Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 19 (1868), ab Seite: 448. (Quelle)
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Muhr, Alois (der blinde Tonkünstler, geb. zu Uttendorf im Innkreise Oberösterreichs 21. Juni 1801, gest. ebenda 22. November 1861?). Erscheint hie und da in der Schreibweise Alois Mur (ohne h). Der Sohn eines armen Häuslers, der blind geboren worden. Frühzeitig entfaltete sich seine musikalische Anlage und ohne Lehrer begann er auf einer kleinen Querpfeife die Melodien nachzuspielen, die er von Zitherschlagern oder böhmischen Musikanten gehört hatte. Letzteren und wandernden Harfenisten ging er oft weit nach und bereitete dadurch seinen Eltern, die ihn oft verloren glaubten, schweren Verdruß. Ja es kam so weit, daß man ihn in seine Kammer sperren mußte, wenn man sein Entwischen besorgte. Indessen entwickelte sich der Musiksinn des Knaben in erstaunlicher Weise. Der Bierbrauer zu Uttendorf. Johann Grandauer, durch das seltene Talent aufmerksam gemacht, nahm sich des Knaben, der, wenn die Eltern starben, ganz schutzlos in der Welt stand, ernstlich an, empfahl [449] ihn dem Uttendorfer Organisten Franz Prandl, der ihm nun Unterricht im Clavierspiel ertheilte, worin Muhr bewunderungswürdige Fortschritte machte. Bei einem Gehilfen Grandauer’s aber erlernte der blinde Muhr das Zitherspielen. Auf Querpfeife, Clavier und auf der Zither spielte M. bald mit großer Virtuosität; das höchste aber leistete er im Zitherspielen, durch das er seine Zuhörer zu einem Entzücken ohne Gleichen hinriß. Später bildete er sich auf der Orgel und Phisharmonika und leistete auch da Vollendetes. Endlich erlangte er auch auf der Clarinette und dem Flügelhorn große Fertigkeit. Was er einmal gehört, spielte er treu nach und besaß dabei ein musikalische Gedächtniß, durch welches er auch die schwersten Tonstücke mit allen ihren Nuancen im Gedächtniß zu behalten und getreu nachzuspielen im Stande war. Von 1825–1850 galt er als der erste Zitherspieler in Oberösterreich. Als Erzherzog Johann im Jahre 1839 das Wildbad Gastein besuchte, wurde Muhr dahin berufen, um sich als Meister vor dem kais. Prinzen zu bewähren. Der hohe Adel im benachbarten Bayern, wie die Grafen Taufkirchen, Baumgarten, ließen ihn oft mit ihrer Equipage abholen, um sich an seinem Meisterspiele zu ergötzen. Muhr selbst machte jährlich Reisen nach Ober- und Niederösterreich, Salzburg und Bayern und ließ sich dann öffentlich hören. Sein Musiktalent war außerordentlich; leider hinderte ihn seine Blindheit, seine eigenen Improvisationen, zu denen er durch seine Blindheit gedrängt wurde, aufzuzeichnen. So hat sich nur die Erinnerung an sein vollendetes Spiel auf verschiedenen Instrumenten, namentlich aber auf der Zither, im Volke erhalten, bei dem der „blinde Loisl“, so nannte ihn dasselbe, eine der beliebtesten und bekanntesten Persönlichkeiten war.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1827, Nr. 53 u. 54: „Der blinde Tonkünstler Mur“, von Ben. Pillwein. – Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) Jahrg. 1844, Nr. 24 u. 26: „Der Blinde von Uttendorf“. Biographische Skizze von Ign. Zwanziger. – Allgemeine Wiener Musik-Zeitung. Herausgegeben von August Schmidt (Wien, 4°.) III. Jahrgang (1843), Nr. 80. – Oesterreichisches Bürgerblatt (Linz, 4°.) 1827, Nr. vom 2. Juli.