Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Locatello, Dominik
Band: 15 (1866), ab Seite: 357. (Quelle)
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9. Peter L. (geb. zu Bergamo im Jahre 1693, gest. zu Amsterdam im Jahre 1764), ein berühmter Geiger, über dessen Lebensverhältnisse wenig bekannt ist. Man weiß nur von ihm, daß sein Lehrer im Violinspiele Corelli in Rom gewesen sei, daß er dann Kunstreisen durch Italien, Deutschland, Frankreich und England gemacht und sich zuletzt in Amsterdam niedergelassen habe, wo er ein öffentliches Concert begründete, Privatconcerte dirigirte, Unterricht in der Musik ertheilte und sich zuletzt von der Regierung ein Privilegium erwirkte, worauf er seine Compositionen auf eigene Kosten herausgab, und wenige Jahre vor seinem Tode ein Geschäft mit echten römischen Saiten errichtete. Längere Zeit lebte er am Hofe des prachtliebenden Churfürsten Friedrich August von Sachsen, den er auf seinen Reisen gewöhnlich zu begleiten pflegte. Als er mit dem Churfürsten im Jahre 1728 nach Berlin reiste, mußte er auch vor [358] Friedrich Wilhelm I. spielen. Der, wie bekannt, sehr sparsame König schickte ihm am nächsten Tage ein Geschenk von 20 Thalern, welches Locatelli wieder dem Ueberbringer zum Geschenke machte. Friedrich Wilhelm I., als er dieß erfuhr, nahm dieß gewaltig übel und beklagte sich über L. bei Friedrich August. Letzterer belehrte nun den preußischen König, welche kostbaren Geschenke L. zu empfangen gewohnt sei. Nun denn, meinte der König, das lasse sich ja ein zweites Mal wieder gut machen. Nach dem zweiten Concerte ließ er den Künstler zu sich rufen und gab ihm eigenhändig eine schwere goldene Dose, gefüllt mit Ducaten, setzte aber hinzu: „Ihr seid so splendid, daß ich mir dießmal das Trinkgeld für mein Geschenk selbst verdienen möchte“. – „O“, erwiederte Locatelli, „das Geschenk aus der Hand des Königs selbst hat zu viel Gewicht, als daß ich mich dießmal von ihm trennen könnte“. Der König aber war mit der Antwort des gewandten Italieners zufriedengestellt. Locatelli war ein großer Künstler, besonders stark in Doppel- und vollstimmigen Griffen, kein Plätzchen der Violine blieb von ihm unberührt, und so brachte er mit seinen unerschöpflichen Phantasien ganz fabelhafte Wirkungen hervor. Von seinen Compositionen sind bekannt: „12 Concerti grossi“ (Amsterdam 1721), im Style Corelli’s; – „L’arte del Violino“ (1733), enthält 12 Concerte und 24 Capricen; – „Sei Concerti con Introduzioni“ (1735); – „12 Sonate per il Violono solo“ (1737); – „6 Concerti a quattro“ (1741); – „L’arte di nova modulazione“, Capricen – und „Contrasto armonico“, Concerte. Außerdem hat er im Jahre 1732 zwölf Flötensonaten mit Baßbegleitung und in den Jahren 1736 und 1742 einige Streich-Trio’s erscheinen lassen. Als Violinspieler genoß L. seiner Zeit großen Ruhm und viele von seinen Kunststücken im Spiele soll Paganini benützt und mit ihnen große Effecte erzielt haben. Die Capricen in dem oben angeführten Werke „L’arte di modulazione“ machten den Violinisten seiner Zeit viel zu schaffen und ihrer Eigenthümlichkeit wegen erschienen sie auch in der französischen Ausgabe unter dem Titel: „Caprices énigmatiques“. [Gerber (Ernst Ludwig), Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1790, Joh. Gottl. Imman. Breitkopf, gr. 8°.) Theil I, Sp. 812. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex. 8°.) S. 561. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Jul. Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 799. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., 8°.) Tome XXXI, p. 430. – Porträte. 1) P. Locatelli gravé par Lambert d’après le dessin original appartenant à Mr. Cartier (4°.); – 2) F. Hillemacher sc. (8°.); – 3) C. Trost sc. (gr. Fol.), Schwarzk., selten.]