Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 69. (Quelle)
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Landau, Moses I. (Rabbiner, gest. zu Prag 4. Mai 1852). Der Enkel des gelehrten Oberrabbiners Ezechiel L. [s. d. Vorigen]. Als Buchhändler und Verleger in Prag lebend, beschäftigte er sich neben den eigentlich rabbinischen Studien auch mit philologischen Forschungen, namentlich über die Sprache seines Volkes und galt unter den orientalischen Sprachforschern als eine Autorität. Nicht wie sein Vater strenge am Althergebrachten haltend, war er vielmehr von dem humanen Geiste zeitgemäßer Reformen in seinem Volke erfüllt, gewann durch sein bedächtiges Vorgehen und die Ehrenhaftigkeit seines Charakters nicht nur das Vertrauen seiner Gemeinde, sondern auch jenes der höchsten Behörden und Aller, die ihn kannten, wenn sie auch nicht seines Glaubens waren. Dieses Vertrauen berief ihn auch im Schooße seiner Gemeinde zu den wichtigsten Aemtern, denn er war Stadtrath, israelitischer Cultusgemeindevorsteher, Director der israelitischen Kleinkinderbewahranstalt, des israelitischen Institutes für Krankenpflege und anderer [70] humanistischer Institute. Seine schriftstellerischen Arbeiten sind: „Rabbinisch-aramäisch-deutsches Wörterbuch zur Kenntniss des Talmuds, der Targumim und Midraschim, mit Anmerkungen für Philologie, Geschichte, Archäologie, Geographie, Natur und Kunst“, 5 Theile (Prag 1820–1825, gr. 8°.), eine mit zahlreichen Zusätzen versehene Edition des von Rab. Nathan aus Rom im Jahre 1101 verfaßten Lexikons des talmudisch-aramäischen Idioms; – „Geist und Sprache der Hebräer nach dem ersten Tempelbau“ (Prag 1823, gr. 8°.), enthält neben Vorlesungen über Sprachen und Sprachgeschichte der Altrabbinen, nebst Anweisung ihre Sprache ohne Punctation lesen zu können, eine Chrestomatie, bestehend aus einer Sammlung Erzählungen aus Talmud, Midrasch und Sohar; – „Amaranten“, 1. Bändchen (Prag 1825,16°.), poetische Versuche, Epigramme, Räthsel und dergleichen Kleinigkeiten enthaltend; – „אטהרא טרבה‎ Leitfaden bei dem Elementarunterricht in der mosaischen Glaubens- und Pflichtenlehre“ (Leipzig 1828, gr. 8°.); außerdem mehrere Uebersetzungen der Gebete und Festtagsliturgie, welche mehrere Auflagen erlebten. L. besaß außer seiner Buchdruckerei eine reiche Büchersammlung, welche er testamentarisch in zwei Theile theilte: alle in hebräischer oder in einer anderen orientalischen Sprache geschriebenen Werke vermachte er einer israelitischen Waisen-Erziehungsanstalt; die übrigen Bücher bestimmte er für das israelitisch-theologische Seminar als Geschenk, wenn einmal ein solches oder eine israelitisch-theologische Facultät in’s Leben treten sollte. Als einen „bezeichnenden Zug“ seines in vieler Beziehung höchst eigenthümlichen Charakters führt sein Nekrologist an, daß man nach seinem Tode sechsundzwanzig Belobungsschreiben der verschiedensten Behörden gefunden, die er nie eröffnet hatte. Indem diese amtlichen Auszeichnungen ohne Zweifel den wackeren Mann ehren, so mag doch nicht Jedem das Nichteröffnen derselben als etwas so Besonderes erscheinen. Entweder kannte L. ihren Inhalt, oder er kannte ihn nicht. Im ersteren Falle konnte er die Schreiben, deren Inhalt sich ähnlich sieht wie ein Ei dem andern, leicht uneröffnet lassen; im anderen erscheint es gerade nur unklug, sich nicht mit demselben bekannt gemacht zu haben, da es ja doch auch statt einer Belobung ein amtlicher Auftrag sein konnte, dessen Ausführung vielleicht wichtig und geboten war. Also erscheint jener „bezeichnende Zug“ nur als eine Phrase des Nekrologisten, der etwas dort suchte, wo nichts zu finden ist.Samuel L. (geb. zu Prag 1752, gest. ebenda 1834), ein Sohn des berühmten Oberrabbiners Ezechiel L., war längere Zeit einer der Rabbiner in Prag und gab den Nachlaß seines Vaters, den er mit Glossen begleitete, heraus. Der „Neue Nekrolog der Deutschen“ im 12. Jahrgange (1834), S. 1263, Nr. 1249, schreibt diesem Ezechiel nicht nur alle Werke zu, welche oben als Schriften des Moses I. Landau angeführt wurden, sondern fügt denselben noch die folgenden hinzu: „Kadmus, die Schriftzeichen Asiens, Afrika’s und Europa’s“ (Prag 1826); – „Die alten Gebete der Hebräer nebst der Pirke Aboth oder der Ethik der Altrabbinen. Neu übersetzt und durch Anmerkungen erläutert“ (ebd. 1830); – „Ueber Genius und Vortrag des Talmuds bei Gelegenheit der angekündigten Talmudsübersetzung des Professors Chiarini und meiner kritischen Ausgabe des Originalwerkes“ (ebd. 1831); – „Das Judenthum in staatsbürgerlicher Beziehung“ (Breslau 1833). Welche von den [71] genannten Werken Samuel L. verfaßt, ob diese letztangeführten nicht auch Moses I. Landau zum Verfasser haben, kann Herausgeber dieses Lexikons nicht bestimmen. Alle seine Bemühungen, genauere Angaben über diese jüdische Gelehrten-Familie zu erlangen, sind erfolglos geblieben.

Allgemeine Theater-Zeitung, herausg. von Ad. Bäuerle (Wien, 4°.) Jahrg. (1852), Nr. 109. –