Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Panz, Joseph von
Band: 21 (1870), ab Seite: 269. (Quelle)
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Panny, Joseph (Liedercomponist, geb. zu Kolmitzberg in Niederösterreich 29., n. A. 23. October 1794, gest. zu Mainz 7. September 1838). Sein Vater war Schulmeister und ertheilte dem Sohne, der Talent für die Musik hatte, Unterricht in derselben. Er erlernte das Violinspiel nach Mozart’s trefflicher Schule. Im Alter von eilf Jahren begann er das Studium des Generalbasses und erhielt von seinem Großvater, der ein tüchtiger Organist war, die Anleitung im Orgelspiel. Durch die Kriegsereignisse des Jahres 1809 verlor die Familie ihre ganze Habe und P. mußte längere Zeit Landmannsarbeiten verrichten, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Nachdem sich die Zeitereignisse günstiger gestaltet, kam P. nach Linz, um sich dort für das Lehrfach vorzubereiten. In Linz fand seine Neigung für Musik genug Gelegenheit zu weiterer Ausbildung, welche er auch, so weit es ihm Talent und die geringen Mittel, die er besaß, erlaubten, thunlichst förderte. Nun erhielt er, 19 Jahre alt, zu Greinburg in Oberösterreich eine Anstellung als Schullehrer, in der es ihm jedoch nicht sonderlich behagte. Schon nach zwei Jahren gab er den Posten auf und seinem Hange zur Musik nachgebend, entschloß er sich in Folge seiner schon früher gemachten Bekanntschaft mit dem Hofcapellmeister Joseph Eybler [Bd. IV, S. 120] nach Wien zu gehen, wo er die Absicht hatte, bei Eybler Unterricht in der Composition zu nehmen und sich ganz der Musik als seinem Berufe zu widmen. P. wurde nun ein ausgezeichneter Violinist und auch ein trefflicher Sänger, der sich insbesondere durch den seelenvollen Vortrag von Liedern hervorthat. Unter Einem bildete er sich auch zum Clavierspieler aus, da er als Componist und Dirigent dieses Instrument nicht leicht entbehren konnte. Als er im Jahre 1824 in Wien in einem Concerte, das meist aus Gesangsolo’s und Chören bestand, zum ersten Male auftrat, erntete er großen Beifall, ohne jedoch weitere Beachtung zu erzielen. Als Paganini in diesem Jahre in Wien Concerte gab, erkannte er bald Panny’s nicht gewöhnliches Talent und machte ihm den Antrag, ihn auf seinen ferneren Kunstreisen zu begleiten, den P. auch annahm. Diese Verbindung, wie Einige erzählen, ward von Seite Paganini’s vornehmlich durch die Schwermuth veranlaßt, zu der Panny hinneigte, sie dauerte aber nicht lange. Für Panny selbst scheint sie wenigstens hinsichtlich der Composition von Nutzen gewesen zu sein. In dieser Zeit componirte er die durch Paganini’s unvergleichlichen Vortrag berühmt gewordene Tondichtung: „Der Sturm“. Als sich Panny in Prag von Paganini trennte, wendete er sich zunächst nach Deutschland, ging im Herbste 1828 nach München, wo er mehrere Concerte gab, besuchte dann noch mehrere süddeutsche Städte und endlich Mainz, wo er für längere Zeit seinen bleibenden Aufenthalt nahm und mehrere seiner [270] bedeutendsten Tonstücke, als die Tondichtung: „Der Rhein“, „Das Kriegerlied“, „Das nordische Fischerlied“ und manches Andere, was Anspruch auf Dauer hat, componirte. Von Mainz aus machte er mehrere Kunstausflüge, im Jahre 1830 nach Hamburg, im Herbste desselben Jahres nach Berlin, wo er sich vor dem Könige selbst hören ließ und für denselben „Das Kriegerlied“ schrieb, dessen Widmung der König auch annahm. Auch der berühmte fürstliche Tondichter Radzivill lud P. in sein Haus, und der Künstler führte daselbst eines seiner Streichquartette mit solcher Virtuosität aus, daß ihn der Fürst, bewegt von der Schönheit und dem Vortrage des Tonstückes, vor der ganzen Versammlung in die Arme schloß und ihm eine kostbare Brillantnadel verehrte. In den Jahren 1831 und 1832 besuchte P. Norwegen, Schweden und England, es war seine letzte Kunstreise. In Christiania hatte er längere Zeit die Stelle eines Musikdirectors bekleidet, sie aber dann nieder gelegt und war nach Mainz zurückgekehrt. Seither blieb er beständig in Mainz, wo er sich verheirathete; jede bindende Anstellung ablehnend, hatte er stark mit Nahrungssorgen zu kämpfen, da er es verschmähte, Freundeshilfe anzusprechen. Störend für den Verkehr mit der Gesellschaft war wohl sein durch Kränklichkeit noch vermehrtes Gemüthsleiden, für das es, wie es schien, nur ein Mittel gab: seine leidenschaftliche Liebe zur Musik. So arbeitete er rastlos bis an sein Lebensende, in der letzten Zeit an einer Folge von Liedern und Gesängen, die schon ganz den schwermüthigen Geist athmen, der ihn gefesselt hielt; dann auch an[WS 1] mehreren Singübungen – zweistimmige Lieder – für eine seiner Schülerinen. Mitren in dieser Arbeit ereilte ihn der Tod, der ihn im Alter von erst 44 Jahren dahingeraffte. Die Zahl seiner im Stiche erschienenen Compositionen ist nicht sehr groß, sie sind meistens in Wien und später in Mainz gedruckt; es sind darunter drei Messen, mehrere Gradualen, Cantaten, Quartetten für angehende Violinspieler, ein reizendes Rondeau in B, eine Sonate für Clarinett und Pianosorte (Op. 28), ein Festhymnus für Männerstimmen mit Begleitung von 3 Posaunen und Contrabaß oder Pianoforte (Op. 38), ein Requiem für Sopran, Alt und Baß, 2 Violinen, 2 Hörner und Orgel (Op. 21), Fischerlied von Salis für alle Singstimmen und Chor (Op. 30), Tafellied für Männerchorstimmen (Op. 37), sechs vierstimmige Lieder (Op. 59) und Var. Canzonette venetienne de Paganini in F (Op. 8). In dem ihm gewidmeten Nekrologe der „Frankfurter Zeitung“ heißt es über Panny: „Das Leben war für ihn ein Jammerthal. Panny war arm geboren und war verflucht, trotz tausendfacher Anstrengungen, trotz seines vorwaltenden Genies, arm zu leben, arm zu sterben. Was er erstrebte, entrang er dem Schicksal; sein Talent ward anerkannt, aber nicht gefeiert, seine Compositionen wurden bewundert, brachten ihm aber wenig oder nichts ein. Seine Lieder werden leben – noch lange leben zur Schmach der Zeitgenossen, die den Lebenden ebenso wenig zu erfassen wußten, als den lebenden Franz Schubert, dessen Hinterlassenschaft geplündert wird und die Plünderer sind Crösuse vom Eigenthum des Bettlers geworden und Erlkönige.“ Während dieser Nekrolog Panny’s Bedeutung als Componist sehr hochstellt, fehlt es nicht an anderen Stimmen, die unter seinen Arbeiten wohl manches dem Ohre Gefälliges, Lobenswerthes [271] finden, eine Schöpfung von Bedeutung aber, die ernstes Studium und tiefere Kunstbildung verriethe, völlig vermissen. In der Mitte dieser beiden Anschauungen möchte wohl die Wahrheit liegen.

Allgemeine Wiener Musik-Zeitung. Herausg. von Dr. August Schmidt (4°.) II. Jahrg. (1842), S. 448; dieselbe, Nr. 130 [daselbst wird der 29. October als sein Geburtstag angegeben]. – ’’Neuer Nekrolog’’ der Deutschen (Weimar, B. Fr. Voigt, kl. 8°.) XVII. Jahrg. (1839), I. Theil, S. 38 [nach diesem am 23. October 1794 geboren]. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Fr;. Köhler, Lex. 8°.) S 674 [nach diesem geb. am 29. October 1794]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Zweite Abthlg. Bd. II, S. 391. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 148. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden, R. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 106. – Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur. In vier Bänden (Leipzig 1833, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. III, S. 437.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: an an.