Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Łętowski, Ludwig
Band: 15 (1866), ab Seite: 15. (Quelle)
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Leßmann, Daniel (Schriftsteller, geb. zu. Soldin in der preußischen Neumark 18. Jänner 1794, gest. in den ersten Tagen des September 1831). Von israelitischen Eltern, studirte die Medicin, trat 1813 als Freiwilliger in das preußische Heer, wurde bei Lützen verwundet und nach seiner Herstellung 1815 bei den Feldlazarethen angestellt. Nach dem Frieden setzte er seine Studien fort, und begab sich im Jahre 1819 nach Wien. Daselbst trat er bei dem Grafen O’Donnel als Hauslehrer ein. Mit der Familie des Grafen ging er später nach Ungarn und Italien. Im Jahre 1824 kehrte er nach Berlin zurück und lebte daselbst ausschließlich mit Schriftstellerei beschäftigt. Am ersten September 1831 unternahm er im Interesse seiner literarischen Arbeiten eine Fußreise nach Leipzig. Nach einigen Tagen ward er in einem Walde zwischen Koppenstädt und Wittenberg erhängt gefunden. Alle Nachforschungen haben nur einen freilich psychologisch räthselhaften Selbstmord wahrscheinlich gemacht. In seiner Isolirung als Bekenner des israelitischen Glaubens, in seiner Religionslosigkeit und endlich in einer an Wahnwitz grenzenden Selbstüberschätzung – er kannte nur zwei deutsche Dichter, Goethe und sich – will man die Ursachen seines Selbstmordes finden. Während seines mehrjährigen Aufenthaltes in Wien fand er in höheren Kreisen wohlwollende Aufnahme, auch betrat er in Wien mit einer Uebersetzung Pope’s und einigen größeren Aufsätzen in dem von Gräffer 1819 begründeten „Wiener Conversationsblatte“ zum ersten Male die literarische Laufbahn, die er seither nicht wieder verließ. Seine durch den Druck veröffentlichten Schriften sind: „Alexander Pope’s Versuch über den Menschen, metrisch übersetzt“ (Wien 1818); – „Amathusia“ (Berlin 1824, 8°.), Gedichte; – „Luise von Halling in Briefen aus Südspanien“, 2 Theile (ebd. 1827); – „Cisalpinische Blätter“, 2 Theile (ebd. 1828); – „Novellen“, 4 Theile (ebd. 1828–1830); – „Leben, Bildung und Sitte im nördlichen Italien“, 2 Theile (ebd. 1828); – „Mastino della Scala, ein Beitrag zur Geschichte der norditalienischen Staaten im Mittelalter“ (ebd. 1828); – „Biographische Gemälde“, 2 Theile (ebd. 1829 und 1830), der erste Theil enthält König Philipp der Schöne und Alphons Albuquerque; der zweite Papst Innocenz III. und Fürst Michael Glinski; – „Beurtheilung der Spenden aus dem Archive des Sonntagsvereines u. s. w. in einem Briefe an Lucian Bonaparte“ (ebd. 1830); – „Gedichte“ (ebd. 1830); – „Das Spottgedicht. Ein Nachstück“ u. s. w. (ebd. 1830); – „Meister Marcola und die Nothlüge. Zwei Novellen“ (ebd. 1830), in Gemeinschaft mit W. Fischer; – „Die Schlittenfahrt. Erzählung“ (ebd. 1831); – „Das Wanderbuch eines Schwermüthigen“, 2 Theile (ebd. 1831 und 1832); der erste Theil enthält „Südfrankreich“, der zweite, aus Leßmann’s hinterlassenen Papieren fortgesetzt von August Ellrich: „Spanien und England“. Auch übersetzte er aus dem Italienischen den berühmten Roman Manzoni’s: „Die Verlobten“, 3 Theile, und Rosini’s Fortsetzung davon „Die Nonne von Monza“, 2 Theile (ebd. 1829). Nach seinem Tode aus seinem Nachlasse herausgegeben erschien: „Die Heidenmühle. [16] Ein Roman“, 2 Theile (ebd. 1833) und nach einigen Jahren sein übriger „Nachlaß“ in 3 Theilen (Berlin 1837 u. 1838), der folgende Arbeiten enthält: I. Theil: „Georg von Podiębrad“, – „Die Schmalkalder I.“, – „Unparteische Literaturzeitung, ein Gelegenheitsscherz“. – „Der Taugenichts“, – „Gesammelte Blättchen 1837“; – II. Theil: „Hironima Savonarola“, – „Die Schmalkalder, II.“, – „Die Quartierfreiheit, I.“, – III. Theil: „Die Quartierfreiheit, II., – „Giroloma Fracostoro“, – „Giordano Bruno“, – „Das neue Jahr“. In der letzten Zeit arbeitete L. an einer Geschichte Verona’s, für die er während seines längeren Aufenthaltes in dieser Stadt reiche Materialien gesammelt. Die Meinungen über seinen Tod sind getheilt; während die Einen, darunter Laube, dafür halten, daß er ermordet und beraubt worden, benützen Andere, wie Lüdemann, sein freiwilliges Ende zur Warnung an aufkeimende Talente.

(Gräffer, Franz) Jüdischer Plutarch, oder biographisches Lexikon der markantesten Männer und Frauen jüdischer Abkunft u. s. w. (Wien 1848, Klopf, 8°.), zweites Alphabet, S. 158. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) IV. Suppl. Bd. S. 432. – Feierstunden, herausg. von J. S. Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrg. 1832, S. 525. – Der Freimüthige (Berliner Unterhaltungsblatt, 4°.) 1830, Nr. 10. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, 4°.) 1831, Nr. 300. – Unser Planet (belletrist. Journal, 4°.) 1832, Nr. 22. – Gelehrtes Berlin im Jahre 1825 (von J. E. Hitzig) (Berlin 1826, 8°.) S. 150. – Jüdisches Athenäum. Gallerie berühmter Männer jüdischer Abstammung und jüdischen Glaubens (Grimma und Leipzig 1851, Verlags-Comptoir, 8°.) S. 123. – Leßmann’s literarischer Charakteristik. Laube in seinen „modernen Charakteristiken“ schreibt über ihn: „Leßmann war einer der objectivsten Schriftsteller. Laune war das Object aller seiner Arbeiten. In ihnen findet sich eine liebenswürdige Redseligkeit; eine heitere, natürliche, ganz individuelle Anschauungsweise, eine muntere, nach allen Seiten mit kleinen spaßhaften Verbeugungen sich herumbewegende Beobachtung. so daß man zum behaglichen Fortlesen gezwungen wird. Er spinnt seine Geschichten, wie des Abends die Mädchen ihr Garn spinnen, wenn sie am Kamin sitzen. Es ist heimlich, behaglich, man kichert, mitunter wird ein Gespenstergeschichtchen erzählt[WS 1], wo man „Br“ sagt, ein kleiner Junge legt die nöthigen Kienstückchen an’s Feuer, die Räder schnurren, man spinnt den Faden, ohne selbst zu wissen, ob ein Brauthemd oder ein Leichentuch daraus gewebt werden soll. So geht’s auch in L.’s Erzählungen her. Der Styl schnurrt langfädig in’s Leben hinein. Es ist kein schöner Styl, aber bequem und glatt und ohne Knoten, wie ein gut gesponnener Faden, der nur etwas zu lang wird.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erzält.