BLKÖ:Pfleger, Gustav
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
---|---|---|---|
korrigiert | |||
<<<Vorheriger
Pflauder, A. |
Nächster>>>
Pfleger, Anton | ||
Band: 22 (1870), ab Seite: 196. (Quelle) | |||
[[| bei Wikisource]] | |||
Gustav Pfleger-Moravský in der Wikipedia | |||
Gustav Pfleger-Moravský in Wikidata | |||
GND-Eintrag: 125008864, SeeAlso | |||
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
| |||
|
[197] bis er endlich, 12 Jahre alt, das Gymnasium auf der Kleinseite bezog. Unter diesen Umständen vergaß P. beinahe das Čechische und erlernte vollkommen die deutsche Sprache. Auf dem Gymnasium betrieb P. fleißig die classischen Studien und nebenbei auch mit nicht geringem Eifer die modernen Sprachen, in welchen Bestrebungen und Studien er besonders durch den Professor Zeithammer gefördert wurde. In dieser Zeit erwachte auch in ihm der Drang für die dramatische Kunst, für die er schon viele Jahre früher, seit dem ersten Besuche des Prager Theaters, gewonnen wurde. Dessenungeachtet vernachlässigte er seine Studien nicht, die er seit dem Jahre 1851 auf dem Altstädter Gymnasium fortsetzte, welches zu jener Zeit unter dem Directorate Klicpera’s [Bd. XII, S. 88][WS 1] stand. Aber einerseits eine Kränklichkeit, welche sich zu jener Zeit in ihm entwickelte, andererseits materielle Sorgen ernstlichster Art veranlaßten ihn, vorderhand seine Studien aufzugeben und sich um ein Unterkommen umzusehen, das ihm seine Existenz sicherte. Er trat nun im Jahre 1854 bei der böhmischen Sparcasse in Prag in Dienste, in welchen er noch zur Stunde sich befindet. Die Muße seines amtlichen Berufes widmete er eifrig seiner Selbstbildung, machte sich mit den besten Erzeugnissen der verschiedenen Literaturen alter und neuester Zeit bekannt, und vorzüglich wendete er den schöngeistigen Erzeugnissen seine Aufmerksamkeit zu. Die Kenntniß derselben, das Eindringen in ihre eigenthümlichen Schönheiten regte seinen eigenen Schaffenstrieb an, und er befand sich noch in den Schulen, als er es schon mit verschiedenen kleineren Arbeiten versuchte. Die ersten Versuche fielen begreiflicher Weise in deutscher Sprache aus, denn das Čechische, wenn er es auch nicht eben verlernt hatte, war ihm bei der vorherrschenden deutschen Schulbildung, wie oben erwähnt worden, doch nicht mehr so geläufig geblieben. Allmälig aber widmete er dem Studium seiner Muttersprache immer größere Sorgfalt, und sein erstes selbstständiges Werk erschien in derselben unter dem Titel: „Dumky“ (Prag 1857, Haase, 16°.), es ist eine Sammlung lyrischer und epischer Gesänge; zunächst darauf folgten die Novelle: „Dvojí věno“, welche im 11. Hefte des III. Jahrgangs (1857) der bei Katharina Geřábek erscheinenden Sammlung: „Biblioteka českých původních romanů historických i novověkých“ (Bibliothek čechischer, historischer, und moderner Original-Romane) abgedruckt steht, und in derselben Sammlung, Jahr 1858, Heft 8 und 9: „Dva umělci“, d. i. Zwei Künstler. Die nächste Arbeit, in welcher sich bereits ein wesentlicher Fortschritt in Anlage, Form und Ausführung kundgab, war sein erzählendes Gedicht: „Pan Vyšinsky. Roman ve veršich. Kniha I. az XII.“, d. i. Herr Vysinsky. Ein Roman in Versen und in zwölf Büchern (Prag 1858 und 1859, Pospišil, kl. 16°.) der eigentlich ein satyrisches Gedicht und auf den verstorbenen Kritiker und Redacteur eines mährischen officiellen Blattes, Namens Hausmann, gerichtet ist. Nun wendete er sich einem anderen, dem dramatischen, Gebiete zu und es erschien in dem von Pospišil in Prag herausgegebenen[WS 2] Sammelwerke: „Biblioteka dívadelní“, im 35. Hefte, sein zweiactiges Lustspiel: „Ona mě míluje“, d. i. Sie liebt mich; ein zweites Stück: „Svatopluk“, welches dem Lustspiel zunächst folgte, ist noch Manuscript. Die folgenden, selbstständig im Drucke erschienenen Schriften [198] Pfleger’s sind: „Cypřiše. Sbírka básni lyrických a epikých“, d. i. Cypressen. Eine Sammlung lyrischer und epischer Dichtungen (Prag 1862, I. L. Kober, 16°.); – dann im Heft 7–9 des zweiten Jahrgangs (1862) der Sammelschrift: „Slovanské besedy. Sbírka románů původních a překladů ze všech jazyků slovanských“ (slavische Abendunterhaltungen. Sammlung von Original und übersetzten Romanen aller slavischen Sprachen): „Ztracený život“, d. i. Ein verlorenes Leben, und im Heft 10 bis 12 des dritten Jahrgangs (1863) derselben Sammelschrift der Roman: „Z malého světa“, d. i. Aus der kleinen Welt. Zu Anfang des Jahres 1862 übernahm P. auch noch die Stelle eines Dramaturgen des čechischen Theaters in Prag und schrieb die Dramen: „Boleslaw der Rothe“ und „Della Rosa“ ferner das Lustspiel: „Das Telegramm“, sämmtlich in čechischer Sprache, in welche er auch aus dem Französischen De Vigny’s Drama: „Chatterton“ übersetzte. Außer obigen allein oder in den genannten Sammelwerken erschienenen Dichtungen in gebundener Rede und Prosa hat P. bisher eine große Menge Novellen, Erzählungen, Dichtungen und andere schöngeistige Artikel in den zahlreichen čechischen Unterhaltungsblättern und Almanachen veröffentlicht. Einen an ihn im Jahre 1864 ergangenen Ruf zur Uebernahme der Redaction eines von der Prager čechischen Künstler-Gesellschaft („Umělecka Beseda“) projectirten Almanachs hat P. kränklichkeitshalber abgelehnt. Aus gleichem Anlasse unternahm er auch, um seine Gesundheit zu kräftigen, in den letzten Jahren mehrere Reisen, auf denen er Böhmen, Mähren, die übrigen Länder Oesterreichs, später auch Deutschland und die Schweiz besuchte. Was P.’s Leistungen als čechischer Schriftsteller und eben als Dichter betrifft, so ward er in ersterer Zeit wenig beachtet, nach und nach aber richtete die Aufmerksamkeit der Kritik sich auf ihn und nun urtheilen seine Landsleute ungemein günstig über ihn, sie nennen ihn „den tiefsten Denker der romantischen Schule“, dessen „Dumky“ und „Cypřiše“, sich durch Innigkeit der Gefühle, Erhabenheit der Gedanken und Eleganz der Sprache auszeichnen und der in seinem „Pan Vysinsky“ Humor und eine in leichterem Tone sich bewegende Satyre mit entschiedenem Glücke hat walten lassen und so ein neues in der böhmischen Literatur bisher fast gar nicht vertretenes Gebiet der Poesie gewählt hat, dem er durch eine geschickte Behandlung die Theilnahme der Leser zu gewinnen verstand.
Pfleger, Gustav (čechischer Schriftsteller, geb. zu Karasej in Mähren 27. Juli 1833). Den ersten Unterricht erhielt er im Elternhause, dann kam er auf die Schule nach Vitochow in der Nähe seines Geburtsortes. Als sein Vater als Forstmeister in Pension übertrat, übersiedelte er in das Städtchen Bystritz und dort besuchte P. zuerst regelmäßig die Hauptschule. Aber diese Regelmäßigkeit war nicht von langer Dauer, als nämlich Bystritz durch eine große Feuersbrunst zerstört und auch die Wohnung von Pfleger’s Eltern eingeäschert wurde, miethete sich die Familie im Forsthause zu Vojetin ein, von wo aus P., damals ein achtjähriger Junge, die Landschule zu Rozsach besuchte. Ein Jahr lang blieb P. mit seinen Eltern daselbst, nun übersiedelten sie nach einem anderen, Skala (na Skalach) genannten Orte, wo der Sohn in eine in der Nähe befindliche Schule ging. Diese Verhältnisse waren für die geistige Entwickelung und den Fortschritt in den Studien des jungen P. nichts weniger als günstig. Der bereits zehn Jahre alte Knabe war noch nicht aus der Trivialschule heraus, andererseits war der mit zahlreicher Familie (neun Kinder) gesegnete, überdieß vermögenslose Vater außer Stande, seinen Sohn in die höheren Schulen einer anderen Stadt zu schicken. Da gab der im Jahre 1843 erfolgte Tod des Vaters den Familienverhältnissen mit einem Male eine veränderte Richtung. Die Mutter begab sich mit ihrer Familie aus Mähren nach Prag, da aber Gustav sehr schwach in der deutschen Sprache war, welche er erst seit 1842 von einem Landgeistlichen zu erlernen angefangen hatte, konnte er noch immer nicht in’s Gymnasium aufsteigen und mußte noch einige Zeit die Normalschule besuchen,- Obrazy života, d. i. Bilder des Lebens (Prag, 4°.) 1859, S. 146: „Gustav Pfleger“. – Národ, d. i. das Volk (Prager polit. Parteiblatt, Fol.) 1864, Nr. 207, im Feuilleton: „Obrázky literarní“, d. i. Literatur-Bilder. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Fr. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 327, Nr. 4. – Magazin für Literatur des Auslandes, herausg. von Lehmann (Leipzig, 4°.) 1864, S. 310, in den „čechischen Briefen“. – Porträt. Im Holzschnitt (R sc.) auf S. 149 des Jahrgangs 1859 der „Obrazy života“.