BLKÖ:Stiber von Hornheim, Karl

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stiberger, Anton
Band: 38 (1879), ab Seite: 338. (Quelle)
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Stiber von Hornheim, Karl (k. k. Hauptmann, geb. zu Stry in Galizien am 6. August 1812, verwundet am 18. Juni 1848 im Gefechte bei Spiazzi auf dem Montebaldo und im Spital ermordet). Allem Anscheine nach ein Sohn oder doch naher Verwandter des schon erwähnten Oberstlieutenants Johann Karl Stiber von Hornheim. Kam im Jahre 1824, damals zwölf Jahre alt, in die Wiener-Neustädter Militär-Akademie, wurde am 7. October 1829 Fähnrich bei Baden-Infanterie Nr. 59, im März 1831 Lieutenant, im Februar 1836 Oberlieutenant, am 16. Mai 1846 Capitän und am 1. Februar 1848 Hauptmann im Regimente. Im Feldzuge 1848 commandirte Hauptmann Stiber die zwölfte Compagnie. Am 25. April unternahm er mit seiner Compagnie von Roveredo aus einen Streifzug in die Val Arsa und traf eine Stunde hinter Piano, in der Schlucht der Val di Prigioni, die Italiener, die er sogleich mit Ungestüm angriff, aus den Verschanzungen auf ihre Reserve warf und zuletzt gänzlich über die Grenze jagte, selbst aber nach Roveredo einrückte. Am 18. Juni, während des Gefechtes bei Spiazzi auf dem Montebaldo, drang der Feind besonders in die österreichische rechte Flanke, wo ein Theil der zwölften Compagnie des 59. Infanterie-Regimentes als Tirailleurs, unter persönlicher Leitung ihres Hauptmannes , Karl Stiber, hinter einer niederen Mauer postirt stand. Dieser, die Gefahr für seinen Rückzug erkennend, wollte die Unterstützungen herbeirufen und gab hiezu die Befehle, allein in diesem Augenblicke erhielt er einen Schuß in den linken Schenkel und fiel zur Erde. Kaum bemerkten dies die nahen Feinde, so stürzten sie mit dem Bajonnete auf diese Stelle. Doch Feldwebel Aigner und mehrere Tirailleurs vertheidigten tapfer ihren theueren Hauptmann. Aigner befahl dem Gemeinen Georg Haßlauer den Verwundeten zurückzubringen, den jener unter dem Arme nahm und gegen vierzig Schritte fortschleppte; aber die Anzahl der sie schon umringenden Feinde wuchs mit jedem Augenblicke; da rief Hauptmann Stiber mit seltener Selbstaufopferung seinen Leuten zu: „Meine Kinder! laßt mich liegen, rettet Euch, sonst kommt Ihr mit mir in die Gefangenschaft!“ Feldwebel Aigner, diese Worte nicht achtend, stürzte sich aufs Neue auf den Feind, schlug mit dem Kolben einen feindlichen Soldaten, der ihm am nächsten war, mit einem Streiche nieder und wollte zu seinem Hauptmanne eilen, der aber bereits in Feindes Händen war. Hauptmann Stiber, den die Piemontesen nach Madonna della Corona bringen ließen, starb nach einigen Stunden und als die Kunde hievon im Regimente sich verbreitete, ward dieser edle und intelligente Officier allgemein tief betrauert. Selbst die Feinde ehrten sein Andenken, indem sie ihm auf seinem Leichenhügel auf dem südlichen [339] Abhange der Höhen von Spiazzi eine sorgfältig bearbeitete Säule mit Angabe des Todestages und der kurzen Inschrift setzten: „Dem tapferen österreichischen Hauptmanne Stiber das 14. piemontesische Regiment.“ So war denn doch noch nichts von der Treulosigkeit des Fürstenhauses in das Heer übergegangen. Nach vollkommen authentischen Mittheilungen mehrerer Officiere seines Regimentes, welche ich dem Grafen Andreas Thürheim verdanke, war aber das Ende dieses ausgezeichneten Officiers nicht eine Folge seiner Verwundung, sondern einer ruchlosen That. Als nämlich S., durch die Schußwunde schwer blessirt, in die Hände des Feindes fiel, wurde er in das nächste piemontesische Feldspital gebracht und dort der ärztlichen Pflege übergeben. Stiber pflegte im Felde, um für mögliche Fälle nicht ohne etwas Geld zu sein, ein ledernes Säckchen mit zehn Ducaten eingenäht, auf bloßer Brust unter dem Hemde zu tragen. Als im Spitale der Militärarzt den Verband an der Wunde anlegte, bemerkte er das lederne Säckchen, betastete es, fühlte den Inhalt und war eben im Begriffe, es wegzuschneiden und zu rauben. In diesem Momente erwachte Stiber zum Bewußtsein und wollte schreien, da stach ihm der Arzt das Messer ins Herz, so daß er sogleich den Geist aufgab. In dem Zimmer, in welchem diese ruchlose That geschah, befanden sich nur Schwerblessirte, größtentheils solche, die schon in der Agonie lagen, und so glaubte sich der ruchlose Mörder unbeachtet; dem war aber nicht so, ein piemontesischer, verwundet daliegender Sappeur hatte den ganzen Vorgang bemerkt. Kaum genesen, machte er die Anzeige bei General Sonnaz. Dieser befahl die Exhumirung der Leiche Stiber’s und thatsächlich fand sich die Stichwunde an dem nur mit Schußwunde ins Spital Gebrachten. Sonnaz wollte den Arzt sogleich erschießen lassen, derselbe hatte sich aber bei Zeiten aus dem Staube gemacht – und man sah ihn niemals wieder. Nun ließ der piemontesische General einen feierlichen Trauergottesdienst veranstalten, Stiber’s Leiche feierlichst mit allen militärischen Ehren und der dreimaligen Ehrensalve bestatten, und das 14. piemontesische Regiment errichtete dann dem Tapferen die oben erwähnte Grabsäule. Stiber, wie Eingangs bemerkt worden, ein Zögling der Neustädter Militär-Akademie, war nicht nur einer der beliebtesten, sondern auch vorzüglichsten Officiere des Regimentes, auch so zu sagen eine Art Autodidakt. Außer einer eminenten militärischen Ausbildung war er in allem Wissen zu Hause durch eigene Selbstbildung, so besaß er reiche Kenntnisse in der Astronomie, Montanistik und Landwirthschaft, sprach und schrieb fertig deutsch, französisch, englisch, italienisch, spanisch, russisch, polnisch, ungarisch und böhmisch, also in neun lebenden Sprachen. Ein Curiosum, das vormärzliche System vollkommen bezeichnend, sei hier erwähnt. Ein von Stiber’s Hand in die bestandene Schels’sche „Militär-Zeitschrift“ eingesandter Aufsatz lenkte die Aufmerksamkeit des damaligen Generalstabs-Chefs Feldmarschall-Lieutenants Grafen Rothkirch [Bd. XXVII, S. 108] auf den Verfasser, so daß der General denselben ohne weitere Prüfung in den Generalstab aufnehmen wollte. Aber ungeachtet aller Mühe und des Wunsches des Chefs, scheiterte diese für Stiber’s Carriere so günstige Aussicht nicht an dessen Kenntnissen, nicht an seiner Unkenntniß zu Pferde, denn er war nebstbei ein sehr guter Reiter – aber an seiner Körpergröße, denn ein, sage ein Zoll [340] zum vorgeschriebenen Maß fehlte!!!

Svoboda (Johann), Die Zöglinge der Wiener-Neustädter Militär-Akademie von der Gründung des Institutes bis auf unsere Tage (Wien 1870, Geitler, schm. 4°.) Sp. 562. – Erinnerungen eines österreichischen Veteranen (1852, gr. 8°.) Bd. II, S. 78. – Geschichte des 59. Infanterie-Regimentes. Von Hauptmann A. Leiter (Salzburg 1846, S. 110, 129 und 130.