Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 20 (1869), ab Seite: 311. (Quelle)
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Nickel, Franz (Bürger von Wien, geb. im Markte Berg im Mühlviertel Oberösterreichs 11. December 1766, gest. zu Wien 10. September 1833). Nickel kam im Jahre 1798, damals 30 Jahre alt, nach Wien, wo er bald in der Vorstadt Leopoldstadt sich einbürgerte und von der Zeit seiner Ankunft bis zum Tage seines Todes, bei dem, was in dieser Gemeinde Wohlthätiges und Nützliches vollbracht wurde, früher als thätiger Beförderer, später als kräftige Leiter, und in Allem, was Wohlthätigkeitssinn und Bürgertugend heischte, kräftiges Wirken und Vollbringen und ausdauernden Muth verlangte, ein leuchtendes Vorbild seiner Mitbürger wurde. Es kann hier kaum nur angedeutet werden, was er in der endlosen Zeit eines mehr als fünfundzwanzigjährigen blutigen, welterschütternden, alle Kräfte des Staates erschöpfenden Krieges in stiller Opferwilligkeit leistete, was er in den Jahren der Noth der leidenden Menschheit spendete. Wie wenig er, während schweres Weh die Bevölkerung Wiens heimsuchte, an sich und die Bergung seines Eigenthums dachte, dafür spricht die Thatsache, daß er, während er auf den Wällen des belagerten Wiens im Jahre 1809 seine Reihen befehligte, in einem nahen Dorfe durch den Feind sein ganzes sauer erworbenes Vermögen, bestehend in 900 Eimern Wein, verlor, was durch seine Gegenwart leicht verhindert werden konnte. In seiner Gemeinde bald bekannt und geachtet, stieg er von Stufe zu Stufe. Längst ein Vater der Armen, wurde er Armenbezirks-Director, Gerichtsbeisitzer, Ortsschulenaufseher und Administrator der Schwarz’schen Stiftschule. Als sich in allen Ländern die Sparcassen als wohlthätig bewährten und der Pfarrherr zu St. Leopold, F. B. Weber, durch rastlose Thätigkeit auch eine solche Anstalt in’s Leben rief, war unter den fünfzig Gliedern, großentheils Leopoldstädtern, die den Verein gründeten, Franz Nickel einer der Ersten und bekleidete die Stelle eines Curators [313] der Anstalt bis an seinen Tod; auch trat er der wechselseitigen Brandversicherungs-Anstalt bei und wurde, da er für das Gedeihen dieses höchst wichtigen und wohlthätigen Unternehmens im Kreise seiner Gemeinde besonders thätig wirkte, zum Ausschusse der Anstalt gewählt. Nicht minder verdienstlich sind N.’s Leistungen im Schoße der Gemeinde selbst, der er angehörte. Kaum war Franz Nickel zum Ortsrichter erwählt, als sein Einfluß auf die Bestrebungen dieser Vorstadt sich nach allen Richtungen zeigte. Mit Eifer setzte er die schon früher begonnene Pflasterung fort, so daß unter seiner Amtsverwaltung die ganze Hauptstraße bis an den Tabor und die Hälfte der Jägerzeile gepflastert und die breiten und schönen Trottoirs gelegt wurden, die Beleuchtung wurde vermehrt, und was zur Verschönerung dieser Vorstadt beitragen konnte, wurde von ihm in Angriff genommen und energisch vollführet. Das Gemeindehaus auf dem Carmeliterplatze, ein stattlicher, mit Geschmack ausgeführter Bau, wurde durch seine Beharrlichkeit und seinen festen Willen in’s Leben gerufen. Für das im Jahre 1824 feierlich begangene Jubiläum der ersten Kirchenweihe jener auf den Grundvesten der Judensynagoge erbauten und nach der Zerstörung in der türkischen Belagerung im Jahre 1722 von Karl VI. wieder erhobenen Kirche zu St. Leopold, wurde dieselbe von Innen und Außen restaurirt und Nickel nahm keinen kleinen Theil der bedeutenden Kosten auf sich. Bleibender Erinnerung würdig ist aber die durch N. bewirkte Realisirung eines in der Gemeinde lange gehegten Wunsches: die Erbauung eines Armen-Versorgungshauses, zu dessen Fond zwar die thätigen Armenväter längst beigesteuert, doch aber das Ziel noch ein Menschenalter vielleicht entfernt sahen. Ortsrichter Nickel hatte sich die Ausführung dieser Idee zur Gewissenssache gemacht. Unermüdet leitete er die Armenbälle, rief Blumenfeste in’s Leben, benützte jede Gelegenheit zum Besten seiner Unternehmung aus dem Borne der Wohlthätigkeitsliebe zu schöpfen, und da nun auch der Verein der aus der Gemeinde hervorgegangenen indeß zum Nationalinstitute erwachsenen Sparcasse einen Betrag von 12.000 fl. C. M. als Darlehen, wovon mit jedem Jahre die Interessen nachgesehen und vom Capitale eine verhältnißmäßige Summe als Geschenk abgeschrieben werden sollten, zu dieser frommen Stiftung bewilligte, so wurde im J. 1826 der Bau des Armen-Versorgungshauses begonnen, rasch ausgeführt und wurden im folgenden Jahre die dafür bestimmten sechzig Armen festlich eingeführt. Die vielseitigen Verdienste N.’s um Staat, Kirche, Schule und Armenwesen wurden Allerh. Orts durch Verleihung der goldenen Civil-Ehrenmedaille mit Oehr und Band anerkannt, welche zu Ende des Jahres 1831 erfolgte und deren Ueberreichung in festlicher Weise öffentlich stattfand. Nicht lange jedoch erfreute sich N. dieser Auszeichnung. Zu Anfang des Jahres 1833 überfiel ihn eine langwierige und schmerzliche Krankheit, der er auch vor vollendeten 67. Lebensjahre erlag. Die am 12. September begangene Leichenfeier war bisher in der Gemeinde ohne Beispiel. Eine ungeheuere Menschenmenge war herbeigeströmt und füllte die Straßen. durch welche der endlose Zug sich bewegte, der einen edlen Menschen und einen verdienstvollen Bürger zu seiner letzten Ruhestätte geleitete.

Pietznigg (Franz), Mittheilungen aus Wien, Jahrg. 1853, IV. Heft. S. 27: „Nickel’s Biographie“ von Johann Langer.