BLKÖ:Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Friedrich Ernst Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Scacoz, Giovanni
Band: 29 (1875), ab Seite: 4. (Quelle)
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Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Friedrich Ernst Graf (Tondichter, geb. auf Schloß Saunertz in Churhessen 5. Juli 1837). Ein Sohn des kais. russischen Obersten Ludwig Joseph Grafen Sayn-W.-B. (geb. 1784, gest. 1857) aus dessen Ehe mit Pauline geb. Gräfin Degenfeld-Schonburg (geb. 1803, gest. 1861), einer Tochter des k. k. österreichischen General-Majors und Maria Theresien-Ritters Friedrich Christoph Grafen v. Degenfeld-Schonburg [Bd. III, S. 203]. Nachdem Graf Friedrich Ernst in Dresden das Polytechnicum beendet hatte, trat er im Jahre 1854, damals 17 Jahre alt, in die kais. österreichische Armee, in welcher er während des Feldzuges 1859 in Italien zum Hauptmann befördert wurde. Noch machte er im Jahre 1864 den Feldzug gegen die Dänen im 11. Feldjäger-Bataillon mit, trat aber schon im folgenden Jahre aus der Activität, sich ganz seiner Lieblingsneigung, der Musik, zuwendend, die er seit früher Jugend mit Vorliebe pflegte. Später, als er bereits in kaiserlichen Diensten stand, begann er in der Composition sich zu versuchen und nahm in den Jahren 1861–1864 bei Franz Jeljnek [Bd. X, S. 134], einem Zöglinge des Prager Conservatoriums und derzeit Lehrer und Archivar des Salzburger [5] Mozarteums, Unterricht im Generalbasse und in der Instrumentation. Seit dem Jahre 1865 trat der Graf mit einer Reihe von Tondichtungen auf, welche in der Musikwelt die Aufmerksamkeit auf sein musikalisches Talent richteten. Eine größere Anzahl von Liederheften sind im Verlage der Hof-Musikalienhandlung Möser in Dresden und bei Adolph Bösendorfer in Wien erschienen; im Jahre 1870 schrieb der Graf eine größere Trauercantate mit Solostimmen und Chören, welche er der Pfarrkirche zu Liebeschitz im Saatzer Kreise Böhmens zur jährlichen Aufführung eines Todtenamtes gewidmet hat. Im Jahre 1871 entstand ein größeres Werk, eine symphonisch-dramatische Tondichtung mit Solostimmen und Chören, nämlich die Scenen aus der Fritjofsage von Tégner. Der Darmstädter Hofbühne gebührt das Verdienst, dieses große instrumentale Tonwerk zuerst aufgeführt zu haben. Fritjof, Landflucht, Abschied und Ingeborgs Klage wurden von dem Großherzoge von Hessen in das Repertoir der Darmstädter Hofbühne aufgenommen und der König von Preußen schmückte den Componisten mit dem Kronen-Orden. Außer dem eben angeführten größeren Werke entstanden noch in der Zeit vom Jahre 1872 bis 1874 ein balladenartiges großes Tonstück mit Solo und Chören, betitelt: „Das Grab von Bussento“, dessen Widmung der Herzog Ernst von Coburg angenommen; eine Festouverture, dem Großherzog von Hessen gewidmet und im April 1874 im Darmstädter Hoftheater aufgeführt; mehrere Lieder, darunter: „Veilchen im März“, „Rosentod“ von Beck; eine große Concert-Arie aus der Fritjofsage für Mezzo-Sopran mit Orchesterbegleitung, für die Wiener Weltausstellung 1873 componirt und in prachtvoller Ausstattung in der Abtheilung für Kunst und Musik ausgestellt. Gegenwärtig arbeitet Graf Sayn an einer großen dreiactigen Oper: „Die Welfenbraut“, welcher die Zwistigkeiten der Welfen und Ghibellinen unter Heinrich VI. und Heinrich dem Löwen zu Grunde liegen. Der erste Act dieser Oper kam am 3. Juli 1874 in Salzburg im Mirabellsaale bei Clavier und starker Chorbesetzung ohne scenischen Apparat zur Aufführung und der Erfolg war ein entschiedener, insbesondere hatten die Chöre, die Ensemblenummern und das Finale durchgegriffen. Wenn man die Stimmen der Kritik, die sich in den verschiedensten Blättern, namentlich aber in der „Allgemeinen (Augsburger) Zeitung“, in der Leipziger Illustrirten, in der Stuttgarter „Ueber Land und Meer“, in der „Norddeutschen Zeitung“ u. s. w. über die Compositionen S.’s vernehmen ließen, zusammenfaßt, so kommen alle darin überein, daß Originalität, Fernhalten von süßem lyrischen Geklingel eine mit feinfühlender Bildung wirksam behandelte Declamation, Kraft und Stärke im Recitativ, eine gedankenreich und technisch gewandte Structur der Ensemble-Nummern, namentlich der Chöre, die Vorzüge der größeren, vornehmlich dramatischen Compositionen S.’s bilden.

Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1871, Nr. 83, in den „Kunstnotizen“.