BLKÖ:Sterzinger, Martin (um 1703)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 38 (1879), ab Seite: 319. (Quelle)
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2. Martin Sterzinger, von dem wir aus Albert Jäger’s Werk „Tirol und der baierisch-französische Einfall im Jahre 1703“ (Innsbruck 1844, Wagner) Näheres erfahren. Als Kurfürst Max Emanuel von Bayern durch seine Ehe mit der Erzherzogin Maria Antonia, Tochter Kaiser Leopolds I., für sich und seinen Sohn Joseph Ferdinand Ansprüche auf den spanischen Thron erhob und es darüber zum Kriege kam, brach er, von den Franzosen, mit denen er sich verbündet, unterstützt, in Tirol ein. Und zwar während er von Norden, von Bayern aus, ins Land fiel, sollten die Franzosen unter Vendome von [320] Süden, von Italien aus, ins Land dringen. Am 17. Juni 1703 erschien er vor der Grenzfestung Kufstein. Durch ungeschickte Maßregeln von Seite der Vertheidiger des Platzes und durch den Umstand, daß ein Pulvervorrath in die Luft sprang und von den Bayern die darüber in der Stadt entstandene Verwirrung benützt worden war, bemächtigten sich die Bayern dieses Platzes. Nun fiel auch Rattenberg, und am 25. Juni stand Kurfürst Max Emanuel vor Innsbruck, Auch dieses ergab sich bald wie noch mehrere andere Plätze. Nun aber legte der Kurfürst den Tirolern eine so ungeheuere Brandschatzung auf, daß diese aus ihrem ersten Schrecken sich zu erholen begannen und sich wider ihren Besieger bewaffneten und erhoben. Das Volk warf dem Kurfürsten vor, er habe das bisher vom Kriege verschonte Land nur deshalb überfallen und erobert, um sich hier zu erholen und Gelder zur Bezahlung seiner Spielschulden und zur Fortsetzung seiner Liebschaften zu erheben. Das entrüstete Volk wählte sich nun den klugen und beherzten Landmann Martin Sterzinger zum Anführer, verband sich mit einigen kaiserlichen Truppen und legte sich in den Rücken der Bayern. Indessen bedrohte auch der kaiserliche Feldmarschall Heister den französischen bereits bis Trient vorgedrungenen Marschall Vendome. Nun sah sich Max Emanuel genöthigt, auf den Rückweg zu denken, aber auf diesem war jeder Schritt verderblich für ihn. Sterzinger hatte seine Schützen auf allen Puncten postirt, wo die Bayern erschienen und diese fielen unter den sicheren Schüssen der Schützen, wählend diese, hinter ihren Felsen gedeckt, dem Feinde unsichtbar blieben. Am furchtbarsten erging es ihnen an der Pontlatzer Brücke, dort wurden unter Sterzinger’s persönlicher Anführung die bayerischen und französischen Truppen unter General Novion durch herabgeworfene Felsstücke und wohlgezielte Büchsenschüsse fast gänzlich aufgerieben. Kurfürst Max Emanuel mußte eiligst das insurgirte Land verlassen und nach Bayern zurückkehren, wo ein halbes Jahrhundert später ein Namensvetter und wohl auch Verwandter Sterzinger’s, der erste, die Nebel des Aberglaubens, welche über den Bayern lagerten lichten sollte. Martin Sterzinger’s Name, später aufgefrischt durch die Tapferkeit und Vaterlandsliebe anderer ihm wohl auch verwandter Tiroler seines Namens, lebt noch heute im Andenken seiner Landsleute. –