BLKÖ:Kropaczek, der Bauer

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kropf, Martin
Band: 13 (1865), ab Seite: 264. (Quelle)
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2. Der „Bauer Kropaczek“ ist ein politischer Strohmann, der meteorhaft im September und October 1861 am Horizonte unseres parlamentarischen Himmels erschien, um ebenso rasch wieder zu verschwinden. Der Sachverhalt ist folgender: In der 55. Sitzung des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (17. September 1861) fand die Specialdebatte über das Gemeindegesetz Statt. Es handelte sich zunächst um die Frage bezüglich der Ausscheidung oder Nichtausscheidung des Großgrundbesitzes. Abgeordneter Brinz, als er in dieser Sache das Wort hatte, ließ am Schlusse seiner Rede den Passus fallen: „Würde anstatt des verehrten Herrn Dr. Brauner der čechische Bauer Kropaczek an jener Stelle sitzen, der würde sicher mit uns (für das Verbleiben des Großgrundbesitzes in der Gemeinde) hier stimmen“ u. s. w. u. s. w. Die Anführung des Namens Kropaczek hatte nun in der nächstfolgenden Sitzung vom 18. September einen Protest von Seite des Abgeordneten Dr. Brauner zur Folge, aus welchem die Versammlung erfuhr, „daß Bauer Kropaczek Gemeindevorsteher aus jenem Bezirke sei, aus welchem Dr. Brauner im Jahre 1848 in den constituirenden Reichstag und in diesem Jahre abermals in den böhmischen Landtag gewählt worden sei. Ferner, daß Kropaczek Vertrauensmann bei jener Commission gewesen sei, welche über die 1859ger Gemeindegesetz-Vorlage in Böhmen zu berathen hatte. Ueber die Art seiner Abstimmung in dieser Angelegenheit habe bereits Graf Clam-Martinitz in der vorigen Sitzung berichtigend geantwortet. Aus dieser Antwort habe sich gezeigt, wie schlecht die Anführung des Kropaczek dem Dr. Brauner gegenüber war, wie unbegründet der Pilatus Kropaczek in das Credo des Herrn Professors Brinz einbezogen wurde“. Graf Clam-Martinitz hatte aber in der vorigen Sitzung aus einem gedruckten Exemplare der damals berathenen und beschlossenen Bestimmung über die Ausscheidung der Gutsgebiete mitgetheilt, daß Bauer Kropaczek unter Jenen verzeichnet stehe, welche für die facultative Ausscheidung des Großgrundbesitzes und dessen Constituirung als Gutsgebiet gestimmt haben. Später nun stellte es sich heraus, daß Bauer Kropaczek wohl für die Ausscheidung des Großgrundbesitzes aus dem Gemeindeverbande, aber nur aus dem Grunde gestimmt habe, weil in der Regierungsvorlage die Ausscheidung als Princip aufgestellt war. Er selbst war Gegner dieser Ansicht. Dieß ist der einfache Sachverhalt, der genügte, um den Bauer Kropaczek zur Hauptperson einer affaire célèbre zu machen. Die Journale beschäftigten sich mehrere Tage hindurch – vornehmlich, um der Partei des Journals „Das Vaterland“ offene und verdeckte Hiebe zu geben – mit dem Bauer Kropaczek, dessen Name einige Zeit hindurch ein Schlagwort war, wie etwa in diesem Jahre in Paris das „He Lambert“. Allmälig verlor die Sache ihr Interesse, welches noch dadurch gesteigert worden war, daß Kropaczek selbst in der čechischen Zeitschrift „Národní listy“ gegen [265] Professor Brinz in specie et in genere auftrat. Als aber auch dieser Schuß verpufft und Wichtigeres in den Vordergrund getreten war, wurde Bauer Kropaczek vergessen und der Geschichte anheimgestellt. Für Jene, die den Verlauf der Angelegenheit im Detail kennen wollen, wird auf die nachstehenden Quellen hingewiesen. [Stenographische Protokolle des Hauses der Abgeordneten des Reichsrathes (Wien, Staatsdruckerei, 4°) 1861, S. 1259 [Rede des Professors Brinz in welcher er zum ersten Male den Bauer Kropaczek nennt]; – S. 1267 [berichtigende Bemerkung des Grafen Clam-Martinitz]; – S. 1296 [Entgegnung des Dr. Brauner auf des Dr. Brinz Bemerkung, den Bauer Kropaczek betreffend]; – S. 1310 [Stelle in der Rede des Berichterstatters Dr. Rechbauer, wo er auf den Bauer Kropaczek zurückkommt und aus dem Protokolle der erwähnten Vertrauenscommission zur Berathung der Vorlage des Gemeindegesetzes nachweist, daß eben Bauer Kropaczek bei der Commission einen Protest zu Protokoll gegeben haben, zu Folge welchem „er Verwahrung einlege gegen jeden Einfluß, den die ausgeschiedenen Gutsgebiete auf das öffentliche Leben der Gemeinden üben würde, aus deren Verband sich dieselben ohnehin gegen den allgemeinen Willen und nur in Folge eines Machtspruches losreißen wollen“. Aus diesem Proteste stellt sich aber zuletzt die Ansicht des Bauers Kropaczek gerade als das Gegentheil dessen heraus, wozu sie Dr. Brauner, auf des Grafen Clam-Martinitz erste Entgegnung gestützt, machen wollte]; – S. 1313 [wo Graf Clam-Martinitz eine neue Auslegung des Ausspruches des Bauers Kropaczek versucht]. Mit dieser Auslegung schließt im Abgeordnetenhause die Affaire Kropaczek. In den Journalen kam sie nun erst an die Tagesordnung. Hier seien zur allgemeinen Orientirung nur angeführt: Presse 1861, Nr. 272: „Correspondenz aus Prag ddo. 2. October“. – Fremden-Blatt 1861, Nr. 263: „Die Meinungsäußerungen des Herrn Kropaczek in der böhmischen Commission zur Berathung der Gemeindeordnung“. – Morgen-Post (Wiener Journal) 1861, Nr. 260: „Der Bauer Kropaczek“ (im Feuilleton).]