BLKÖ:Leitenberger, Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 334. (Quelle)
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Leitenberger, Friedrich (Industrieller, geb. zu Kosmanos 11. August 1801, gest. zu Gräfenberg 29. September 1854). Wenn dem „Slovník naučný“ zu glauben ist, so wäre das Geschlecht der Leitenberger ursprünglich ein čechisches, das sich Litnohorský nannte und unter diesem Namen zu Teltsch in Mähren ansässig war, von dort aber nach Lewin im Leitmeritzer Kreise Böhmens übersiedelte, wo es seinen Namen Litnohorský in Leidenberger germanisirte. Diese Umwandlung wäre durch Friedrich’s Oheim Joseph geschehen, dessen Bruder Priester der Gesellschaft Jesu war. Da nämlich diesem der Name Leidenberger zu traurig klang, veränderte er ihn zu Leitenberger, dessen sich die Familie noch heute bedient. Um die Verantwortung für diese Geschichte eines Namenswechsels nicht zu übernehmen, so wird auf die oben genannte Quelle ausdrücklich hingewiesen. Die unter der Firma Leitenberger nachmals so berühmte und noch heute blühende Fabrik verdankt ihre Entstehung dem Grafen Bolza, der sie im Jahre 1764 zu Josephthal bei Kosmanos gründete, dem sie aber im Jahre 1793 von dem Färber Joseph Leitenberger käuflich abgelöst wurde. Joseph L. überließ sie aber bereits im Jahre 1796 seinem Sohne Franz, welcher sie durch den Ankauf des dortigen Piaristenklosters wesentlich vergrößerte. Nach dem im Jahre 1828 erfolgten Ableben des Franz L. ging die Fabrik in das Eigenthum seines Sohnes Friedrich über, dessen Lebensskizze nunmehr folgt. Friedrich verließ das elterliche Haus frühzeitig, um in Wien die nöthige technische Vorbildung zu erlangen und kehrte nach vollendeten Studien nach Kosmanos zurück, wo er unter unmittelbarer väterlicher Leitung praktische Unterweisung in allen Zweigen der Kattunfabrication erlangte, die schon damals durch die Intelligenz seines Vaters unter Mitwirkung von Männern wie Ignaz von Orlando, Köchlin und Singer eine hohe Stufe erreicht hatte. So mit wissenschaftlicher und praktischer Vorbildung ausgestattet, ging Friedrich L. zu Anfang der Zwanziger Jahre auf Reisen, wo er in den bedeutendsten Fabriken des Auslandes, namentlich Frankreichs und Englands, sein technisches Wissen erweiterte. Im Jahre 1825 wieder nach Kosmanos zurückgekehrt, wurde er bei dem bald darnach erfolgten Tode seines Vaters von diesem zum Erben, und seine Schwester Johanna sammt deren Gatten Ign. von Orlando zu Theilnehmern des Fabriksgeschäftes eingesetzt. Er überließ jedoch die Leitung desselben den bewährten Händen seines ebengenannten Schwagers und widmete wieder mehrere Jahre dem Aufenthalte in Deutschland, England und Frankreich, wo er neben Aneignung der dortigen Fortschritte in den vielverzweigten Fächern der Kattunfabrication und deren Geschmacksrichtung auch mannigfache Gelegenheit zur Erweiterung seiner gesammten intellectuellen Durchbildung fand und mit glücklichem Erfolge benützte. Seit dem Jahre 1832 bleibend nach Kosmanos zurückgekehrt, übernahm Friedrich L., als im Jahre 1846 sein Schwager Orlando starb, die alleinige Leitung des Geschäftes und wurde der Schöpfer dieses neugestalteten Etablissements, das sich in Großartigkeit und Gelungenheit der Einrichtung, sowie in der Masse und dabei doch Trefflichkeit der Leistungen zu einer Musteranstalt emporschwang. Umfang [335] und Leistung dieses Etablissements mögen aus folgenden beispielsweisen Andeutungen entnommen werden. Es sind in Thätigkeit: 13 Walzendruckmaschinen, meist mehrfärbig, mit 1800 Walzen; 6 Parrotinen; 120 Drucktische. Bei einem im Uebrigen trefflich ausgestatteten Maschinenwesen, über 850 Arbeiter beschäftigend, ist die Fabrik für die Production von täglich 1000 Stücken, à 50 Wiener Ellen, eingerichtet. Bei noch nicht gänzlich vollendeter Einrichtung, im Jahre 1853, wurden bereits 170.000 Stücke oder 8,500.000 Ellen Baumwolldruckwaaren verschiedener Feinheitsgattungen und Mousseline de laine, dann 100.000 Dutzend Jaconnets- und Kattun-Tüchel erzeugt. So bei Leitenberger’s Tode 1854. Seinem großartigen Sinne im Schaffen entsprach auch eine seltene Regsamkeit im Fortschreiten und Verbessern. Jede neue Erfindung, jede Vervollkommnung im Gesammtbereiche der Fabrication war er bemüht, hieher zu verpflanzen, kein Opfer war ihm dafür zu groß, wie er auch alljährlich bedeutende Summen dafür verwendete, um die vorzüglichsten Leistungen auch ausländischer Zeichenkünstler für Veredlung des einheimischen Geschmackes zum Gemeingute zu machen. Die Mühen dieses Strebens wurden aber auch durch die günstigsten materiellen Erfolge gekrönt. Für die Erhaltung und Fortsetzung seiner Schöpfungen hatte Leitenberger die Anordnungen getroffen, daß er, da er unverheirathet war, seinen Neffen Friedrich Leitenberger zum Erben einsetzte, und während dessen Minderjährigkeit seinen bewährten Freund Herrn Joseph Wängler zum Leiter des Ganzen berief. Dieser Rückblick auf die Wirksamkeit Leitenberger’s in seinem Berufe als Industrieller erhält einen schönen Abschluß durch Bezeichnung seines Verhaltens zu seinen Arbeitern, indem er in gerechter, menschenfreundlicher, schonender Behandlung seiner Arbeiter ein leuchtendes Muster für seine Genossen war. Noch bei seinem Tode schwebte ihm die Linderung der Noth seiner Arbeiter vor Augen und er bedachte sie alle, über 850 an der Zahl, durch das Legat eines vollen Monatsverdienstes. Die Verdienste L.’s um seinen Industriezweig haben im Nachbarlande Sachsen, mit dessen Verdienstorden er ausgezeichnet war, Anerkennung gefunden. L. war Mitglied der Reichenberger Handelskammer und vieler Bildungs- und Wohlthätigkeitsvereine. L. erhielt auf den Ausstellungen in Wien 1835, 1839 und 1845 goldene Medaillen; die Preismedaille in London 1851, die große Denkmünze in München 1854 und die Medaille 1. Classe in Paris 1855, und im Berichte der Jury heißt es: „Le Jury lié par les règlements, regrette de ne pouvoir reconnaître, par une récompense exceptionelle, les qualités spéciales qui distinguent les produits de cette maison“.

Kreuzberg (K. J. Dr.),Friedrich Leitenberger, sein Leben und Wirken. Nekrologische Skizze, verfaßt im Auftrage des Vereins zur Ermunterung des Gewerbsgeistes in Böhmen und vorgetragen in dessen Jahresversammlung am 17. April 1855 (Prag 1855, Rohliczek, gr. 8°.) [ist auch in den Verhandlungen der Jahresversammlung abgedruckt]. – Tagesbote aus Böhmen (Prager polit. Blatt) 1855, Beilage zu Nr. 108. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 1214. – Presse (Wiener polit. Journal) 1855. – Bericht über die allgemeine Agrikultur und Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1855. Nach den Arbeiten und Materialien der österreichischen Berichterstatter und Jury-Mitglieder u. s. w., von Dr. Eberhard A. Jonák (Wien 1851–1858, Staatsdruckerei, [336] 8°.) Bd. I, 10. Classe, S. 120. – Keeß (Stephan Ritter von) und Blumenbach (W. C. W.), Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen und des gegenwärtigen Zustandes derselben. Mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (Wien 1829, Karl Gerold, 8°.) Bd. I, S. 121, 164, 350 u. 352.