BLKÖ:Schubert, Ferdinand (Schulmann)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 32 (1876), ab Seite: 27. (Quelle) | |||
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Franz der berühmte Lieder-Componist [s. d. S. 30]. Gleich seinem Bruder Franz stammte er aus seines Vaters erster Ehe [vgl. die Stammtafel bei Franz Schubert, S. 31]. Seine erste Erziehung erhielt er im Elternhause unter seines Vaters unmittelbarer Anleitung. Nachdem er in den Jahren 1807 und 1808 die beiden Jahrgänge der vierten Classe und im Jahre 1809 den pädagogischen Curs an der Musterhauptschule bei St. Anna zurückgelegt, begann er als Gehilfe an der Schule seines Vaters, November 1809, seine Lehrerthätigkeit. November 1810 wurde er als Gehilfe, 1816 als wirklicher Lehrer im k. k. Waisenhause angestellt, in welchem er bis März 1820 verblieb. Das Waisenhaus stand damals unter der Leitung des als Pädagog ausgezeichneten Regierungsrathes Vierthaler. Mit diesem im Vereine betheiligte sich Schubert an den Versuchen mit der Bell-Lancaster’schen Methode, welche damals im kais. Waisenhause angestellt wurden, und verfertigte die dazu nöthigen Tabellen, über 200 an der Zahl. Ueber seine musikalische Wirksamkeit in dieser Anstalt wird weiter unten die Rede sein. Im Jahre 1820 wurde er von dem fürsterzbischöflichen Consistorium zum Schullehrer und Regenschori im Altlerchenfeld ernannt, welche Stelle er durch vier Jahre versah, bis im Jahre 1824 seine Ernennung zum Lehrer an der k. k. Normal-Hauptschule bei St. Anna erfolgte, welche Stelle er am 22. Jänner antrat. Im Jahre 1841 wurde ihm, nachdem bei den FF. Ursulinerinen ein pädagogischer Curs für Lehrerinen an der Mädchenschule eröffnet worden war, das Lehramt der Pädagogik und Methodik daselbst übertragen, welches er bis zu seiner am 15. März 1851 erfolgten Ernennung zum Director der Normal-Hauptschule versah. Als solcher führte er die Umgestaltung der beiden Jahrgänge der vierten Classe in eine zweiclassige Unterrealschule durch, welche bald darauf durch Errichtung des dritten Jahrganges zu einer vollständigen erweitert wurde. Bis zu seinem im Jahre 1859 im Alter von 65 Jahren erfolgten Tode blieb S. auf seinem Posten thätig und bewährte sich auf demselben als denkender und umsichtiger Pädagog. Als pädagogischer Schriftsteller mehrfach thätig, haben die von ihm veröffentlichten, in mehreren Auflagen erschienenen und später von seinem Sohne Karl zeitgemäß umgearbeiteten Lehrbücher große Verbreitung gefunden. Sie sind in chronologischer Folge: „Kurrent- und Lateinschriften zum Gebrauche beim Versuche der Bell- und Lancaster’schen Methode für die Zöglinge des k. k. Waisenhauses“ (1819); – „Der kleine fleissige Kopfrechner“ (1826); – „Skizzirte Darstellung der österreichischen Gebirge“ (1829); – „Der kleine Feldmesser“ (1830); – „Der kleine Stereometer“ (1832); – „Der kleine Geograph“; 2 Bände (1833), der erste Band dieses Werkchens erschien im Jahre 1857 im Verlage von L. W. Seidel in Wien in 5. Auflage unter dem Titel: „Elemente der Geografie“; der zweite Band im Jahre 1853 im Verlage von Sallmayer u. Comp. in 4. Auflage unter dem Titel: „Der kleine [28] Oesterreicher“ und ist davon im Jahre 1869 eine 9., von seinem Sohne Karl mit historischen Skizzen vermehrte Auflage unter dem Titel: „Kurzgefaßte Darstellung des österreichischen Kaiserstaates“ (Wien, Sallmayer) erschienen; – „Methodischer Wegweiser zum Elementarunterrichte in der Geographie“ (1840); – „Der kleine deutsche Grammatiker“ (1841), dieser erschien 1857 als „Kleiner deutscher Sprachschüler“ in 3. Aufl. (Wien, Wendelin), worauf im folgenden Jahre die dazu gehörigen Aufgaben mit dem Titel: „Aufgaben zum deutschen Sprachunterrichte“ (Wien, Mayer u. Comp.) herauskamen; der „Sprachschüler“ ging später in den Verlag von Sallmayer u. Comp. über und erschien neu bearbeitet von Karl S., in zwei Abtheilungen, deren erste als „Sprachbuch“, deren zweite als „Aufgabenbuch des kleinen deutschen Sprachschülers“ bezeichnet wurde; – „Versuch einer Naturgeschichte für Volksschulen“, 1851 im Selbstverlage herausgegeben, später an die Buchhandlung Sallmayer u. Comp. übergegangen und seither in siebenter, von Karl S. gänzlich umgearbeiteter Auflage als „Naturgeschichte für Volks- und Töchterschulen“ ausgegeben und in vielen Anstalten verbreitet; – „Das erste Lesebuch“ (1852), eine Umarbeitung des ehemaligen Namenbüchleins. Im Jahre 1855 erhielt S. in Würdigung seiner Verdienste um die von ihm geleitete Schule das goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Noch in einer Richtung aber, als Musicus, verdient S. eingehende Würdigung. Frühzeitig erhielt Ferdinand im Elternhause von seinem Vater Unterricht im Violin-, von seinem ältesten Bruder Ignaz im Clavierspiele, später von dem Regenschori Michael Holzer im Gesange, Generalbaß und Orgelspiele, worauf ihn, von seinem Talente angezogen, der Capellmeister Joseph Drechsler [Bd. IV, S. 380] unter seine Zöglinge aufnahm und zu einem tüchtigen Chordirector ausbildete. Schon während Ferdinand im k. k. Waisenhause angestellt war, leistete er neben seinem Lehrberufe auch Manches im Musikfache. Nicht nur, daß er den Waisen Unterricht im Clavier-, Violinspiele und Gesange ertheilte, er componirte für dieselben auch Lieder und Meßgesänge. Nachdem sein Opus 1, ein „Regina coeli“, im Stiche erschienen war, componirte er auf Verlangen des Vicedirectors Fallstich eine „Trauermesse für vier Singstimmen mit Orgelbegleitung“, welche als Op. 2 bei Diabelli im Stiche herauskam. Als er mit dem Lehramte in Altlerchenfeld auch die Regenschori-Stelle daselbst übernahm, half ihm sein damals noch lebender Bruder Franz die mannigfachen Schwierigkeiten dieses Amtes überwinden, und bald bildete sich S. zu einem tüchtigen Regenschori heran. In der kurzen Zeit seiner Dienstleistung in Altlerchenfeld wurden der alte beschränkte Chor und die sehr schadhafte Orgel neu hergestellt. In diese Jahre fallen die Composition eines zweiten Regina coeli, einer Messe und eines lateinischen Requiem. Von seinen übrigen Compositionen, die sich im Ganzen auf etwa 40 Nummern belaufen, sind besonders anzuführen: eine Landmesse in F ; das Graduale Tu es Deus , zwei Motetten, Salve Regina , eine Pastoralmesse, ein Graduale und Offertorium für vier Männerstimmen zum Hochamte am Palmsonntage und ein Requiem, welch letzteres auch über seinem Grabe aufgeführt wurde. Die übrigen Compositionen gehören in den Bereich des Kirchen- und Schulgesanges,, für deren Förderung er unermüdlich thätig war. Für die Verbreitung [29] und Würdigung des musikalischen Nachlasses seines Bruders Franz, der am 19. November 1828 so zu sagen in seinen Armen gestorben war, war S. ungemein thätig. In mehreren Concerten, welche er öffentlich gab, brachte er nur Compositionen seines verewigten Bruders zur Aufführung. So fand denn auch sein musikalisches Wirken in den betheiligten Kreisen mannigfache Würdigung. Im Jahre 1829 wurde er erster Repräsentant des Musikvereins, 1834 Mitglied des Comité’s der Gesellschaftsconcerte der Musikfreunde, im nämlichen Jahre Professor des Orgelspiels im Conservatorium, 1839 Vereinsschul-Commissär und Mitglied des Repräsentantenkörpers des Musikvereins. In welcher Achtung S. überdieß unter seinen Fachgenossen stand, erhellet aus dem Umstande, daß er viermal zum Administrator der Schullehrerwitwen-Societät ernannt wurde. Aus zwei Ehen hatte er 28 Kinder, von denen ihn zwölf überlebten. Zwei Söhne, Ferdinand und Karl, widmeten sich dem Lehrfache; Letzterer besorgte, wie bereits erwähnt, die neuen Ausgaben einiger Schul- und Unterrichtsschriften seines Vaters. Als der um Schule und die Tonkunst so verdiente Mann starb, hinterließ er Witwe und die unmündigen Kinder unversorgt und aller Mittel entblößt. Um die Noth der Hinterbliebenen einigermaßen zu lindern, brachten Zellner’s „Blätter für Musik“ 1864, Nr. 14, einen Aufruf an Menschenfreunde, hier hilfreiche Hand zu bieten.
Schubert, Ferdinand (Schulmann, geb. zu Wien am 18., n. A. am 19. October 1794, gest. ebenda am 26., n. A. am 28. Februar 1859). Sein Vater war Schullehrer am Himmelpfortgrunde in Wien, sein Bruder- Wiener Volksschul-Kalender (Wien, Mechitaristen, kl. 8°.) II. Jahrgang (1869), S. 52 u. f.: „Drei Directoren der Wiener „Normalschule“. I. Johann Vogl. II. Ferdinand Schubert. III. Johann Strehl“. – Neue Wiener Musik-Zeitung. Herausgeg, von F. Glöggl (4°.) VIII. Jahrg. (1859), Nr. 13: „Ferdinand Schubert“ [nach dieser geb. am 18. October 1794, gest. am 26. Februar 1859]. – Allgemeine Wiener Musik-Zeitung, herausg. von Dr. August Schmidt (4°.) II. Jahrg. (1842), Nr. 16: „Gallerie jetztlebender, um die Tonkunst verdienter Schulmänner“. – Heindl (Johann Bapt.), Gallerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten aus der Gegenwart (München 1859, Finsterlin, 8°.) Bd. II, S. 398 [nach diesem geb. am 19. October 1794, gest. am 19. Februar 1859]. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Jul. Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 513 [nach diesem geb. 18. October 1794, gest. 26. Februar 1859]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VIII, S. 26, Nr. 7 [nach diesem geb. 18. October 1794]. – Porträt. Unterschrift. Facsimile des Namenszuges: Ferd. Schubert. Darunter: Director der k. k. Normalhaupt- u. Unterrealschule bei St. Anna, in Wien, Inhaber des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone. Lithogr. von Kriehuber nach einer Photographie. Gedr. bei Jos. Stoufs in Wien.