BLKÖ:Reinisch, Ignaz Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 25 (1873), ab Seite: 232. (Quelle)
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Reinisch, Ignaz Freiherr von (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens geb. zu Saatz in Böhmen im Jahre 1770, gest. zu Wiener-Neustadt am 23. September 1843). Trat zur Zeit des letzten Türkenkrieges bei dem damaligen Herzog Albert von Sachsen-Teschen-Carabinieren als Cadet ein und wurde noch im Verlaufe dieses Feldzuges Fähnrich im Infanterie-Regimente Nr. 16, damals Lusignan-Infanterie. Bis zum Jahre 1809 rückte R. zum Oberstlieutenant vor und machte während dieser Zeit außer zahlreichen kleineren Gefechten 18 Hauptschlachten und drei Belagerungen mit. So wohnte er im Jahre 1793 dem Uebergange über den Rhein, den Gefechten bei Speyer und Bergzabern, im Bienwalde, dem Sturme der Weißenburger Linien, dem Treffen am Geisberge bei; im Jahre 1795 der Wegnahme des Hontenberges, dem Sturme der Mainzer Linien, dann als Oberlieutenant des Generalstabes den Schlachten bei Amberg, Würzburg, Emmendingen und der Belagerung von Kehl; im Jahre 1799 als Hauptmann den Schlachten bei Verona, an der Trebia, bei Novi, bei Genola, dem Gefechte bei Mondovi und der Belagerung von Cuneo; im J. 1800 der Eroberung der verschanzten Position am Mont Cenis, dann jener am Col di Tenda, den Schlachten bei Marengo und am Mincio, und im Jahre 1805 als Major der Schlacht von Caldiero bei. In den vorgenannten Gefechten und Schlachten hatte R. als Generalstabs-Officier wesentlichen Einfluß auf die Leitung der Truppen zum und im Gefechte. Insbesondere bei der Erstürmung des Col di Tenda waren es seine Vorkehrungen, welche den französischen General Suchet zum Rückzuge zwangen, und bei der Wegnahme des Mont Cenis führte R. die dritte Colonne. Bei Pordenone am 15. April 1809 erwarb sich R. das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens, indem Erzherzog Johann selbst seine Waffenthat in der ausgezeichnetesten Weise hervorhob. R., der mit den Verhältnissen des Terrains aus früherer Zeit ganz genau vertraut war, erkannte bald, daß Oberst Nugent, der beordert war, den Rückzug der Franzosen durch Rorai grande gegen Sacile zu vereiteln, kaum rechtzeitig eintreffen konnte, um diesen Befehl auszuführen, und doch war es wichtig, dem Feinde die Rückzugslinie abzuschneiden. R. wußte [233] aber einen kürzeren Weg, dazwischen lag jedoch das von den Franzosen besetzte Rorai grande. Der Feind mußte also überrascht und durch einen Angriff so lange aufgehalten werden, bis Graf Nugent nachgerückt käme. R. war damals Oberstlieutenant und der Person des Commandirenden, Erzherzogs Johann, zugewiesen. Ohne Befehl abzuwarten, nahm er die zur Bedeckung des Erzherzogs bestimmte Schwadron und warf sich rasch auf den im Rückzuge begriffenen Feind. Dieser, die Schwäche seines Gegners nicht ahnend, gerieth durch diesen plötzlichen Angriff in große Verwirrung. Bald aber begann er sich zu sammeln und zu neuem Kampfe zu rüsten. Im Gefechte überschlug sich das Pferd, welches Reinisch ritt, dabei erhielt er einen Säbelhieb und wurde gefangen. Aber er hatte sich nicht verrechnet: durch diesen Aufenthalt war es dem Obersten Nugent gelungen, noch rechtzeitig auf dem Kampfplatze einzutreffen, und nun begann der Kampf auf’s Neue. R. machte sich frei und betheiligte sich auch am Gefechte, das mit der Vernichtung des 35. französischen Infanterie- und 6. Huszaren-Regiments endete, wobei noch überdieß vier Geschütze und drei Adler in die Hände der Unseren kamen. Ungeachtet der schweren Kopfwunde, welche R. erhalten hatte, nahm er doch an der Schlacht des folgenden Tages Theil und trug durch sein ebenso entschlossenes wie umsichtiges Verhalten wesentlich zum siegreichen Erfolge des Tages bei, denn als der Feind zum Angriffe auf Rorai grande und Rorai piccolo schritt, lief unser Centrum Gefahr, von dem Feinde durchbrochen zu werden. Reinisch, der den Auftrag hatte, mit einer Colonne dem angegriffenen Feinde in die linke Flanke zu fallen, wartete nicht erst auf den Befehl zu diesem Angriffe, sondern nahm eine noch unthätig stehende halbe Brigade, bestehend aus drei Bataillonen Alvinczy und zwei Bataillonen Oguliner und führte sie dem Feinde entgegen. Durch diesen Angriff und eine geschickte Verwendung des Geschützes wurde Sacile der einzige Punct, der des Feindes Rückzug decken konnte, genommen. Bei dem von dem Obersten Csivich mit den Ogulinern ausgeführten Sturm verlor der Feind 18 Geschütze und mehrere Tausend Gefangene, und der Sieg war entschieden. Seine Kopfwunde nahm aber nunmehr einen so gefährlichen Charakter an, daß R. nicht länger im activen Dienste verbleiben konnte, er wurde daher in Friedensanstellungen verwendet, und zwar im April 1818 als Platzoberst in Gratz, wo er die Cadetten-Compagnie errichtete und fortwährend inspicirte. Im Juni 1832 wurde R. General und zugleich Localdirector der Wiener-Neustädter Militär-Akademie an Stelle des zum Feldmacschall-Lieutenant und Divisionär in Stanislau ernannten Johann Trautmann . Diesen Posten bekleidete Reinisch bis zu seinem im Jahre 1843 erfolgten Ableben. Die Akademie gewann unter seiner Leitung an Glanz und äußerem Ansehen, auch fällt in seine Periode der große Brand, der am 8. September 1834 die ganze Stadt, an 500 Häuser und 350 Scheunen, einäscherte, von dem jedoch die Akademie selbst verschont blieb. Unter R. und auf seine unmittelbare Veranlassung wurde im Jahre 1833 die Schwimmschule erbaut, mehrere nicht unwesentliche Aenderungen im Organisations- und Unterrichtsstatut vorgenommen, ein Modellensaal errichtet, um den Unterricht in den technischen Fächern zu fördern, die Bibliothek aufgestellt und [234] eine eigene Bibliotheks-Ordnung eingeführt, um das zeitraubende Schreiben der beim Unterrichte nöthigen Handbücher zu vermeiden, die lithographische Presse errichtet und entsprechende Vorlesebücher verfaßt. Im Jahre 1838, am 24. August, feierte R. sein 50-jähriges Dienstjubiläum, bei welcher Gelegenheit ihm die Akademie einen Ehrendegen und einen silbernen Pokal überreichte, auf welchem alle Feldzüge, die er mitgemacht, und die Namen sämmtlicher Mitglieder der Akademie verzeichnet waren. Schon im Jahre 1810 ist R. den Statuten des Maria Theresien-Ordens gemäß in den österreichisch-erbländischen Freiherrnstand erhoben worden. Dann wurde R., der die Herrschaften Lemberg und Neustöckl im Cillier Kreise besaß, am 15. März 1818 in die steirische Landmannschaft aufgenommen. Die Stadt Wiener-Neustadt aber hatte ihm in Anerkennung seiner bei dem furchtbaren Brande getroffenen Vorkehrungen und geleisteten Hilfe das Ehrenbürger-Diplom verliehen. Mit R., der im Alter von 73 Jahren starb und auf dem Akademie-Friedhofe in Wiener-Neustadt begraben liegt, wo ein ihm von seiner Familie gesetztes Denkmal seine Ruhestätte bezeichnet, verlor die österreichische Armee einen ebenso tapferen als humanen, intelligenten und wissenschaftlich gebildeten General.

Freiherrnstands-Diplom ddo. 12. August 1810. – Leitner von Leitnertreu (Theodor Ign.), Ausführliche Geschichte der Wiener-Neustädter Militär-Akademie (Hermannstadt 1852, Th. Steinhaußen, 8°.) Bd. I, S. 361 u. f. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 912 u. 1746. – Wappen. Ein der Länge nach gespaltener Schild. In der rechten rothen Hälfte auf grünem Hügel ein gezinnter Thurm mit drei Schießlöchern und gesperrtem Thore, über welchem ein goldener Stern schwebt. Die linke Hälfte ist von Blau, Silber, Gold und Schwarz viergetheilt und darauf liegt ein rechtsschräges blankes Schwert mit goldenem Griffe. Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone, auf welcher drei gekrönte Turnierhelme sich erheben. Auf der Krone des rechten Helms steht ein mit den Farben des zweiten Feldes quadrirter Adlerflug, dem zwei in Form eines Andreaskreuzes gelegte blanke Schwerter eingestellt sind; aus der Krone des linken Helms wächst ein zum Kampfe gestellter goldener Löwe, und auf jener des mittleren in’s Visir gestellten Helms steht ein goldgekrönter schwarzer Adler mit rothausgeschlagener Zunge. Die Helmdecken des rechten Helms sind roth mit Silber, des mittleren blau mit Silber, des linken schwarz mit Gold belegt.