BLKÖ:La Tour, Janus Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Latkoczy
Band: 14 (1865), ab Seite: 181. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Janus La Tour in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|La Tour, Janus Graf|14|181|}}

La Tour, Janus Graf (k. k. Major und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Chambery in Piemont im Jahre 1779, gest. 25. November 1811). Entstammt einer alten französischen Adelsfamilie, deren Sproßen es in vielen Fällen vorzogen, in den fremden Armeen gegen Napoleon zu kämpfen, als durch den Kampf unter seinen Fahnen das dem vertriebenen Königshause zugefügte Unrecht zu besiegeln. Achtzehn Jahre alt, trat Graf La Tour als Cadet in die kaiserliche Armee und wurde im Februar 1799 Fähnrich im neu errichteten Infanterie-Regimente Nr. 60. Seiner Kenntnisse wegen wurde er in den Feldzügen 1808 und 1809 im Generalstabe verwendet. Im Feldzuge des Jahres 1809 gab L. bei verschiedenen Gelegenheiten Proben ebenso seltener Herzhaftigkeit als einer in gefährlichen Momenten entscheidenden Umsicht. Am 2. Mai 1809 zog die im Rückzuge begriffene Armee des Erzherzogs Johann über Vicenza und La Tour erhielt Befehl, die bei Albaredo detachirte Brigade Splényi nach dieser Stadt zu führen. Sie hatte sich glücklich mit der Armee vereinigt, indessen aber drängte der Feind immer heftiger auf unsere Arrieregarde. La Tour, als er gewahrte, daß der Feind alle Anstalten zum entscheidenden Kampfe machte, blieb nun aus eigenem Antriebe bei der Arrieregarde, welche bei Olmo Stellung nahm, ohne sie jedoch lange behaupten zu können, da General-Major [182] Marziani der feindlichen Uebermacht nicht Stand zu halten vermochte. Der Feind hatte indessen unbemerkt die Stellung bei Olmo umgangen und die Unsern in Front und Flanke mit solchem Ungestüm angegriffen, daß mit jedem Augenblick das Schlimmste zu besorgen stand. Da erschien Graf La Tour inmitten unserer bereits wankenden Reihen. Seine persönliche Tapferkeit wirkte ermuthigend auf die Kämpfer und auch seine zweckmäßigen Anordnungen erwiesen sich bald als entscheidend; es war ihm gelungen, unsere in das mörderische Gefecht verwickelten Truppen so anzueifern, das sie so lange ihre Stellung behaupteten, bis General-Major Marziani seinen Rückzug vollführt hatte. – In ähnlicher Weise war wenige Tage später, am 8. Mai, unser linker Flügel bei Conegliano von den Franzosen bedroht. Schon hatte Erzherzog Johann das Ottočaner Grenz-Regiment an den gefährdeten Punct zur Verstärkung abrücken lassen. Als zur Führung des Regiments ein Officier des General-Quartiermeisterstabes bestimmt werden sollte, bot sich Graf La Tour wieder aus freien Stücken an und kam beim Regimente an, als dieses schon im lebhaften Kampfe mit den Feinde stand. Der Feind war bedeutend stärker und nur ein entschiedener Angriff konnte die Gefahr von den Unfern abwenden. Er schlug einen solchen dem Oberst vor. Oberstlieutenant Rukawina führte nun das 1. Bataillon in den Kampf. Rukawina fiel schwer verwundet; nun stellte sich La Tour selbst an die Spitze des stürmenden Bataillons und führte den Sturm mit solcher Bravour aus, daß die ersten Reihen des Gegners geworfen wurden, und dieser ein weiteres Vordringen für jetzt aufgeben mußte. La Tour behauptete seine Stellung bis zur Dämmerung, in welcher Zeit die Bewegungen und ferneren Stellungen unseres Hauptcorps bewerkstelligt werden konnten. Der Rückzug unseres Armeecorps von den mit jedem Tage wachsenden und durch die Bewohner des Landes geförderten Feindesmassen dauerte indessen fort. Am 14. Mai stand unsere Arrieregarde bei San Daniele und hatte Befehl, diesen Ort zu halten. Aber der Feind hatte sich schon bis San Tomaso vorgedrängt, wo das Oguliner Grenz-Regiment und das Grenadier-Bataillon Salamon als Unterstützung aufgestellt waren. So tapferen Widerstand die Grenadiere auch leisteten, wurden sie endlich doch zum Weichen gebracht. Der zu dieser Zeit bei den Ogulinern befindliche Graf La Tour sah, daß die Grenadiere zu weichen begannen. Sofort sprengt er unter sie, muntert sie auf Stand zu halten, läßt Sturmstreich schlagen, sammelt eine kleine Zahl der Leute und führt eine Attaque auf die Franzosen aus. Sein Beispiel wirkt auf der ganzen Linie, alles rückt mit neuem Muthe vor, das bereits von den Franzosen besetzte San Tomaso wird diesen entrissen und die Franzosen bis San Daniele zurückgeworfen. Im Capitel des J. 1810 wurde Hauptmann Graf La Tour für seine Waffenthaten mit dem Ritterkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet. Nach dem Wiener Frieden mußten viele Altfranzosen, welche bisher in der kaiserlich österreichischen Armee gegen Napoleon gedient, dieselbe verlassen. Auch Graf La Tour war einer von diesen und erhielt bei seinem Austritte in Anerkennung seiner in der kaiserlichen Armee, der er durch 12 Jahre angehört hatte, geleisteten ausgezeichneten Dienste den Charakter eines Majors. Aber nicht [183] lange überlebte Graf L. seinen Austritt aus den Reihen der kaiserlichen Armee; schon im nächsten Jahre raffte ihn in der Vollkraft des Lebens, im Alter von erst zweiunddreißig Jahren, der Tod dahin.

Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, 4°.) S. 942 und 1746.