Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kuzmic und Kuznics
Band: 13 (1865), ab Seite: 439. (Quelle)
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Kvaternik, Eugen[BN 1] (croatischer Parteigänger, geb. zu Agram im Jahre 1825). Sohn des vormaligen Professors an der k. National-Primarschule Joseph Romuald K. (gest. 1851). Die unteren Gymnasialclassen besuchte K. in seiner Vaterstadt Agram, dann schickte ihn der Vater nach Fiume, damit er dort die italienische Sprache erlerne. Im Jahre 1840 nach Agram zurückgekehrt, beendete er dort die philosophischen Studien und trat 1842, um Theologie zu studiren, in Zeng in das geistliche Seminar. Von Zeng schickte ihn Bischof Ozegović nach Pesth, damit er dort die theologischen Studien beendige und zugleich daraus das Doctorat erwerbe. Aber K. fühlte sich nichts weniger als zum geistlichen Stande berufen, gab sofort das Studium der Theologie auf und begann jenes der Rechte. Um sich mit den ungarischen Verhältnissen und Absichten der Magyaren gegen die Croaten genauer bekannt zu machen, begab er sich in die ungarische Slovakei und nahm im Hause eines ungarischen Magnaten eine Erzieherstelle an. So verweilte er einige Jahre in der Komorner, dann in der Pesther Gespanschaft, und im Jahre 1847 kehrte er in seine Heimat zurück. Nachdem er die Notarsprüfung abgelegt, diente er einige Zeit bei einem Stuhlrichter im Warasdiner Comitate. Auf diesem Posten fand ihn das Jahr 1848. Im März desselben wählten ihn Warasdiner in jene croatische Deputation, welche ihre Beschwerden und Wünsche vor den kaiserlichen Thron in Wien brachte; um jene Zeit war Agram der politische Mittelpunct Croatiens. K. gab nun seine Stelle in Warasdin auf, begab sich nach Agram und trat dort bei der Nationalgarde ein. Im Juni aber begab er sich im Auftrage des Banus Jellačić mit noch zweiundzwanzig anderen jungen Croaten in die Poseger Gespanschaft, um dort das Volk zu den Waffen aufzurufen und für den Dienst einzuüben. In Monatsfrist waren in dieser einen Gespanschaft an 6000 Mann unter den Waffen. Im September kehrte nun K. nach Agram zurück und diente bei dem damals bestehenden Banalrathe bis zu dessen Auflösung. Nun legte er die vorgeschriebene Advocatenprüfung ab und wurde Advocat. Zu gleicher Zeit aber nahm er Dienste bei einem Steueramte, den er jedoch bald vernachlässigte und sich ausschließlich der Advocatur zuwendete. Er machte sich nun zu Brod an der Kulpa, einer kleinen Ortschaft im Fiumaner Kreise, seßhaft, wo er sich auch verheirathete. Da erschien die neue Organisation, mit welcher die Einführung des österreichischen Rechtes in Croatien und die Ueberprüfung der dortigen Advocaten angeordnet war. Bei dieser wurde K. zu wiederholten Malen geworfen; man wollte die Ursache dieses Vorganges in der nationalen und politischen Animosität der fremden Prüfungscommission suchen, hätte sie aber richtiger [440] im Mangel der nöthigen Gesetzkenntniß bei dem Geprüften gefunden. So wie die Dinge damals sich stellten, hatte K., in der Heimat erwerblos gemacht, sich nunmehr entschlossen, dieselbe mit seiner Gattin zu verlassen. Er wanderte aus und wendete sich zuerst nach Rußland, wo er im Staatsdienste unterzukommen hoffte. Aber auch diese Hoffnung schlug fehl; er suchte nun eine Privatbedienstung zu erlangen. Indem er sich um eine Stelle bei der Odessaer Dampfschifffahrts-Gesellschaft bewarb, wurde er, wie es damals hieß, in Pesth als Gesellschafts-Agent placirt. Aber auch auf diesem Posten blieb er nicht lange; er gab ihn auf und ging nach Paris. Dort eröffnete er sein publicistisches Debut mit einem politischen Pamphlet in französischer Sprache. „Die schwer zu charakterisirende Verworrenheit der Ideen und der geschichtlichen Thatsachen“, schreibt ein Kritiker über dieses Machwerk, „der maßlos heftige Ton, die rohesten und grundlosesten Angriffe gegen die Regierung machten das Buch in jener durch Gołuchowski’s „polnische Wirtschaft“ rathlosen und verworrenen Zeit zu einer pikanten Erscheinung, welcher durch das unmittelbar darauf gefolgte polizeiliche Verbot nur ein Reiz mehr verliehen wurde“. Das Libell ging in Croatien von Hand zu Hand und wurde förmlich verschlungen. Nach Herausgabe dieser Schrift begab sich K. in die Schweiz, von wo er am 20. October 1860 nach Croatien zurückkehrte. Dort setzte er seine publicistische Thätigkeit fort und gab in croatischer Sprache: „Politicke uvahy na rozcesti Horvatskeho naroda“, d. i. Politische Bemerkungen über die Lostrennung der croatischen Nation (Agram 1860); in deutscher Sprache aber: „Das historisch-diplomatische Verhältniss des Königreichs Croatien zu der ungarischen Stephanskrone“ (ebd.) heraus. Im nächsten Jahre folgten gleichfalls in beiden Sprachen: „Politička razmatranja na razkrižju hrvatskogo naroda“, d. i. Politische Betrachtung über die Trennung des croatischen Volkes (Agram 1861, Supan, gr. 8°.), und „Was ist Wahrheit? Eine Erwiderung auf das Szalay’sche Pamphlet, betitelt: Zur croatischen Frage“ (Agram 1861, Jakiz, 8°.). Mit diesen politischen Pamphleten scheint K. in Croatien seine Eignung zum Landtags-Deputirten genügend dargethan zu haben, denn er wurde auch thatsächlich gewählt, und wie zuvor als Publizist, so gewann er nachgerade als Landtagsredner einen nicht unbedeutenden Anhang. Als er aber im Landtage einen Gesetzesvorschlag über die staatsrechtliche Stellung Croatiens zu Ungarn und zu Oesterreich einbrachte, den selbst seine besten Freunde für eine politische Unmöglichkeit erklärten und er deßhalb auch gar nicht zur Berathung kam, schmolz seine Partei sichtlich zusammen. Nach dem Landtage lebte K. in Agram und schien fast vergessen, als sein Name plötzlich, und zwar in höchst eigenthümlicher Weise wieder an die Oberfläche trat. Es verlautete nämlich, daß K. an den damaligen Minister des Aeußern Grafen Rechberg zwei Schreiben gerichtet, in welchen er namentlich zwei in den höchsten Staatsämtern angestellte Croaten als Verräther an ihrer Nation und an Oesterreich hinstellt und ferner sich erbietet, gegen eine Remuneration von 200.000 fl. dem Minister des Aeußern geheime Anschläge der russischen und französischen Regierung gegen Oesterreich zu entdecken! Graf Rechberg’s Antwort auf diese beiden Briefe bestand darin, daß er dieselben einfach dem croatischen Hofkanzler mittheilte. Auch [441] erschien um dieselbe Zeit, als die oberwähnten Briefe privat an ihre Adresse gingen, ein neues publicistisches Pamphlet, das sich als Fortsetzung der bereits angeführten: „Das historisch-diplomatische Verhältniß des Königreichs Croatien u. s. w.“ darstellte, das aber, ehe es noch ausgegeben war, mit Beschlag belegt und confiscirt wurde. K. aber wurde vor die Schranken des Gerichtes gestellt, welches ihn wegen des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe zu einem Monate Arrest, verschärft durch acht Tage Einzelhaft, verurtheilte. Als ihm dieser Urtheilsspruch vorgelesen worden war, übergab K. dem Vorsitzenden einen von der russischen Gesandtschaft ausgestellten Paß, worin er als Unterthan des Kaisers von Rußland bezeichnet wird. Also hatte K. als russischer Unterthan sich zum Landtags-Abgeordneten wählen lassen, und ist als solcher im Landtage gesessen!! Nachdem dann K. gegen das Urtheil die Berufung eingelegt, überraschte er das zahlreich anwesende Auditorium noch weiters durch die Aeußerung: nach allfälliger Verwerfung seines Recurses eher nach Frankreich als nach Rußland gehen zu wollen, weil sich angeblich die Politik der gegenwärtigen russischen Regierung mit der seinigen nicht vertrage!! Aus obiger Lebensskizze dürfte sich die von der Zeitschrift „Ost und West“ für die Abenteuerlichkeiten dieses Parteigängers angewendete Bezeichnung „Kvaternikiade“ als treffend herausstellen. Die weiteren Fahrten dieses edlen Croaten, der sich selbst einen „Sohn des dreieinigen Königreiches!“ nennt, sind nicht bekannt.

Presse (Wiener polit. Journal) 1862, Nr. 114 Abendblatt; Nr. 291 Morgenbl.; Nr. 293 Abendblatt. – Fremden-Blatt (Wiener Journal) 1862, Nr. 250 u. 256. – Wiener Zeitung 1862, in der Beilage Tagesbericht Nr. 213. – Ost und West (politische Zeitschrift, 8°.) II. Jahrg. (1862), Nr. 4: „Die Kvaternikiade, „a simple story“. – Tagespost (Gratzer polit. Journal) 1862, Beilage Nr. 97: „Pan Kvaternik“. – Čas, d. i. die Zeit (Prager polit. Journal, 1866, Nr. 50, 56, 57, 63: „Politicke spisy Pana Eug. Kvaternika“. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, S. 207. – Ueber seinen Vater Joseph Romuald K. vergleiche: Paul Jos. Šafařík’s Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Jos. Jireček (Prag 1865, Friedr. Tempsky, 8°.) II. Illyrisches und croatisches Schriftthum, S. 301, 323, 341.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Quaternik, siehe: Kvaternik, Eugen [Bd. XIII, S. 439].
    Nachtrag zu den Quellen. Presse 1862, Nr. 146: „Die Kvaternikiade“. – Fremden-Blatt. Herausg. von Gustav Heine 1862, Nr. 115, im ersten Leitartikel, und 1871, Nr. 296. [Quaternik [Bd. 24, S. 140.]