BLKÖ:Lehrbach, Ludwig Conrad Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 318. (Quelle)
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Lehrbach, Ludwig Conrad Graf (Staatsmann, geb. um das Jahr 1750, gest. im Jahre 1805). Entstammt einem alten hessischen Adelsgeschlechte. Graf L. betrat in einem sehr günstigen Zeitpuncte die diplomatische Laufbahn und begleitete im Jahre 1789 den Grafen Metternich in die Niederlande. Im Jahre 1792 zum österreichischen Gesandten am Münchner Hofe ernannt, entwickelte er daselbst große Thätigkeit, um die kleineren deutschen Höfe zu bewegen, sich zu einem Kriege gegen das republikanische Frankreich zu rüsten. Einzelne Kreise des deutschen Reiches waren sehr schwer zu gewinnen, und der schwäbische, voll Reichsritter, kleiner Aebte, Reichsstädte, Fürsten und Grafen, war am schwersten zu bewegen, sein Contingent zu rüsten. Nach dem Frieden von Basel, 1795, versah er folgeweise in kurzer Frist die Gesandschaftsposten zu Berlin, Regensburg und Basel. Am letzteren Orte befand sich Graf L. zugleich mit dem Engländer Wickham[WS 1], gegen den Napoleon später mit solcher Entrüstung auftrat, und der Graf L. ward beschuldigt, zugleich mit Wickham in die Unterhandlungen Frankreichs mit Spanien durch Kabalen störend eingewirkt [319] zu haben. Von Basel kam Graf L. nach Wien, wo er eine große Thätigkeit in den öffentlichen Geschäften entwickelte. Ein heftiger und unbeugsamer Gegner Frankreichs, eigentlich Napoleon’s – woraus ihm sonderbar genug manche deutsche Geschichtschreiber einen Vorwurf machen – schickte ihn der Kaiser im Jahre 1796 nach Tirol, um dort den Widerstand gegen die französische Armee zu bewerkstelligen. Im J. 1798 wurde er auf den Rastätter Congreß geschickt und Graf L. wird der werkthätigen Theilnahme an dem unglückseligen Rastätter Gesandtenmorde[WS 2], der am 28. April 1799 stattgehabt, beschuldigt. Von den drei beim Rastätter Congresse bevollmächtigten Ministern der fränkischen Republik wurden, wie Massena an Parrachel, französischen Minister in Helvetien berichtet, Bonnier und Roberjot in Stücken gehauen, Debry tödtlich mißhandelt. Die Absicht dieser Unthat war die Auflösung des Rastätter Congresses und die Zuversicht, mehrere in den Händen der französischen Gesandten befindliche Papiere, durch welche Thugut compromittirt sein sollte, zurück zu erlangen. Daß diese Verletzung des Völkerrechtes damals allgemeine Entrüstung hervorgerufen, laßt sich nicht läugnen, aber Schlosser in seiner Geschichte des 18. Jahrhunderts (3. Auflage, Bd. VI, S. 182) bemerkt selbst, „daß Thugut und seine rechte Hand Graf Lehrbach den Plan zu dieser Gräuelthat faßten, um gewisse, ihnen verderbliche Papiere wegnehmen zu lassen, nicht um die Gesandten zu tödten“. Aber Hormayr, nachdem er schon einmal antiösterreichisch geworden, hat auch an Lehrbach kein gutes Haar mehr gelassen, und doch konnte sich Lehrbach mit Hormayr im Franzosenhasse messen und Franzosenhaß sollte in Deutschland als Tugend gelten. Später kehrte Lehrbach nach Wien zurück, und war, so lange Thugut an der Spitze der äußeren Angelegenheiten stand, dessen rechte Hand. Als aber nach der Schlacht bei Hohenlinden (3. December 1800) auf des Fürsten Karl Schwarzenberg Andringen Thugut genöthigt ward, das Feld zu räumen und Graf Cobenzl die Geschäfte des äußeren Amtes übernahm, hatte auch Lehrbach’s Wirksamkeit ein Ende. Nach dem Lüneviller Frieden, den bereits Cobenzl (9. Februar 1801) schloß, sollte Graf Lehrbach auf Napoleon’s Verlangen Oesterreich verlassen. In Folge dessen hätte er sich in die Schweiz begeben und wäre dort einige Jahre darnach gestorben.

Schlosser (F. C.), Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturze des französischen Kaiserreichs (Heidelberg 1840, J. C. B. Mohr, 8°.) Dritte Aufl. Bd. V, S. 329 u. 713; Bd. VII, S. 180, 302 u. 304. – Posselt’s Annalen, 2. Quartal, Nr. IV, S. 84: „Beurkundete Mordgeschichte der fränkischen Gesandten unweit Rastatt, mit zwei Urkunden (1799)“. – Lebensbilder aus dem Befreiungskriege (von Freiherrn von Hormayr) (Jena 1844, Friedrich Frommann, gr. 8°.) I. Abtheilung, S. 154–158; III. Abtheilung, S. 130 bis 137. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Hoffmann u. Campe, kl. 8°.) Bd. IX, S. 107 bis 111 u. 115. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1863, S. Hirzel, gr. 8°.) Theil I, S. 39. – Dictionnaire biographique et historique des hommes marquans de la fin du dix-huitième siècle ... (Londres 1800, 8°.) Tome II, p. 397. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Fantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1785, kl. 8°.) I. (und einziger) Theil, S. 132 – Porträte. 1) F. Hof del., C. Guerin sc. (gr. Fol.), seltenes Blatt; – 2) J. Schöpf p., Fratres Klauber sc. (gr. Fol.) [Kniestück, [320] der Graf hält die Karte von Tirol in der Hand].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. William Wickham (1761–1840) (Wikipedia, englisch).
  2. Rastatter Gesandtenmord (Wikipedia).