BLKÖ:Questenberg, Gerhard Freiherr von und zu

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 24 (1872), ab Seite: 149. (Quelle)
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2. Gerhard Freiherr von und zu Questenberg (gest. 1. Juli 1646), ein Sohn Johann’s von Questenberg und Bruder des berühmten Prämonstratenserabtes Caspar Q. [s. d. Nr. 1]. Gerhard arbeitete vorzugsweise in der kaiserlichen Kriegsexpedition und besaß in diesem Zweige einen nicht geringeren Einfluß, wie Pater Lamormain in kirchlichen Dingen und in der Diplomatie. Schon im Jahre 1625 stand er mit Wallenstein in Verbindung. Im Jahre 1626 befand er sich mit [150] Trautmannsdorf, dem berühmten Unterhändler des westphälischen Friedens, zu Tyrnau in Ungarn bei Wallenstein, der damals dem Siebenbürger Fürsten Bethlen Gábor gegenüberstand. Im Jahre 1627 vermittelte er die Angelegenheiten mit Wallenstein, gegen den wegen der Verwüstungen der Dietrichstein’schen und Liechtenstein’schen Güter in Schlesien Klageschriften beim Kaiser eingelaufen waren; im nämlichen Jahre streckte Wallenstein dem Kaiser durch Questenberg’s Einfluß die Geldmittel zum Kriege vor. Im Jahre 1628 befand sich Q. wieder bei dem Friedländer in Angelegenheit der Abdankung und Referirung des überflüssigen Kriegsvolkes und conferirte auch mit Collalto über die Verminderung des Heeres in den oberen Rheinkreisen. Im Jahre 1629 suchte Q. bei Wallenstein Nachlaß der Bedrückungen gegen die Länder der katholischen Churfürsten zu erwirken. Bis kurz vor Wallenstein’s erster Absetzung versah ihn Questenberg, der immer mit ihm in freundschaftlichen Beziehungen gestanden, mit wichtigeren Nachrichten vom Hofe. Als endlich Wallenstein’s Absetzung beschlossen war, war es Questenberg, der mit Werdenberg vereint ihm die Nachricht seiner Entlassung überbrachte. Wallenstein beschenkte den Boten dieser nicht angenehmen Nachricht mit zwei reichgeschirrten Postzügen von je sechs Hengsten besten mecklenburgischen Geblüts. Als nach der unglücklichen Schlacht bei Breitenfeld neuerdings Unterhandlungen mit Wallenstein wegen Uebernahme des Generalates angeknüpft werden sollten, wurde wieder Questenberg ausersehen, dieselben zu führen. Auch als später Wallenstein den Oberbefehl des Heeres wieder übernommen, neue Spannungen zwischen dem Kaiser und dem Friedländer eintraten und insbesondere diese Spannung sich steigerte, als Wallenstein’s Generale sich weigerten, kaiserliche Befehle zu vollziehen, wurde Questenberg neuerdings an den Friedländer abgeordnet, um diesen zu bestimmen, daß er seinen Heerführern die Vollziehung kaiserlicher Befehle auftrage. Zu gleicher Zeit hatte Q. von Seite des Kaisers Auftrag, die Stellung von 6000 Reitern für den Cardinal-Infanten, der durch Deutschland nach den Niederlanden ziehen sollte, von Wallenstein zu verlangen, worüber Wallenstein nichts weniger als erbaut war. Indessen war die Frucht gereift und Wallenstein’s Untergang – den auch Questenberg, so groß sein Einfluß sonst war, nicht zu hindern vermochte – eine beschlossene Sache. Nach Wallenstein’s Niedermetzelung wurde Q. mit Trautmannsdorf nach Leitmeritz gesendet, um dort mit kursächsischen Ministern Friedensunterhandlungen zu pflegen. Im Jahre 1641 befand sich Q. mit Kaiser Ferdinand III. auf dem Regensburger Reichstage und unterhandelte daselbst mit dem türkischen Botschafter, der dahin gekommen war, um Frieden zu bitten. Im August 1643 führte Q. den Fürsten Annibal Gonzaga als Gouverneur in Wien ein, und im folgenden Jahre befand er sich vom Herbste bis zum Winter in Ungarn, um im Vereine mit dem Palatin Eßterházy, mit dem Kriegsraths-Präsidenten Heinrich Grafen Schlik und dem Feldmarschall Rudolph von Teuffenpach ein Friedensbündniß mit Georg Rakotzy zu schließen, welches jedoch nicht zu Stande kam. Endlich wurde Q. kaiserlicher geheimer Rath und Vice-Hofkriegsraths-Präsident, und starb als solcher in ziemlich hohen Jahren; nachdem er schon im Jahre 1621 zugleich mit seinem Bruder Hermann in den Freiherrnstand erhoben worden war. Seine historisch wichtige Correspondenz aus der Zeit des 30jährigen Krieges befindet sich im fürstlich Kaunitz’schen Central-Archiv zu Jarmeritz in Mähren. [Allgemeines historisches Lexikon (Leipzig 1730, Th. Fritschen’s Erben, gr. Fol.) Bd. III, S. 524 ] –