868, J. Himmelblau, gr. 8°.) Bd. I, S. 32, 35, 48 und 75; Bd. II, S. 209, 216, 217, 264, 296, 312 und 370. – Meyer’s Conversations-Lexikon. Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens. Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage (Leipzig 1850, Bibliographisches Institut, Lex.-8°.) XVII. Band, Jahres-Supplement 1879–1880, S. 864. – Nehring (Władysław), Kurs literatury polskiej, d. i. Lehrcurs der polnischen Literatur (Posen 1866, Župański, 8°.) S. 222 und 272.