BLKÖ:Spaun, Joseph Ritter von (Sohn)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 36 (1878), ab Seite: 82. (Quelle)
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Spaun, Joseph Ritter von, der Sohn (k. k. Jäger-Lieutenant, geb. 1. Februar 1830, gest. an den in der Schlacht bei Novara [23. März 1849] erhaltenen Wunden zu Novara am 26. März 1849). Der älteste Sohn des k. k. Hofrathes und Lottodirectors Joseph Ritter, nachmaligen Freiherrn von Spaun. Im Elternhause, unter des Vaters unmittelbarer Leitung, erhielt der talentvolle Jüngling eine ausgezeichnete Erziehung. Er betrat die juridische Laufbahn und befand sich im ersten Jahre der juridischen Studien, als im März 1848 die politische Bewegung ihren Anfang nahm. Es ist bekannt, wie Emissäre aus Ungarn, Frankreich und Rußland die akademische Jugend verführten und in einen Strudel hineinrissen, aus dem sie sich später nicht mehr herauszuarbeiten vermochte. Als die glorreichen März-Tage vorüber waren und der Universität sich verderbliche Elemente beigemischt hatten, welche die leicht erregbaren Jünglinge auf einen bedauernswerthen Weg führten, da wurde der junge, in den unerschütterlichen Grundsätzen des Elternhauses großgezogene Spaun nachdenklich und wollte nicht länger mitthun. Um diese Zeit kamen auch von den Grenzen Südtirols betrübende Nachrichten über die Einfälle der italienischen Insurgenten ins kaiserliche Land. Sofort [83] faßten die in Wien studirenden tirolischen Jünglinge den Entschluß, unter sich eine Schützen-Compagnie zu bilden, auf eigene Kosten an die bedrohten Grenzen ihrer Heimat zu eilen und ihre Berge von den Rothhemden zu säubern. Spaun’s Mutter, Fanni von Roner, stammte selbst aus einem Roveredo’er Geschlecht, also auch Joseph von Spaun wurde von den begeisterten Tirolern aufgefordert, mit ihnen zu ziehen. Der junge Spaun, dem die Zustände oder richtiger Umtriebe, welche auf der Aula herrschten, längst nicht mehr gefielen, hatte bald seinen Entschluß gefaßt und den Vater gebeten, ihn auch mit seinen Landsleuten ziehen zu lassen. Der Vater gewährte ihm seine Bitte. Aber dieß genügte noch nicht dem hochherzigen Jünglinge. Etliche Tage vor seiner Abreise meldete er sich ohne Vorwissen seiner Eltern bei seinem Professor, um seine Semestralprüfung, welche in jener Zeit weder gefordert, noch geleistet wurde, abzulegen. Er bestand nun die Prüfung so ausgezeichnet, daß sein als eben so streng wie gerecht anerkannter Professor gegen Andere den Ausspruch that: Er habe gar nicht aufhören können, ihn zu examiniren, so vortrefflich habe er geantwortet. Am Morgen des 15. April 1848, bevor Spaun mit der Compagnie von Wien abzog, empfing er noch die heiligen Sacramente, und dann ging es hinaus in den Kampf. Wie sich die jungen Helden benommen, ist bekannt, nachdem der Zweck erreicht und die Grenzen von Wälschen gesäubert waren, löste die Schützen-Compagnie sich auf und Spaun kehrte ins Vaterhaus zurück, um seine. Studien fortzusetzen. Als er die trostlosen Zustände in der Aula, welche mittlerweile einen geradezu hochverrätherischen Charakter angenommen hatten, gewahrte, ließ es ihm weiter keine Ruhe, und wir können, was er that, nicht schöner, kürzer und treffender sagen, als mit Grillparzer’s in dem auf den Jüngling geschriebenen Gedichte enthaltenen Worten: „Da spricht er fromm den Vater an: Soll ich die Fäulniß erben? Ansteckend ist, ich fühl’s, der Wahn, unschuldig möcht’ ich sterben“. Seiner Bitte, für die Dauer des Krieges in ein vor dem Feinde stehendes Jäger-Bataillon eintreten zu dürfen, willfahrte der Vater, und als auch von Seite des Kriegsministeriums die Bewilligung kam, trat S. als Cadet in das 9. Jäger-Bataillon ein. Dasselbe stand damals vor dem Feinde in Italien. In vier Monaten war S. zum Lieutenant befördert worden. Als S. bei der Truppe anlangte, dauerte noch der Waffenstillstand. Am 12. März 1849 aber wurde derselbe gekündigt. Und nun erst fühlte sich der 19jährige Jüngling in der richtigen Stimmung. Seine Waffenbrüder erzählten später von ihm, daß er mit der Besonnenheit eines Veteranen die feurige Tapferkeit des 19jährigen Helden vereinigte. Es kam der Schlachttag von Novara heran (23. März). Spaun stand mit seinem Zuge bei der äußersten Vorhut des linken Flügels. Dreimal von der Uebermacht des Feindes zurückgeschlagen. sammelte er stets wieder seine in Plänklerkette aufgelösten Leute und drang an ihrer Spitze immer wieder vor. Das dritte Mal, bei Erstürmung und Besetzung eines auf einer Anhöhe gelegenen Meierhofes, traf ihn die tödtliche Kugel durch die Brust. Zwei Jäger brachten ihn zurück, einer von ihnen wurde todtgeschossen, der andere verwundet und Spaun blieb hilflos liegen, die Unserigen wurden zurückgedrängt, der Feind kam über ihn und plünderte ihn aus. Am 24. März beim siegreichen [84] Vorgehen unserer Armee wurde er von einer Abtheilung der Sanitätstruppe gefunden und in ein Verbandhaus gebracht. Wohl gewann er noch so weit Kraft, daß er einem Kameraden einen Brief an seine Eltern dictiren konnte, welchen die in den Quellen genannte Schrift enthält, aber Rettung war keine mehr möglich. Mit Heldenmuth ertrug er die letzten Schmerzen und am 26. März Früh hauchte er seine Heldenseele aus. „Sie gruben ihn im Blachfeld ein, den Glücklichen vor Allen, der nicht unschuldig nur allein, der ruhmvoll auch gefallen“, singt Grillparzer in seinem Gedichte „Joseph von Spaun“, welches in dem von dem Präsidenten Freiherrn von Rizy veröffentlichten „Wiener Grillparzer-Album. Für Freunde als Handschrift gedruckt“ (Stuttgart 1877, Cotta, 8°.) S. 223 abgedruckt und zu den Perlen der Grillparzer’schen Muse gehört. Zuerst hatte Grillparzer dieses Gedicht im zweiten Jahrgange des Gratzer Mode- und Muster-Blattes „Iris“ in der Nummer vom 1. Mai veröffentlicht. Die unten in den Quellen angegebenen, als Manuscript für die Angehörigen und Freunde der Familie gedruckten „Erinnerungen“ enthalten Auszüge aus Spaun’s Briefen an seine Eltern, welche mit dem 12. Mai 1848 beginnen und bis zum 19. März 1849 reichen und eben so den edlen Charakter des prächtigen Jünglings bezeugen, wie manches interessante Detail aus jenen denkwürdigen Tagen enthalten.

Erinnerungen an Joseph Spaun (Wien, Reiffenstein und Rösch. 15 lith. Quartblätter [nicht in Handel gekommen].