Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Mayer, Johann Ulrich
Band: 18 (1868), ab Seite: 139. (Quelle)
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73. Mair, Joseph (Bauer, gebürtig bei Botzen in Tirol; lebte in der zweiten Hälfte des achtzehnten und in der ersten des neunzehnten Jahrhunderts). Am 30. November 1781 erließ Kaiser Joseph II. das Aufhebungs-Patent der Klöster in Oesterreich, welchem zufolge 700 Klöster aufgehoben und ihre Bewohner mit einer Pension in die Welt hinausgeschickt wurden. In Tirol traf dieses Schicksal 24 Klöster. Eilf Jahre später, 1792, waren die Mendicantenklöster Tirols, welche bisher verschont geblieben waren, von der Aufhebung bedroht. Diese sollte bei einigen derselben sofort, bei den übrigen in einiger Zeit darnach stattfinden. Der Bauernstand Tirols, den Mendicanten seit jeher besonders zugethan, war über diese Nachricht betrübt, und nach mancherlei Plänen, diesen Beschluß zu vereiteln, hatte man sich dahin geeinigt, den gemeinsamen Wunsch der Bauern vor den Thron des Monarchen zu bringen. In dieser Angelegenheit hatte, wie unser Gewährsmann, [140] dem diese Mittheilung entnommen ist, meldet, „ohne andere Beweise das bloße Verlangen einiges Gewicht“. Man entschloß sich also im Etschlande, eine Deputation von Bauern nach Wien zu senden, um demüthig zu bitten, daß die Mendicantenklöster noch fernerhin fortbestehen dürften. Zu dieser Deputation wurden zwei gewandte und wohlhabende Bauern aus der Botzner Gegend, Joseph Mair (Ganser) und Johann Rottensteiner (Köfele), auserkoren, denen sich auch noch Jacob Linder aus dem Burggrafenorte von Mais beigesellte. Die Bauern-Deputation reiste am 11. December 1792 von Botzen ab, kam am 22. December nach Wien und hielt sich dort bis zum 6. Februar 1793 auf. Die zwei Botzner Bauern Mair und Rottensteiner führten während dieser ganzen Zeit ein genaues Tagebuch, das wegen des interessanten Detailberichtes ein klares Licht auf die damalige Zeit wirft, die sich in solchen Dingen und im Gange derselben heute nach mehr als siebenzig Jahren kaum wesentlich geändert haben dürfte. Der Erfolg der Deputation war eine den beiden Bauern mitgegebene Resolution vom 4. Hornung 1793, auf das Anlangen der tirolischen Bauern-Deputirten, in welcher angedeutet wurde, daß Se. Majestät über eigentliche Landesangelegenheiten nur von gesammten Ständen ihre Vorstellungen anzunehmen geneigt sind und dabei Abordnungen von einzelnen Ständen gegen die Ordnung laufen. Außerdem folgte den Bauern ein Decret an das Gubernium von Innsbruck, vermöge dessen die Mendicantenklöster, die bereits zur Aufhebung verurtheilt waren, für die Zukunft fortzubestehen hatten. Auf diese Weise wurden durch die zwei Bauern zwanzig Klöster gerettet. Auf der Aufhebungsliste blieben noch stehen das Servitenkloster zu Volders, die Kapuzinerklöster zu Botzen, Eppan, Lana, Mals, Ried und Kitzbühel, aber man schwieg auch von diesen und ließ sie fortbestehen. Das genau geführte Tagebuch der beiden Bauern, wovon eine Abschrift sich im Archive des Stiftes Marienberg befindet, wurden erst in neuerer Zeit in dem in den Quellen benannten Archive zum Abdrucke gebracht.

Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Tirols. Redigirt und herausgegeben von J. Durig, Dr. Alfons Huber P. Justinian Ladurner, David Schönherr und Dr. I. V. Zingerle (Innsbruck, Wagner. 8°.) II. Jahrg. (1865), S. 96–117: „Reise zweier Botzner Bauern nach Wien im Jahre 1792, zur Rettung der Mendicantenklöster in Tirol“, von P. Cölestin Stampfer O. S. B.