Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Migliara, Johann
Band: 18 (1868), ab Seite: 252. (Quelle)
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Miglioranza, Johann (Architekt, geb. zu Vicenza 21. Juni 1798, gest. 10. Februar 1861). Der Sohn armer Taglöhner, besuchte er einige Zeit die Schulen, woran er jedoch wenig Freude empfand, so daß er es mit dem Handwerk versuchte, ohne auch dabei das rechte Genügen zu finden. So arbeitete er anfänglich bei einem Schuster, dann wieder bei einem Buchbinder, endlich bei einem Tischler, aber nirgends hielt er lange aus, bis Antonio Bernati[WS 1], nachmals Professor an der Paduaner Hochschule, ein Freund der Jugend und ein scharfer Beobachter derselben, auch in M. das Talent erkannte und ihm mit den richtigen Rathschlägen zur Seite stand. M. wendete sich der Kunst zu, er begann fleißig zu zeichnen, alle freie Zeit, die ihm nach vollbrachter Tagesarbeit noch übrig blieb widmete er eindringlichen Kunststudien: Vignola[WS 2], Palladio[WS 3] wurden seine Lehrmeister und der Zeichentisch blieb seine liebste Beschäftigung. So entwarf er fleißig Ornamente oder aber eine architektonische Skizze, dabei besuchte er öfter seinen väterlichen Rathgeber Bernati und unter dessen Anleitung machte er erfreuliche Fortschritte. So war es denn vor Allem die Architectur, worauf sein ganzes Studium abzielte, und zu diesem Zwecke vertiefte er sich nicht nur in die anerkannten Meisterwerke neuerer, sondern auch der alten classischen Autoren, die er freilich, der classischen Sprachen nicht mächtig, in Uebersetzungen las. Der Drang nach wissenschaftlicher Ausbildung wurde aber in dem jungen Manne endlich so mächtig, daß er im Jahre 1825, mit geringen Mitteln einiger ihm wohlwollender Freunde ausgestattet, nach Venedig ging, wo er durch drei Jahre auf das Ernstlichste seinen Kunststudien oblag, und solche Beweise seines Fleißes und Talentes gab, daß er von Staatswegen eine Unterstützung erhielt. Zu gleicher Zeit wurde er in die Lage versetzt, über einen im Laufe der Jahrhunderte verschütteten Bau eines Amphitheaters Nachgrabungen anzustellen, eine Idee, die schon in frühester Jugend in Folge der ihm auffällig erschienenen Bodenverhältnisse und in älteren architektonischen Werken enthaltenen Anzeichen, ihn beharrlich beschäftigt hatte. Im Jahre 1838 wurden die Ausgrabungen begonnen und dieselben nach längeren Unterbrechungen in den Jahren 1841 und 1855 wieder aufgenommen, und seine Erwartungen gingen in der That in Erfüllung. Um seinen Gesichtskreis zu erweitern und seine Kunstanschauungen zu vervollständigen, unternahm M. eine Reise nach Florenz, von dort nach Rom, dann nach Sicilien, [253] wo er Pompeji besuchte und sich an der Seite eines berühmten Archäologen, des Duca di Serra di Falco[WS 4], mit den architektonischen Schätzen des in dieser Hinsicht classischen Siciliens bekannt machte. Seine Reise nach Algier ausdehnend, kehrte er über Frankreich, Belgien, England, überall aufmerksam Alles studirend, was einigermaßen in seine Kunst einschlug, in seine Heimat zurück. Seine Tüchtigkeit befestigte alsbald seinen Ruf; die reichen Vicentiner vertrauten ihm gern die Ausführung mancher Bauten an, bei denen er sein Talent bewähren konnte. So seien denn nur einige seiner Arbeiten in Vicenza erwähnt: das herrliche Caffè auf dem Campo Marzo, der Bazar im lombardischen Style in der Judengasse, das reizende Cabinet in der Casa Nievo, eine Perle des guten Geschmacks und in Allem und Jedem das Werk einheimischer Künstler; die Restauration des gothischen Tempels auf dem Monte Berico, ganz nach Miglioranza’s Plan ausgeführt, und in der Kirche des h. Faustin ein kunstvoller Altar, den er dem Vereine von Künstlern zur wechselseitigen Unterstützung widmete. Unter seinen zahlreichen und nicht ausgeführten Entwürfen sind bemerkenswerth der großartige, für einen Friedhof in Venedig und ein zweiter für den Umbau des Seminars in Vicenza. Eine seiner Hauptarbeiten sind aber die Zeichnungen der unter seiner unmittelbaren Leitung ausgeführten Ausgrabungen des erwähnten Amphitheaters, worin er einen ungewöhnlichen Scharfsinn und eine staunenswerthe Sicherheit in Vornahme der dazu erforderlichen Arbeiten beurkundete. Man würdigte auch allenthalben die Talente des Künstlers, die Akademie des Pantheon in Rom, das königliche Institut der Architekten in London nahmen M. unter ihre Mitglieder auf, wie ihn denn schon lange vorher die olympische Akademie in Vicenza in ihren Schooß aufgenommen hatte. M. starb nach kurzer Krankheit im Alter von 63 Jahren mit dem Rufe eines ausgezeichneten Architekten.

Raccolta di scritti editi ed inediti di buoni autori (Pia associazione a profitto della casa dei giovani abbandonati in Treviso) (Treviso 1861, Andreola Medesin, 8°.) Tomo II, p. 533 e s.: „Della vita artistica di Giovanni Miglioranza“. Discorso letto da Jacopo Cabianca.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Antonio Bernati (* 1792; † 1873)
  2. w:Giacomo Barozzi da Vignola (1507-1573) in der Wikipedia
  3. w:Andrea Palladio (1508-1580) in der Wikipedia
  4. w:Domenico Lo Faso Pietrasanta (1783-1863) in der Wikipedia