Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pitner, Franz
Band: 22 (1870), ab Seite: 367. (Quelle)
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Pitner, Ernst (Oberstlieutenant in der kais. mexikanischen Armee, geb. zu Wien im Jahre 1838). Bruder des trefflichen Aquarellmalers Franz P. [s. den Folg.]. Ernst widmete sich dem Militärdienste und war Lieutenant in der k. k. Marinetruppe. Als Erzherzog Ferdinand Max die mexikanische Kaiserkrone annahm und bei dieser Gelegenheit sich mehrere Freiwilligen-Corps bildeten, welche den Kaiser in sein fernes Kaiserreich begleiteten, trat auch P. in die mexikanische Armee und bewährte sich in derselben als ebenso tapferer wie intelligenter Officier. Ernst P. diente anfänglich im Generalstabe des Kaisers Max und schwang sich durch seine Bravour zum Oberstlieutenant empor, zu welcher Charge er während der Belagerung von Queretaro ernannt worden war. Zuletzt befehligte er ein Elite-Bataillon, das den Namen „Cazadores del Emperado“ führte. Erst 29 Jahre alt, zählte Pitner mehr Wunden als Jahre. Am 16. Juni 1866 theilte er das traurige Schicksal jener Truppe, welche, 1400 Mann stark, als Escorte eines aus [368] 200 schweren, mit je 10 Maulthieren bespannten Frachtwägen bestehenden Convoi aus Matamoros nach Monterey und S. Louis Potosi ausmarschirt war und am Rio S. Juan von den Juaristen mit Uebermacht angegriffen und nach verzweifelter Gegenwehr fast gänzlich aufgerieben wurde. Pitner fiel, nachdem er zwei feindliche Officiere mit dem Revolver erschossen und zwei Stiche im Hals und einen Hieb im Arm erhalten hatte, mit fünf anderen Officieren in feindliche Gefangenschaft. Kaum nach mehrmonatlichen Leiden und Gefahren aus den Händen seiner Feinde entkommen und von seinen Wunden genesen, eilte P. wieder an die Seite seines erlauchten Herrn, bei dem er bis zu dessen letzten Augenblicken ausharrte. Zwei Mal während der Belagerung von Queretaro verwundet, nahm er mit seinem Bataillon dem Feinde zehn Geschütze ab und erhielt dafür den Adler-Orden. Der Kaiser überhäufte ihn mit Gnade. Beinahe täglich war er durch mehrere Stunden bei Sr. Majestät. Noch vor seinem Tode empfahl der Kaiser Pitner’s Schicksal dem General Escobedo und schickte er ihm von den Kleinigkeiten, die er bis zum letzten Moment gebraucht hatte, ein Andenken. So war denn P. der einzige der der activen österreichischen Armee angehörigen Officiere, welcher bis zur Stunde des Todes des Kaisers Maximilian an seiner Seite sich befand. Von den Oesterreichern war mit ihm nur Major Malburg in Queretaro, derselbe wurde aber noch vor dem Ende des Kaisers von den Juaristen abgeführt. Nachdem P. wieder freigelassen worden, kehrte er nach Europa in sein Vaterland zurück. Mittellos, suchte er eine entsprechende Stelle. Auf die huldvollste Weise wurde er von Sr. Majestät dem Kaiser empfangen und ihm gestattet, seine Wünsche betreffs seiner Zukunft auszusprechen. Oberstlieutenant P. bat um einen Consulatsposten. Gnädigst wurde ihm die Erfüllung seiner Bitte in Aussicht gestellt und zugleich von Sr. Majestät der Auftrag in dieser Richtung in’s auswärtige Amt gesendet. Da sich aber für den treuen Gefährten des unglücklichen Kaisers Maximilian mehrere Jahre hindurch immer noch kein Consulatsposten finden wollte, so war P., der ja mittellos war, zuletzt genöthigt, von Neuem in die kaiserlich österreichische Armee einzutreten, und es wurde dem bis in den Tod treuen Gefährten des Kaisers Max, dem mexikanischen Oberstlieutenant Ernst Pitner, nach jahrelangem Warten auf eine seinem Range entsprechende Unterkunft, die Gnade zu Theil, im Jahre 1869 als Oberlieutenant in das eine der neu errichteten Cavallerie-Regimenter eintreten zu dürfen. Noch sei bemerkt, daß P. als Augenzeuge über seine letzten Erlebnisse an der Seite seines unglücklichen Fürsten ein ausführliches Tagebuch geführt hat, welches noch gar nicht bekannte Details über jene Katastrophe enthält, die dem größten politischen Morde unseres Jahrhunderts voranging.

Wiener Zeitung 1867, Nr. 235, S. 31. – Fremden-Blatt, herausg. von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1867, Nr. 273.