BLKÖ:Riedesel zu Eisenbach, Hermann Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Riederer, Ignaz
Band: 26 (1874), ab Seite: 110. (Quelle)
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Riedesel zu Eisenbach, Hermann Freiherr (k. k. Kürassier-Oberst, gefallen in Ungarn auf dem Felde der Ehre im Jahre 1849). Es ist eine an die Tage des heldenmüthigen Ritterthums, ja an den Kampf der Horatier und Curatier der alten Römer mahnende Begebenheit, welche Moriz Jokai im [111] „Honvéd-Album“ erzählt und für deren Wahrheit die Angabe der Namen der beiden Kämpfer spricht, während der Ausgang des Kampfes einen von den Unseren erfochtenen Sieg dem Gegner zufallen ließ. Es war im Jahre 1849. Die Ungarn hatten die Schlacht von Tapio Bicske bereits verloren, ihre Führer hatten, jeden weiteren Kampf aufgebend, die Flucht ergriffen, nur sechs Escadronen Reserve-Huszaren konnten noch der von Nagy-Kota herbeigeeilten Division Sternberg, welche die flüchtige Revolutionsarmee zu verfolgen beauftragt war, entgegengestellt werden. Im scharfen Trabb näherte sich die österreichische Cavallerie unter ihrem Anführer, dem Freiherrn von Riedesel. Dieser, eine athletische Figur, volle sechs Schuh hoch, mit herkulischen Schultern, ritt seiner ihm folgenden Abtheilung wohl um hundert Schritte voraus und rief von Weitem den ungarischen Huszaren zu: „Ist unter Euch ein Tapferer, der es wagt, die Reihen zu verlassen und allein in die Mitte des Kampfplatzes hinausreitend, es aufzunehmen mit dem stattlichsten Reiter der österreichischen Armee?“ Auf Riedesel’s Herausforderung sprengte der Major der ungarischen Huszaren, Sebő, auch ein harter Degen und tapferer Kämpfer, stets bereit, eine Scharte zu schlagen in die Sense des Todes, aus den Reihen hervor und dem Freiherrn von Riedesel entgegen. Zwischen dem von den beiden feindlichen Heerhaufen offen gelassenen Raume platzten nun beide Krieger aufeinander und griffen, ihre Abtheilungen gleichsam als Zuschauer des merkwürdigen Schauspiels zurücklassend, ohne ein Wort zu wechseln, einander an. Nur einmal blitzten die Schwerter auf und entsanken dann beide den Händen der Tapferen. Die Kämpfer hatten im ersten Anpralle sich entwaffnende Wunden geschlagen. Sebö hatte dem Freiherrn Riedesel den starken Arm im Handgelenke durchhauen, während Sebö selbst von dem wuchtigen Streiche Riedesel’s den Daumen eingebüßt hatte. Im selben Momente hatten beide Kämpfer ihre Waffen fallen gelassen, nun setzten sie den Kampf noch immer hoch zu Rosse mit der unverwundeten Linken fort. Sebö packte mit seiner nervigen Faust den Freiherrn an der Gurgel; gleichzeitig seinem Pferde die Sporen in die Weichen schlagend, warfen sich die beiden Hengste auf die Seite herum und beide Reiter stürzten zu Boden. Nun sprengten die beiden feindlichen Reiterhaufen herbei, ihren Anführern zu Hilfe. Als sie die Kämpfenden erreichten, richtete von den auf dem Boden sich walzenden Helden nur mehr Einer sich auf, es war Sebö; Riedesel hatte unter der seinen Hals zuschnürenden Faust seines Gegners ausgehaucht. Was nun folgt, ist insofern wichtig, als die vorzeitige Bravour eines wackeren Officiers für uns verhängnißvoll wurde und auf den Ausgang der bereits von uns gewonnenen Schlacht einen nachtheiligen Einfluß nahm. Die Huszaren – so erzählt nämlich Jokai weiter – von der Heldenthat ihres Anführers zu neuem Kampfe entflammt, warfen sich auf das Sternberg’sche Regiment, und während sie den ersten Anprall mit ihren Säbeln aufhielten, waren das dritte und neunte Bataillon der ungarischen Revolutionsarmee auf dem Kampfplatze erschienen, hatten mit den Bajonneten die Unseren angegriffen, dieselben geworfen, die bereits verlorenen Kanonen wieder erbeutet und die Ehre des Tages, die schon den Unseren gehört hatte, zurückgewonnen. Was in dem vorerzählten [112] Ereigniß der Geschichte, was der in Unabhängigkeits- und Revolutionskriegen immer fortspinnenden Sage angehört – die jüngst aufgewärmte und von einigen ordenssüchtigen Geschichtsfälschern geradezu in Abrede gestellte Geschichte mit dem Feuerwerker Pollet bildet ja ein glänzendes Beleg dafür – läßt sich nicht bestimmen. Feststehende Thatsache ist es, daß ein Hermann Freiherr von Riedesel zu Eisenbach – der Einzige – in der österreichischen Armee diente, im Jahre 1848 erster Rittmeister im 4. Kürassier-Regimente, damals Freiherr von Mengen, war, dann von Banus Jellačić als Major zu Banderial-Huszaren übernommen wurde und nach einem Berichte an Fürst Windisch-Grätz ddo. 4. April 1849 von Szetsö in einem harten Gefechte, das die Brigade Rastic bestanden und an welchem Banderial-Huszaren theilgenommen, gefallen ist. In Jellačić’s Berichte heißt es, daß der Feind siegreich geworfen worden und Riedesel’s geschieht ausdrücklich als des „tapferen Riedesel“ ehrenvolle Erwähnung. Wie es einerseits begreiflich, daß ein Schlachtbericht nicht der Platz zur Darstellung einer so romantischen Begebenheit ist, so ist doch andererseits wieder nicht anzunehmen, daß Moriz Jokai, nachdem er die Namen beider Anführer, des Majors Riedesel und des Majors Sebö, ausdrücklich nennt, ein müssiges Märchen ersonnen haben sollte. Auch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß dem am Morgen abgeschickten Siegesberichte einige Stunden später eine Niederlage folgte. Wenigstens hat die alte und neuere Kriegsgeschichte dergleichen Beispiele genug aufzuweisen.

Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1868, Nr. 201: „Ein Duell auf dem Schlachtfelde“.