BLKÖ:Kopetz, Wenzel Gustav Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 12 (1864), ab Seite: 432. (Quelle)
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Kopetz, Wenzel Gustav Ritter von (Rechtsgelehrter, geb. zu Kuttenplan in Böhmen nächst Marienbad im Jahre 1784, gest. auf seinem Gute Sukohrad 31. Jänner 1857). Er verrieth frühzeitig ungewöhnliche Anlagen, wurde deßhalb für die gelehrte Laufbahn bestimmt und studirte die ersten Gymnasialclassen im väterlichen Hause als Privatschüler des Egerer Gymnasiums. Schon damals äußerte sich bei ihm das Interesse für geographische und historische Gegenstände, und da er überdieß den politischen Begebenheiten jener Tage mit großer Aufmerksamkeit folgte, mußte der Knabe bald regelmäßig die Zeitung vorlesen und die kriegerischen Ereignisse zugleich auf der Landkarte erläutern, wodurch er den Kreis seiner Kenntnisse in ungeahnter Weise erweiterte. Zur Fortsetzung seiner Studien kam er nach Prag in das Haus und unter die Leitung seines älteren Bruders, des nachmaligen Professors Martin Ad. Kopetz [s. d. Vorigen]. Dort beendete er die oberen Gymnasialclassen und den damals dreijährigen philosophischen Cursus. Nachdem er auch den ersten Jahrgang der juridischen Studien an der Prager Universität zurückgelegt hatte, begab er sich im Jahre 1802 nach Wien, wo er die Facultätsstudien fortsetzte und bei dem damaligen Professor der politischen Wissenschaften, Watteroth, als Hauslehrer eintrat. Professor Watteroth war es, der zuerst das damals auf allen österreichischen Lehrkanzeln der Politik herrschende System des Hofraths von Sonnenfels, welcher die Grundlage der Staatswohlfahrt in der Dichtigkeit der Bevölkerung und daher auch in der Vermehrung der letzteren das nächste Ziel aller Verwaltungsmaßregeln erblicken wollte, mit Entschiedenheit bekämpfte und den Lehren Adam Smith’s in Oesterreich Eingang verschaffte. Durch mehrjährigen innigen Verkehr mit Watteroth empfing Kopetz die für sein künftiges Wirken entscheidende Richtung. Er widmete sich vorzugsweise dem Studium der Staatswissenschaften und faßte bald den Entschluß. die Pflege dieser Wissenszweige zu seinem Lebensberufe zu machen und die Erlangung einer Professur anzustreben. Seine Wünsche gingen bald in Erfüllung. Nachdem er schon vom Jahre 1805 an, noch vor seiner im Jahre 1806 erfolgten Promovirung zum Doctor der Rechte, den Professor Watterroth in Verhinderungsfällen auf der Lehrkanzel vertreten und sich dabei als seinem Fache gewachsen bewährt hatte, wurde ihm im Jahre 1807 die Supplirung der Lehrkanzel der politischen Wissenschaften an der Prager Universität übertragen und im Jahre 1808 diese Lehrkanzel definitiv verliehen. Schon 1807 hatte er den ersten Band seiner „Oesterreichischen politischen Gesetzkunde“ erscheinen lassen, ein Werk, welches als das erste Beispiel einer wissenschaftlichen Bearbeitung dieses Zweiges der österreichischen Gesetzgebung in den Gelehrten- und Beamtenkreisen Aufsehen erregte und zugleich einem tiefempfundenen praktischen Bedürfnisse entgegen kam. Bei Einführung eines neuen juridischen Studienplans im Jahre 1810 wurde dieses Werk zur Benützung bei den nunmehr allgemein angeordneten Vorträgen über die politische Gesetzkunde vorgeschrieben [433] und diese Vorschrift in der Folge auch auf den im Jahre 1819 erschienenen zweiten Theil des Werkes ausgedehnt. Bald bot sich dem tüchtigen Rechtsgelehrten ein Anlaß zu weiterer literarischer Thätigkeit auf legislativem Gebiete. Die im Jahre 1816 zur Regelung des Handels- und Gewerbswesens niedergesetzte Commerz-Hofcommission hatte nämlich, um sich eine genaue Kenntniß der Handels- und Gewerbseinrichtungen in allen Provinzen und damit die Grundlage zu einer künftigen Revision der Gesetzgebung in diesem Zweige zu verschaffen, die Verfassung abgesonderter Zusammenstellungen der Vorschriften für jede Provinz verfügt und war auf diese Weise in den Besitz einer bedeutenden, jedoch ungeordneten Masse von Materialien gelangt. Es handelte sich nun darum, diese Masse zu einem systematischen Ganzen zu verarbeiten. Kopetz, bereits mit der Verfassung des Specialoperats für Böhmen beauftragt, wurde nun im Jahre 1822 aufgefordert, diese wichtige und umfangreiche Arbeit zu übernehmen, ihm aber hiebei der Entwurf des Systems und die Aufstellung der allgemeinen Gesichtspuncte gänzlich überlassen; nur in Ansehung der Form der Behandlung ihm jene Methode ausdrücklich empfohlen, welche er schon bei der Herausgabe der „politischen Gesetzkunde“ gewählt hatte. Auf diese Weise kam im Jahre 1829 seine „Allgemeine österreichische Gewerbsgesetzkunde“ zu Stande, welche die gesetzliche Organisirung der verschiedenen Gewerbe, die von der österreichischen Regierung angewendeten polizeilichen und staatswirthschaftlichen Mittel zur Beförderung der Manufacturs- und Handelsindustrie, endlich den Wirkungskreis[WS 1] und das Verfahren der mit den Gewerbsangelegenheiten betrauten Behörden behandelt. Eine weitere Fortsetzung sollte die besonderen Vorschriften über die einzelnen Gewerbe nach ihrer Vereinzelung und Absonderung darstellen. Schon war ein Theil davon ganz vollendet; aber die Herausgabe desselben, sowie die gänzliche Vollendung unterblieb, weil eben damals das Erscheinen eines neuen Gewerbs-Concessionsgesetzes in nächste Aussicht gestellt wurde, das jedoch nicht erfolgte. Beide Werke, wenngleich sie, insbesondere die „politische Gesetzkunde“, durch die veränderten Verhältnisse der Neuzeit jetzt nur mehr historischen Werth besitzen, sind wohl das Beste, was überhaupt auf diesem Gebiete im Kaiserstaate geleistet worden. Ihre bibliographischen Titel sind: „Oesterreichische politische Gesetzkunde oder systematische Darstellung der politischen Verwaltung in den deutschen, böhmischen und galizischen Provinzen des österreichischen Kaiserthums“, 2 Thle. (Wien 1807–1819, Kupfer und Wimmer, 8°.); – „Allgemeine österreichische Gewerbgesetzkunde, oder systematische Darstellung der gesetzlichen Verfassung der Manufactur- und Handelsgewerbe in den deutschen, böhmischen, galizischen, italienischen und ungarischen Provinzen des österreichischen Kaiserstaates“, 2 Bde. (Wien 1829 und 1830, Fr. Volcke, 8°.); ein Dr. Ignaz Nadherny hat dazu ein „Alphabetisch geordnetes Repertorium“ (Prag 1836, Haase’s Söhne, 8°.) herausgegeben. Die mühevollen und zeitraubenden Arbeiten über die positive Gesetzkunde gestatteten K. nicht, auf dem Felde der allgemeinen Staatswissenschaften, welchen er seine Lehrthätigkeit fast ausschließlich gewidmet hat, auch literarisch productiv zu sein. Er hat wohl einen kurzen systematischen Abriß seiner Vorträge über die Nationalökonomie, Finanz- und Polizeiwissenschaft, Hauptsächlich als Hilfsmittel für seine Supplenten, niedergeschrieben; diese Skizzen [434] aber, welche über viele Puncte nur Andeutungen und Schlagworte enthalten, nicht weiter ausgeführt, und außer einem Aufsatze: „Ueber die praktische Anwendbarkeit der nationalökonomischen Lehrsätze auf den bestehenden Zustand der europäischen Staaten“, welcher im Jahre 1819 in der Zeitschrift „Hesperus“ erschien und einen von der Redaction ausgesetzten Preis erhielt, keine Arbeit auf dem Gebiete der staatswissenschaftlichen Theorie der Oeffentlichkeit übergeben. Kopetz hat nie ein Amt in der Staatsverwaltung bekleidet. Wiederholte, höchst ehrenvolle Anträge hat er stets abgelehnt, indem er die stille und doch tief eingreifende Wirksamkeit des Lehrers und die Pflege der Wissenschaft den Aussichten auf eine glänzende amtliche Laufbahn vorzog. Sein Rath und seine Thätigkeit wurden jedoch von der Regierung oft für praktische öffentliche Zwecke in Anspruch genommen. So schrieb er über Aufforderung des damaligen Oberstburggrafen in Prag, Grafen Wallis, im Jahre 1809 für die öffentlichen Blätter Böhmens eine Reihe von Aufsätzen, welche die Bekämpfung der feindseligen Angriffe der französischen Journalistik und die Anfeuerung der patriotischen Begeisterung des Volkes im Kriege gegen Frankreich zum Zwecke hatten. Wenn es sich um die Gründung nationalökonomisch wichtiger Anstalten in Böhmen handelte, wurde er fast immer zu Rathe gezogen. Er fungirte durch lange Jahre als Secretär der böhmischen patriotisch-ökonomischen Gesellschaft, war ferner als Ausschußmitglied der böhmischen Sparcasse und in mehreren gemeinnützigen Vereinen vielfach thätig. Im Jahre 1845 wurde er als Mitglied der zur Berathung neuer Studien-Einrichtungen damals niedergesetzten Hofcommission berufen. Seinem Wirken als Lehrer, Schriftsteller und Bürger wurde von Sr. Maj. dem Kaiser Franz durch die Erhebung in den österreichischen Adelstand im Jahre 1833, von Sr. Maj. dem Kaiser Ferdinand durch die Verleihung des Leopold-Ordens im Jahre 1836, welcher seine Erhebung in den Ritterstand folgte, sowie durch die Ertheilung des Titels und Ranges eines wirklichen Gubernialrathes der verdiente Ehrenlohn zu Theil. Auch die Vertreter der Stadt, welche der Schauplatz seines langjährigen Wirkens gewesen ist, ehrten ihn durch die Verleihung des Prager Ehrenbürgerrechtes. Mit Allerh. Entschließung vom 17. Februar 1849 wurde er, nach einer mehr als vierzigjährigen Lehrthätigkeit, auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt. Er zog sich nun auf sein Gut Sukohrad zurück, mit dessen Verwaltung er die letzten Jahre seines thatenreichen Lebens ausfüllte. So genoß er noch acht Jahre den Ruhestand, bis ihn im Alter von 73 Jahren der Tod seiner Familie entriß. – Sein Sohn Heinrich (geb. zu Prag im Jahre 1821), beendete im Jahre 1842 das Studium der Rechte, trat dann in den Staatsdienst und diente in Wien und an mehreren Orten in Böhmen. Zur Zeit ist er Kreiscommissär. Im Jahre 1863 wurde er in den Landtag aus dem Stande der Großgrundbesitzer gewählt. Durch den Druck veröffentlichte er den „Versuch einer systematischen Darstellung der in Böhmen bezüglich der Juden bestehenden Gesetze und Verordnungen“ (Prag 1846, Haase Söhne, 8°.).

Scharschmidt (Max Ritter von), Wenzel Gustav Retter von Kopetz. Eine Skizze seines Lebens und Wirkens (Wien 1857, Friedr. Manz, 8°.) [aus dem Magazin für Rechts- und Staatswissenschaften, XV, 5. Heft, abgedruckt]. – Oesterreichische National-Encyklopädie , herausgegeben von Gräffer [435] und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 253 [diese und das „Slovník naučný“ geben das unrichtige Geburtsjahr 1781 an]. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 809. – Adelstands-Diplom vom 15. Mai 1833. – Ritterstands-Diplom vom 15. März 1837. – Incolat in Böhmen vom 14. Juli 1846. – Wappen. In goldenem Schilde erhebt sich aus dem unteren Fußrande ein üppig beraseter Berg von sechs Hügeln, welche zu dreien, zweien und einem übereinander gestellt sind. Auf dem obersten steht eine rothe Burg mit verschlossenem Thore. Auf dem Schilde ruhen zwei zueinandergekehrte gekrönte Turnierhelme. Aus der Krone des rechten wachsen zwei mit den Sachsen gegeneinandergekehrte quergetheilte Adlerflügel, der rechte oben Gold, unten roth, der linke unten Gold, oben grün; aus der Krone des linken erheben sich drei Straußenfedern, und zwar die rechte von rother, die mittlere von goldener, die äußerste von grüner Farbe. Die Helmdecken sind rechts roth, links grün, auf beiden Seiten mit Gold unterlegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Wirkungkreis.