BLKÖ:Steinringer, Ferdinand

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 38 (1879), ab Seite: 150. (Quelle)
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Steinringer, Ferdinand (Abt des Benedictinerordens St. Paul in Kärnthen, geb. zu Klagenfurt 9. Juni 1796, gest. ebenda 2. Mai 1866). Der Sohn eines Klagenfurter Bürgers, erwählte er nach beendeten Vorbereitungsstudien den geistlichen Stand, und wurde Capitular der Benedictinerabtei St. Paul. Diese Abtei unterhält am genannten Orte ein Gymnasium und besetzt mit den Lehrkräften des Stiftes das Lyceum in Klagenfurt. Steinringer, der sich nach beendeten theologischen Studien dem Lehramte zugewendet, kam im Jahre 1820 als Professor an das Lyceum nach Klagenfurt, lehrte daselbst im Anbeginn in den Grammaticalclassen, dann aber von 1826 bis [151] 1840 die Philosophie, den Lehren der Günther’schen Schule [Band VI, S. 10] folgend. Im Jahre 1840, in der Vollkraft seines Lebens, wurde er von seinen Ordensbrüdern zum Abte gewählt, und entfaltete nun als solcher während der Dauer eines vollen Vierteljahrhunderts und in einer Zeit, in welcher das Alte stürzte, um aus den Ruinen neues Leben ersteigen zu lassen, eine segensreiche Wirksamkeit. Seine langjährige lehramtliche Thätigkeit hatte ihn die Wissenschaft liebgewinnen lassen und ihn selbst zum consequenten Denker, wovon er als Schriftsteller Proben gegeben, herangebildet. Somit betrachtete er es nach Uebernahme der Abtswürde als eine seiner ersten Aufgaben, auf die Erfüllung der seinem Stifte gestellten wissenschaftlichen Aufgaben sorgsamst Bedacht zu haben. Hiermit entsendete der Abt, von dem den geistlichen Congregationen eingeräumten Privilegium des sogenannten „Hausstudiums“ weiter keinen Gebrauch machend, sorgfältig ausgewählte Ordensbrüder zur streng wissenschaftlichen Ausbildung an die höheren Lehranstalten nach Gratz und Wien, wo sie sich für das Lehramt vorbereiten und den vorgeschriebenen öffentlichen Prüfungen unterziehen sollten. Die Förderung der Wissenschaft ließ er sich in mehrfacher Weise angelegen sein. Die Geschichte seines Stiftes in lateinischer Sprache, nämlich die „Historia Monasterii Ord. S. Benedicti ad S. Paulum in valle inferioris Carinthiae Lavantina“, von dem Ordenscapitular Pater Trudpert Neugart nach Quellen in zwei Theilen bearbeitet, wurde auf Stiftskosten zu Klagenfurt bei Leon (1848 und 1854) gedruckt. Es wird hier dieses Umstandes ausführlich Erwähnung gethan, weil in dem Werke selbst, das mit dem Abte Berthold Rottler (1826) abschließt, Steinringer’s auch nicht an einer Stelle Erwähnung geschieht. Die nicht geringen archivalischen Schätze des Stiftes wurden auf besondere Anordnung des Prälaten den Forschern zugänglich gemacht, und die wissenschaftlichen Sammlungen des Stiftes ließ er in einer den Mitteln des Stiftes und dem Bedürfnisse der Zeit entsprechenden Weise vermehren. An den Bemühungen des österreichischen Museums für Kunst und Industrie, das eben damals ins Leben trat, wie auch an dem Wirken des eben um diese Zeit ins Leben gerufenen Alterthumsvereins, nahm er werkthätigen Antheil, indem er beiden selbst nicht selten Mittheilungen machte, dann aber auch zu den von ersterem veranstalteten öffentlichen Ausstellungen die werthvollsten Alterthümer des seiner Leitung anvertrauten Stiftes bereitwillig herlieh. Ferner fand unter ihm und auf seine Anordnung die Ausschmückung des Collegiums in Klagenfurt statt, wurde die Stiftskirche in St. Paul in stylgemäßer Weise restaurirt und mit Gemälden wie mit Schnitzwerken der besten einheimischen Künstler bereichert. Aber nicht nur nach dieser einen Seite, nach der höheren geistigen, Kunst und Wissenschaft fördernden, war der Abt erfolgreich thätig, auch seine praktischerseits gemachten Unternehmungen waren vom Erfolge begleitet. Unter seiner Leitung haben sich die materiellen Verhältnisse des Stiftes sichtlich gehoben. Die landwirtschaftlichen Fortschritte der Neuzeit ins Auge fassend, veredelte er die Rebencultur in den Stiftsweingärten bei Marburg, hob er die Viehzucht im Lavantthale und wurde zum Segen der ganzen Umgebung der beste und glücklichste Obstzüchter des Landes. [152] Auf der großen österreichischen Land- und Forstwirthschafts-Ausstellung des Jahres 1857 wurde dem Stifte für das dahin gesendete Rindvieh der Mariahofer Race die silberne Medaille zuerkannt und für 1848ger Pikerer Wein erhielt es die ehrenvolle Erwähnung. Wo aber so viel des Segens sich zeigte, stellte sich auch das Unglück hemmend ein. So hatten wiederholte Brände nicht unbeträchtlich das Stiftsgut geschädigt; aber der Abt ließ sich durch Unfälle nicht entmuthigen, und stellte neue und verbesserte Wirthschaftsgebäude wieder her. Oben geschah Erwähnung, daß der Abt auch schriftstellerisch thätig gewesen, und so nennen wir denn das von ihm noch in seinen letzten Jahren herausgegebene psychologische Werk „Versuch zur Kennzeichnung des Menschen als Natur- und Geist-, oder als Sinnen- und Vernunftwesen, für denkende Christen“ (Wien 1864, Gorischek), worin er sich als tüchtiger Denker, als gediegener philosophischer Autor bewährt. Als ihn in letzter Zeit sein körperliches Leiden übermannte, wollte er seine Abtwürde niederlegen; aber die vereinten Bitten seines Bischofs, der Capitularen und der k. k. Behörden bewogen ihn endlich, von seinem Vorhaben abzustehen. Nun aber ließ er sofort das Stiftsinventar aufnehmen und gab überall noch die nöthigen Aufklärungen, um, wenn er abberufen würde, Alles in bester Ordnung seinem Nachfolger zu hinterlassen. Und er wurde abberufen. Schon kurze Zeit darnach nahm sein Leiden einen so bedenklichen Charakter an, daß er, um die Aerzte zu consultiren, nach Klagenfurt reiste. Aber er fand dort nicht Heilung, sondern starb daselbst im Alter von 73 Jahren. Herr von Hoffinger faßt die Charakteristik dieses würdigen Prälaten in wenigen, im Lapidarstyl gehaltenen Worten zusammen: „Gelehrt und kunstsinnig, gewissenhaft und geschäftsgewandt, fein, tactvoll, wohlwollend und liebenswürdig, war er ein wackerer Repräsentant des ältesten, in allen Zeiten bewährten Ordens, nämlich jenes des h. Benedict.“

Wiener Zeitung 1866, Nr. 56, in der Rubrik: „Sterbefälle“. – Hoffinger (Johann Ritter von), Oesterreichische Ehrenhalle, IV, 1866 (Wien 1867, Ant. Schweiger, gr. 8°.) S. 42.