Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Scherak, Eduard
Band: 29 (1875), ab Seite: 205. (Quelle)
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Scherer, auch Scherrer, Anton (Componist, geb. in Niederösterreich, Geburtsort und Jahr und Todesjahr unbekannt). Lebte in der ersten Hälfte des laufenden Jahrhunderts. In seiner Jugend dem Lehrfache sich widmend, erwarb er sich zugleich musikalische Kenntnisse, und sein Musiktalent ermöglichte es ihm, nicht nur die Streichinstrumente, sondern auch die Blasinstrumente correct zu spielen. Um sich noch weiter auszubilden, begab er sich nach Wien, wo er bei Förster [Bd. IV, S. 273] Unterricht im Generalbasse nahm, zugleich aber suchte er eine Anstellung im Staatsdienste zu erlangen, welche ihm auch in einem der Kanzleiämter der damaligen vereinigten Hofkanzlei – heute Ministerium des Innern – zu Theil wurde. In der Folge mußte er aus pecuniären Rücksichten, da ihn seine aufopfernde und hingebende Kunstliebe zu Auslagen verleitet hatte, welche seine Kräfte weit überstiegen, einen Diensttausch – nach St. Pölten – eingehen, wo er, wie sein Freund und Biograph Dr. August Schmidt berichtet, wahrscheinlich unterging, da sein Name im Verlaufe der letzten dreißig Jahre nicht mehr genannt wurde. Sein vorerwähnter Biograph schildert S. als ein sogenanntes Universalgenie, das wie Wenige es verstand, mit der Zeit hauszuhalten. In seinen berufsfreien Stunden widmete er sich der Kunst, gab Unterricht in der Musik, machte die Geschäfte der verschiedenen Vereine ab, deren Leiter oder [206] thätiges Mitglied er war, entwarf kalligraphische Tableaux – sein kalligraphisches Talent war es eben, das ihm zur Anstellung in der Hofkanzlei verholfen hatte – und lithographirte. S. war ein ungemein vielseitiger und fruchtbarer Componist und in den verschiedensten, oft gerade entgegengesetzten Genres musikalischer Composition thätig. So schrieb er viele Tonstücke für die Kirche, aber auch Märsche für Militärmusik, Walzerparthien für den Tanzsaal, besonders viel Gelegenheitsmusik, Serenaden für Flöte, Violine und Guitarre. Für letzteres Instrument war er besonders thätig. Seine Guitarreschule wurde sehr gesucht, sowie auch seine Variationen und Phantasien für Guitarre einer allgemeinen Beliebtheit sich erfreuten. Besonders denkwürdig bleibt S. aber durch seine zur Förderung des musikalischen Vereinslebens in Wien an den Tag gelegte Thätigkeit. In derselben wetteiferte er mit seinem Freunde Joseph Smeykal, dessen auch in diesem Lexikon gedacht werden soll. Mit diesem zusammen rief er den „Verein für Kunst und Frohsinn“ in’s Leben und leitete dessen Musikaufführungen; mit dem Chorregenten Michael Fischer begründete er einen Kirchenmusikverein, der mit theilweise veränderten Regulativen jetzt noch nach einem halben Jahrhundert unter dem Namen „Verein zur Verbreitung echter Kirchenmusik“ eine einflußreiche Thätigkeit entwickelt und eine ehrenvolle Stellung unter den musikalischen Vereinen Wiens behauptet. Nicht geringen Antheil hatte S. ferner an der Begründung der „Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates“, deren eifriger Beförderer er während seines ganzen Aufenthaltes in Wien blieb, zu dessen Productionen er immer persönlich mitwirkte und zu deren größeren Concerten und Musikfesten er stets ein ansehnliches Contingent an Sängern und Instrumentalisten beistellte. Noch gründete S. das Unternehmen der „musikalischen Abendunterhaltungen“ im Saale zum „römischen Kaiser“, in welchen die Ausführung von Solostücken mit Chor- und Orchesterwerken abwechselte und die längere Zeit einer großen Beliebtheit im musikalischen Publicum Wiens sich erfreuten. Das letzte Lebenszeichen seines künstlerischen Wirkens ist eine „Choralgesangschule“, welche wahrscheinlich, wie noch manche andere seiner Compositionen, von ihm selbst lithographirt, im eigenen Verlage erschienen, jedoch längst schon aus dem Musikalienhandel gekommen ist.

Recensionen und Mittheilungen über Theater und Musik (herausg. von Fürst Czartoryski) (Wien, Redaction, Druck u. Verlag von J. Löwenthal, 4°.) IX. Jahrg. (1863), Nr. 44, S. 691: „Zwei Dilettanten. Ein Beitrag zur Geschichte der musikalischen Vereine in Wien“, von Aug. Schmidt.