BLKÖ:Schimko, J. Gottlieb Stephan

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schimko, Joseph
Band: 29 (1875), ab Seite: 332. (Quelle)
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Schimko, J. Gottlieb Stephan (Arzt, Naturforscher und Fachschriftsteller, geb. im Dorfe Podluzan bei Baan im Trencsiner Comitate Ungarns 22. October 1785, gest. zu Preßburg 21. April 1868). Sein Vater Stephan war evangelischer Prediger, seine Mutter Maria Christine, geb. Hofmann, eine Großhändlerstochter aus Hirschberg in Preußisch-Schlesien. In seiner Jugend war sein Leben öfter durch verschiedene Unfälle bedroht. Im Alter von 12 Jahren kam er nach Raab, wo Ladislaus von Nemeth [Bd. XX, S. 180], Rector an der Raaber Akademie, sein einflußreicher Lehrer und Erzieher wurde, ihm Sinn für alles Gute, Schöne und Wahre einflößte und zunächst den Drang für philosophische Behandlung der Religion in ihm weckte. Im Jahre 1800, im Alter von erst 15 Jahren, kam S. nach Preßburg. um dort die höheren Studien zu beginnen. Dieselben vollendete er, wie jene in Raab, während eines fünfjährigen Curses mit ausgezeichnetem Erfolge. Dem Wunsche des Vaters gemäß studirte er Theologie, doch zogen ihn mathematische Wissenschaften, darunter Astronomie vor allen anderen an; ehe er sich jedoch für eine bestimmte Standeswahl entschied, wirkte er zwei Jahre als Erzieher in Familien des ungarischen Adels. Als endlich in ihm der Entschluß feststand, Medicin zu studiren, erhielt er im Spätherbste 1808 einen Ruf als Pfarrer nach Ozor im Trencsiner Comitate. S. war damals 23 Jahre alt. Er nahm die Pfarrerstelle an, und da die Gemeinde klein war, blieb ihm genug Zeit, das Studium der Medicin zu betreiben. Eine Typhus-Epidemie gab ihm gleich auch Gelegenheit, praktisch zu wirken, und das Glück, mit welchem er viele Kranke behandelte, steigerte seine [333] Vorliebe für diese Wissenschaft und steigerte noch mehr sein Verlangen, Arzt zu werden. Aber die Lage war eine kritische; die Pfarre mußte er aufgeben und es galt, fünf bis sechs Jahre in Wien zu studiren. Ohne Mittel war das kein geringes Wagniß. S. unternahm es, hielt seine Abschiedspredigt über das Thema: „daß es Pflicht sei, denjenigen Wirkungskreis zu wählen, wo man das meiste Gute zu stiften hofft“. Im October 1811 kam S. in Wien an. Die Unterstützung eines Mäcens, des edlen Grafen Emerich Zay, der ihm ein jährliches Stipendium verlieh, half für den Anfang. Zu einem Staatsstipendium verhalf ihm Hofsecretär Ribini [Bd. XXVI, S. 10]. Noch zwei Stipendien, ein Preßburger und ein Oedenburger, sicherten vollends seine Existenz und S. konnte sich mit allem Eifer ohne die nagende Sorge um seinen Lebensunterhalt dem Studium der Medicin hingeben. Im Jahre 1816 hatte S. den medicinischen Curs beendet. Aus der Noth zur Erlangung der medicinischen Doctorwürde, wozu ihm die Mittel fehlten, half ihm das Legat eines reichen Preßburger Edelmannes Gabriel von Skaritza, der unheilbar krank darniederlag und über S.’s Fürwort vor seinem Ableben 96.000 fl. W. W. dem Preßburger evangelischen Gymnasium und 3000 fl. der Wiener evangelischen Gemeinde vermachte. Aber auch Schimko ward mit dem reichlichen Legate von 4000 fl. bedacht und er konnte nun im August 1817 die Doctorwürde erlangen. Nun begann er die Praxis und brachte die nächsten fünf Jahre in Preßburg zu, zugleich bereitete er sich auf ein Lehramt aus seinem Fache vor, aber obwohl zu öfteren Malen vorgeschlagen, war doch immer seine Religion daran Schuld, daß er unberücksichtigt blieb. Von Preßburg übersiedelte S. nach Teschen, von wo er im Jahre 1831 von der Regierung nach Galizien entsendet wurde, um die dort ausgebrochene Cholera zu studiren. Seine über die Krankheit ausgearbeitete, der Regierung übersandte Denkschrift wurde später in den Druck gelegt. Nach fast zehnjähriger Praxis in Teschen, wo er als ständischer Physicus des Herzogthums angestellt gewesen, erhielt S. im Jahre 1832 das Znaimer Physikat. Die Cholera-Epidemie, welche daselbst in heftigster Weise ausgebrochen, gab S. Gelegenheit, seine Umsicht und Energie in solcher Weise zu bethätigen, daß ihm das materiell besser gestellte Stadtphysikat in Olmütz verliehen wurde, wo er über 30 Jahre wirkte und das er erst, als er im Jahre 1864 in den Ruhestand übertrat, verließ, um nach Preßburg zu übersiedeln, wo er die vier letzten Jahre seines Lebens, das er bis zu 83 Jahren gebracht, verlebte. Der Verlust eines fünfjährigen Sohnes, an dem der Vater mit aller Liebe hing, war die nächste Veranlassung, daß S., der ohnehin früher schon mit Vorliebe astronomische Studien betrieben hatte, sich denselben mit erneuerter Lust hingab und sie nicht wieder aufgab. Zu seinen wissenschaftlichen Zwecken unternahm S. mehrere Reisen, auf welchen er die Sternwarten zu Breslau, Berlin, Leipzig und Prag besuchte. Sein häufiger Verkehr mit Goldarbeitern und die Erfahrung, daß bei der bisherigen Reductionsmethode viel Gold verloren gehe – nach der Schätzung eines erfahrenen Goldarbeiters belief sich dieser Verlust in der österreichischen Monarchie allein auf ungefähr 4000 Ducaten jährlich – bewog S. zu Versuchen über diesen Gegenstand, und es gelang ihm, eine verbesserte Reductionsmethode aufzufinden, [334] welche allmälig in den betreffenden Kreisen Aufnahme fand. König Friedrich Wilhelm III. zeichnete S. dafür mit einer goldenen Medaille aus. Schimko war es auch, welcher das erste Pfund dehnbares Weißkupfer – Paksong mit Nickel legirt –durch Pittoni im Jahre 1828 von Nürnberg nach Wien bringen ließ; kurz darauf wurde es im Großen in Fabriken bearbeitet. Ueber S.’s anderweitige Thätigkeit, z. B. bei den Reformen des Medicinalwesens in Oesterreich, bei Untersuchungen über gewisse Erscheinungen, wie z. B. das Tischrücken u. s. w., finden sich in seiner Biographie noch mehrere Andeutungen. – Als Schriftsteller war S. in mehreren Richtungen thätig und die Titel seiner Schriften sind in chronologischer Folge: „Systematicus officiorum Medici conspectus“ (Wien 1817, Wimmer, gr. 8°.); – „Tabula exigens diagnosin et therapiam praecipuorum statuum morbosorum generalium“, 2 Bl. (Preßburg 1822, Landes, gr. Fol.); – „Das Hahnemann’sche System (die homöopathische Heilmethode) in mathematischer und chemisch-geologischer Hinsicht betrachtet und widerlegt“ (Wien 1828, Gerold, 2. Aufl. Teschen 1829), davon auch eine französische Uebersetzung: Le système de Hahnemann considéré et examiné sons le point de vue mathematique et chimico-geologique“ (Petersburg 1829, Briefform.); – „Die Reduction des Goldes aus der Färbeflüssigkeit der Goldarbeiter“ (Znaim 1832, Fol.); – „Die physische Restauration der civilisirten Völker, oder das Nothwendigste über Gesundheit, Nahrungsmittel, Getränke, physische und geistige Kraft“ (Olmütz 1830, 8°.); – „Pathogenetische Beschreibung und zweckmässige Behandlung der asiatischen Cholera“ (Olmütz 1837, gr. 8°.); – „Beitrage zur Numismatik, besonders zur Erkenntniss der Echtheit der alten Münzen und Gegenstände von Metall, nebst einigen numismatischen Epigrammen“ (Olmütz 1841, gr. 4°.); – „Der Weltenbau, seine Entstehung und wunderbaren Harmonien. Populär dargestellt. Inbegriff der vorzüglichsten astronomischen Entdeckungen“ (Wien 1847, Gerold, mit einer lithogr. Tafel, gr. 8°.); – „Politisches Glaubensbekenntniss“ (1848); – „Die Planetenbewohner und ihre aus mathematischen, naturwissenschaftlichen und psychologischen Gründen abgeleitete verschiedene geistige Vollkommenheit, mit besonderer Rücksicht auf des Menschen physischen und geistigen Zustand“ (Olmütz 1856, gr. 8°.); – „Arithmetische und geometrische Harmonien der Zahlen 1 bis 32, als Gegenstück der Harmonie des Sonnensystems“ (Olmütz 1864). Und nach seinem Tode wurde herausgegeben sein „Handbuch der Diätetik, nebst Beiträgen zur praktischen Heilkunde“ (Wien 1868, Braumüller, gr. 8°.), welchem eine Biographie des Verfassers vorausgeschickt ist. Außer obigen im Drucke erschienenen Schriften hat er in Handschrift hinterlassen: „Die Erhaltung des türkischen Reiches durch den Protestantismus“, türkisch und deutsch; – „Enchiridion medicum“, wovon als handschriftlichem Curiosum bemerkt sei, daß die Abschrift dieses zum Gebrauche der auswärtigen Praxis bestimmten Leitfadens von Franz Palacky, als dieser in Preßburg studirte, ausgeführt ist; – „Die höchsten Angelegenheiten der Menschheit“, religiös-philosophischen Inhalts. Gedicht und Prosa; – „Satyrische Gedichte über das Branntweintrinken“; – „Beschreibung der Edelsteine in Gedichten“. Was S. als astronomischer Schriftsteller geleistet, dieß zu beurtheilen, muß der wissenschaftlichen Kritik anheimgestellt bleiben. Bemerkenswerth aber ist es, daß S. bereits im Jahre 1835, also ein volles Decennium vor der Entdeckung des fünften [335] der Asteroiden, der Astraea, bewiesen hat („Weltenbau“ S. 111), daß noch zahlreiche Asteroiden vorhanden sein müssen.